Hat ein Erblasser einem Bedachten eine Leistung schenkweise versprochen, ohne die hierfür erforderliche Form nach § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB einzuhalten, und wird das formnichtige Schenkungsversprechen nach seinem Ableben durch Bewirkung der versprochenen Leistung aus seinem Vermögen vollzogen, ist der Erblasser Zuwendender i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Sicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit1. Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten2.
Welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage3. Grundsätzlich ist Zuwendender derjenige, der Vermögen zugunsten eines anderen hingibt, also die steuerbare Zuwendung aus seinem Vermögen erbringt4.
So ist eine Schenkung des verstorbenen Schenkers anzunehmen, wenn er vor seinem Tod ein Schenkungsversprechen formwirksam erteilt hat und die Schenkung erst nach seinem Tode ausgeführt wird; der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger muss die Zuwendung aufgrund der auf ihn übergegangenen Verpflichtung erfüllen5. Der Vermögensübergang auf den Erben führt nicht zu einer Änderung der Person des Zuwendenden, obwohl zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung, zu dem auch die Schenkungsteuer entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), das Vermögen dem Erben und nicht mehr dem verstorbenen Schenker gehört.
Hat ein Erblasser einem Bedachten eine Leistung schenkweise versprochen, ohne die hierfür erforderliche Form nach § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB inzuhalten, und wird das formnichtige Schenkungsversprechen nach seinem Ableben durch Bewirkung der versprochenen Leistung aus seinem Vermögen vollzogen, ist der Erblasser Zuwendender i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Nach § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB). Dabei steht es der Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens nicht entgegen, wenn die Leistung erst nach dem Tode des Schenkers aus dessen Vermögen bewirkt wird6. Mit der Bewirkung der Leistung wird die Schenkung des verstorbenen Schenkers wirksam7. Der BGH geht insoweit von einer Zuwendung des verstorbenen Schenkers (Erblasser) aus8.
Dementsprechend ist auch der verstorbene Schenker (Erblasser) schenkungsteuerrechtlich Zuwendender i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wenn er vor seinem Ableben ein formnichtiges Schenkungsversprechen gegenüber dem Bedachten abgegeben hat und dieses nach seinem Ableben durch Bewirken der Leistung aus dem von ihm stammenden Vermögen geheilt wird. Die Heilung betrifft das vom Erblasser abgegebene Schenkungsversprechen, das mit dem Bewirken der versprochenen Leistung wirksam wird. Reicht das Vermögen des Erblassers zum Vollzug seines zu Lebzeiten erklärten Schenkungsversprechens aus, ist mit der Bewirkung der Leistung keine Schenkung des Gesamtrechtsnachfolgers verbunden. Unerheblich ist, dass bis zum Vollzug des formnichtigen Schenkungsversprechens keine Verpflichtung des Erblassers bzw. seiner Erben bestanden hat.
Macht ein Bedachter geltend, die Zuwendung stamme von dem Erblasser, der die Leistung mündlich versprochen habe, und nicht von dem Erben, der die Leistung bewirkt hat, trägt der Bedachte die Feststellungslast dafür, dass die zu seinen Gunsten erfolgte Vermögensmehrung auf einem Schenkungsversprechen des Erblassers und einer den Formmangel heilenden Leistungserbringung des Erben gemäß § 518 Abs. 2 BGB beruht.
Kann der entscheidungserhebliche Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zugänglichen und zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden, ist unter Anwendung der Beweislastregeln zu entscheiden, zu wessen Lasten die Unerweislichkeit von maßgeblichen Tatsachen geht. Nach ständiger Rechtsprechung liegt die Feststellungslast (objektive Beweislast) für steuerbegründende Tatsachen beim Steuergläubiger und für steuermindernde Tatsachen beim Steuerpflichtigen9.
Das Finanzamt trägt die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung erforderlich sind. Demgegenüber trägt der Bedachte die Feststellungslast für die Tatsachen, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen, also auch für solche Tatsachen, die belegen sollen, dass Zuwendender nicht die vom Finanzamt angenommene Person ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Juni 2015 – II R 52/13
- BFH, Urteil vom 27.08.2014 – II R 43/12, BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 37, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 18.09.2013 – II R 29/11, BFHE 243, 385, BStBl II 2014, 261, Rz 11[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 37, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 28.10.2009 – II R 32/08, BFH/NV 2010, 893, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 14.07.1982 – II R 16/81, BFHE 136, 501, BStBl II 1983, 19[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 05.03.1986 – IVa ZR 141/84, NJW 1986, 2107; vom 18.05.1988 – IVa ZR 36/87, NJW 1988, 2731[↩]
- vgl. BGH, Urteil in NJW 1986, 2107, unter II.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 10.06.2010 – Xa ZR 110/09, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2011, 211, Rz 21[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.11.2011 – II R 33/10, BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473, Rz 26, m.w.N.[↩]