Wann ist ein Bürogebäude bezugsfertig, bei dem die Innenausbauten einschließlich der nicht tragendenden Wände und der Installationsarbeiten erst bei Vermietung nach Mieterwunsch ausgeführt werden? Mit dieser Frage hatte sich jetzt das Finanzgericht Düsseldorf zu befassen:

Hintergrund des Streits vor dem Finanzgericht war eine Wertminiderung wegen Alters: Nach § 146 Abs. 4 BewG beträgt die Wertminderung wegen Alters des Gebäudes für jedes Jahr, das seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Besteuerungszeitpunkt vollendet ist, 0,5%, höchstens jedoch 25%.
Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend (§ 145 Abs. 1 Satz 3 BewG). Damit kommt es für den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit nicht auf den tatsächlichen Bezug sondern ausschließlich auf die Zumutbarkeit der Nutzung an.
Bei der Umschreibung eines unbebauten Grundstücks im Sinne von § 145 BewG wurde § 72 BewG im Wesentlichen unverändert übernommen. Damit gelten auch die Rechtsprechungsgrundsätze und die Verwaltungsanweisungen zur Bezugsfertigkeit fort1.
Wann eine Nutzung zumutbar ist, ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen2. Im Streitfall handelt es sich um einen größeren Bürogebäudekomplex, der seit 1994 nach außen hin als fertig gestellt erscheint und bei dem zu diesem Zeitpunkt alle zentralen Ver- und Entsorgungsleitungen vorhanden sind. Es fehlt ab dem Jahr 1994 nur noch die innere Raumaufteilung, die kurzfristig nach dem jeweiligen Mieterwunsch vorgenommen wird, wobei erst dann die mit der Raumaufteilung zusammenhängenden Arbeiten einschließlich der zugehörigen Elektro-, Sanitär- und Malerarbeiten vorgenommen werden können.
Rechtsprechung zur Bezugsfertigkeit derartiger Bürogebäude existiert, soweit ersichtlich, nicht. Es gibt, im Rahmen der Einheitsbewertung, lediglich Entscheidungen zu Wohngebäuden, die dann als bezugsfertig gelten, wenn die wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt worden sind, also mit Einbau von Türen und Fenstern, vorhandene Anschlüsse für die Strom- und Wasserversorgung sowie Heizung, vorhandene sanitäre Einrichtungen und die Möglichkeit, eine Küche einzurichten3 Ein Einfamilienhaus ohne Heizkörper in Wohnräumen ist dagegen noch nicht bezugsfertig4, die wesentlichen Maler- und Tapezierarbeiten sollen ausgeführt sein5, der Fußbodenbelag sollte im wesentlichen verlegt sein, eine Wohnung ohne Fußbodenbelag ist nicht bezugsfertig6. Eine Mietwohnung, in der nur noch Spüle und Herd aufzustellen und anzuschließen sind und ein Teil des Teppichbodens zu verlegen ist, gilt nach der Verkehrsauffassung als bezugsfertig7.
Die Literatur ist im Hinblick auf Bürogebäude unterschiedlicher Ansicht. Sie sieht einerseits Bürogebäude, deren Büroflächen sich aber noch in einem rohbauähnlichen Zustand befinden, als noch nicht bezugsfertig an, da sie nicht unmittelbar einer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden können. Werden Teilflächen entsprechend hergerichtet und vermietet, stelle sich die Frage der Bezugsfertigkeit erneut. Stelle man auf die Bezugsfertigkeit des gesamten Gebäudes ab, könnte ein solches Objekt womöglich über Jahre als unbebautes Grundstück fortbestehen8. Andererseits werden Bürogebäude schon als bezugsfertig angesehen, wenn lediglich die Innenausstattung fehlt, also nur noch Zwischenwände eingezogen, die Beleuchtungskörper installiert und der Fußboden verlegt werden müssen9.
Gemäß dem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts10 ist ein Gebäude insgesamt als bezugsfertig anzusehen, wenn es nur zum Teil fertiggestellt und der Innenausbau nach den Wünschen der künftigen Nutzer zurückgestellt wird11.
Das Finanzgericht Düsseldorf Senat sieht Bürogebäude dann als bezugsfertig an, wenn der Baukörper einschließlich der Treppenhausbereiche – wie im Streitfall – vollständig fertiggestellt sowie mit allen zentralen Ver- und Entsorgungseinrichtungen versehen ist und im Innern lediglich noch entsprechend dem Mieterwunsch in moderner Leichtbauweise Zwischenwände eingezogen und die damit zusammenhängenden (Elektro- Sanitär- Maler- Bodenbelags- und sonstigen) Arbeiten durchgeführt werden müssen.
Damit war die im Streit befindliche Immobilie aufgrund der ersten tatsächlichen Nutzung durch einen Mieter jedenfalls im Jahr 1994 bezugsfertig. Ab jenem Jahr waren nur noch die vorbeschriebenen Restarbeiten durchzuführen gewesen.
Für diesen frühen Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit spricht der Umstand, dass gerade bei Bürogebäuden die Bauherren immer mehr dazu übergehen, unter Ausnutzung der fortgeschrittenen Bautechnik größere Nutzflächen den Wünschen der Mieter entsprechend aufzuteilen und unter Hinweis auf diese Möglichkeit solche Immobilien schon vor Aufteilung am Markt tatsächlich anbieten12.
Aus Sicht des Mieters handelt es sich bei der vorgenannten Innenausstattung um geringfügige Baumaßnahmen, die am gewerblichem Vermietungsmarkt als üblich anerkannt werden und der Benutzbarkeit des Gesamtgebäudes nicht entgegenstehen12. Es ist dann auch nur folgerichtig, die Zumutbarkeit der Nutzung im Sinne von § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG zu bejahen, wenn – wie im Streitfall – nur noch solche Restarbeiten auszuführen sind.
Eine andere Auffassung würde im übrigen auch zu dem wirtschaftlich unsinnigen Ergebnis führen, dass die Bezugsfertigkeit letztlich von der Entwicklung am Vermietungsmarkt abhängt, obgleich ein Gebäude sich auch – und gerade – bei längerem Leerstand technisch abnutzt und der abnehmenden Nutzungsdauer durch den Alterswertabschlag Rechnung getragen werden soll13.
Für eine Bezugsfertigkeit des gesamtes Gebäudes schon in dem Zeitpunkt, ab dem nur noch die vom Mieterwunsch abhängigen vorbenannten Innenausbauarbeiten auszuführen sind, spricht schließlich noch der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit. Es braucht im jeweiligen Einzelfall nicht mehr entschieden zu werden, ob das Bauwerk erst bei Herrichtung der letzten Mieteinheit – hier: im Jahr 2000 – insgesamt bezugsfertig ist oder ob dies schon dann anzunehmen ist, wenn eine „erhebliche Anzahl“ von Mieteinheiten hergerichtet ist, die die übrigen Innenausbauarbeiten in den verbleibenden Teilen des Objektes als „unerhebliche Restarbeiten“ erscheinen lässt.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2010 – 11 K 1712/08 BG
- Rössler-Troll, § 145 BewG Rz. 6[↩]
- Rössler-Troll, § 72 BewG Rz. 9[↩]
- BFH, Urteil vom 29.04.1987 – II R 262/83, BStBl II 1987, 594[↩]
- FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.04.1992 – 8 K 308/89, EFG 1993, 132[↩]
- BFH vom 26. Juni 1970, III R 56/69, BStBl II 1970, 769[↩]
- FG-Baden Württemberg, Urteil vom 30.09.1981, EFG 1982,116; a. A. FG Hamburg, Urteil vom 16.04.1982, EFG 1982,550 und FG München, Urteil vom 22.07.1982, EFG 1983, 184[↩]
- BFH vom 25.07.1980 – III R 46/78, BStBl II 1981, 152[↩]
- Rössler-Troll, § 72 BewG Rz. 12[↩]
- Stöckel, Stbg 2008, 537[↩]
- vom 05.05.2009, BStBl I 2009, 590[↩]
- Abschn. 4 Abs. 3 Satz 5 zu § 178 BewG n.F. -Begriff des unbebauten Grundstücks –[↩]
- vgl. Stöckel a.a.O.[↩][↩]
- näher hierzu vgl. BT-Drs. 13/5952 Seite 41, zitiert bei Mannek in Gürsching/Stenger, § 146 BewG, Rn. 335[↩]