Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Sicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit1.

Der Erwerb eines zugewendeten Gegenstands, auf den kein Rechtsanspruch besteht, ist unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und die Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages (synallagmatische Verknüpfung) als auch durch Setzung einer Bedingung (konditionale Verknüpfung) oder eines entsprechenden Rechtszwecks (kausale Verknüpfung) in Betracht2.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht es dem Vorliegen einer freigebigen Zuwendung nicht entgegen, wenn zivilrechtlich keine Schenkung i.S. der §§ 516 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegeben ist3.
Der zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung erforderliche (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung (und sei es auch nur in Bezug auf eine Naturalobligation) und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) erbringt, wenn er also in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten, und auch einen rechtlichen Zusammenhang seiner Leistung mit einem Gemeinschaftszweck nicht als gegeben ansieht4. Eine exakte juristische Subsumtion ist dabei nicht erforderlich5.
Diese Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung sind bei der Gewährung eines zinslosen Darlehns an den Lebensgefährten Streitfall erfüllt.
Wie der Bundesfinanzohf in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, liegt in der zinslosen Gewährung eines Darlehens bei Fehlen einer sonstigen Gegenleistung eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG6. Der Empfänger eines zinslosen Darlehens erfährt durch die Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen, eine Vermögensmehrung, die der Schenkungsteuer unterliegt. Die Minderung des Vermögens des Zuwendenden besteht dabei darin, dass er auf einen Ertrag verzichtet, den er bei verkehrsüblichem Verhalten gezogen hätte. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit ist eine Vermögensminderung7. Dabei ist es unerheblich, dass zivilrechtlich in der bloßen vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache in der Regel keine das Vermögen mindernde Zuwendung liegt, wie sie für eine Schenkung gemäß § 516 Abs. 1 BGB erforderlich ist8.
Gegenstand der Zuwendung bei einer zinslosen Darlehensgewährung ist der kapitalisierte Nutzungsvorteil und nicht der Teilbetrag des Kapitals, dessen Zuwendung nicht durch die gemäß § 12 Abs. 3 oder Abs. 1 BewG abgezinste Rückzahlungspflicht ausgeglichen wird9. Der Jahreswert des Nutzungsvorteils beträgt nach § 15 Abs. 1 BewG 5,5 %, wenn kein anderer Wert feststeht10.
Dem Vorliegen einer freigebigen Zuwendung steht es nicht entgegen, dass Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer Partner einer nichtehelichen (eheähnlichen) Lebensgemeinschaft waren und das zinslose Darlehen im Zusammenhang mit der Eingehung der Lebensgemeinschaft gewährt wurde.
Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen11.
Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zeichnet sich somit durch vielfältige persönliche und materielle Beziehungen aus. Zuwendungen zwischen den Lebensgefährten, die der Verwirklichung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft dienen, haben demgemäß zivilrechtlich nach denselben Grundsätzen, wie sie für Zuwendungen zwischen Ehegatten gelten, keinen Schenkungscharakter12.
Schenkungsteuerrechtlich ist dies ebenso wenig maßgebend wie die zivilrechtliche Beurteilung von Zuwendungen zwischen Ehegatten. Sog. unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen sind nicht deswegen von der Schenkungsteuer ausgenommen, weil sie -wegen ihres spezifisch ehebezogenen Charakters- zivilrechtlich keine Schenkungen i.S. der §§ 516 ff. BGB darstellen. Die Schenkungsteuerpflicht unbenannter Zuwendungen beurteilt sich vielmehr -nicht anders als bei sonstigen Zuwendungen- nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die danach u.a. erforderliche objektive Unentgeltlichkeit der Leistung kann nicht allein deswegen verneint werden, weil der unbenannten Zuwendung besondere ehebezogene Motive zugrunde liegen13.
Dies gilt gleichermaßen auch für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Wendet ein Lebensgefährte aus Anlass der Eingehung der eheähnlichen Gemeinschaft dem anderen freigebig etwas zu, ist diese Zuwendung keine Gegenleistung für die Eingehung der Gemeinschaft und die Eingehung der Gemeinschaft auch keine Gegenleistung für die Zuwendung. Allenfalls kann es sich um eine belohnende Schenkung handeln, die nach § 7 Abs. 4 ErbStG der Steuerpflicht der freigebigen Zuwendung nicht entgegensteht. Davon abgesehen kann die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch nicht in Geld veranschlagt werden und muss daher nach § 7 Abs. 3 ErbStG bei der Feststellung, ob eine Bereicherung des Empfängers der Zuwendung vorliegt, unberücksichtigt bleiben.
Die Unverzinslichkeit des Darlehens war auch im Übrigen weder synallagmatisch noch konditional oder kausal mit einer Gegenleistung des Lebensgefährten verknüpft. Auch ein möglicherweise erfolgter Verzicht der Lebensgefährtin auf Ansprüche gegen ihren damaligen Ehemann und eine (etwaige) Einschränkung ihrer Berufstätigkeit deshalb nicht als die Freigebigkeit ausschließende Gegenleistungen für die Gewährung des zinslosen Darlehens angesehen werden, weil ihr Lebensgefährte hiervon keinen schenkungsteuerrechtlich zu berücksichtigenden, in Geld zu veranschlagenden Vorteil (§ 7 Abs. 3 ErbStG) hatte.
Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wurde ebenfalls verwirklicht. Der Lebensgefährte kannte die Umstände, die das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung an die Klägerin begründen. Er wusste, dass er zu der zinslosen Darlehensgewährung weder rechtlich verpflichtet war noch eine mit der Zinslosigkeit in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung erhielt. Eine exakte juristische Subsumtion durch den Lebensgefährten war für den Willen zur Freigebigkeit nicht erforderlich.
Bei der Fe3stsetzung der Schenkungsteuer ist von dem in § 15 Abs. 1 BewG bestimmten Zinssatz von 5,5 % je Jahr und von einem Kapitalisierungsfaktor von (hier) 5,133 auszugehen.
Ein anderer Jahreswert des Nutzungsvorteils als 5,5 % steht im Sinne dieser Vorschrift nicht bereits dann fest, wenn der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer bei einer verzinslichen Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätte erzielen können. Vergleichsmaßstab ist vielmehr der marktübliche Zinssatz, der bei der Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu abgesehen von der Zinslosigkeit vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre.
Von diesem Verständnis des § 15 Abs. 1 BewG geht auch der im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangene Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 20.01.2000 S 3104/0614 aus. Nach diesem Erlass kommt es für die Frage, wie der Nutzungsvorteil eines unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Darlehens zu bewerten ist, darauf an, ob der marktübliche Zinssatz für ein derartiges Darlehen unter 5,5 % liegt. Weise ein Steuerpflichtiger nach, dass der marktübliche Zinssatz für eine gleichartige Kapitalanlage unter dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 % liege, könne für die Bewertung des Nutzungsvorteils von dem nachgewiesenen Zinssatz ausgegangen werden.
Diese Beurteilung entspricht auch der auf § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG beruhenden Bewertung des Vorteils eines Arbeitnehmers aus der Gewährung eines zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens. Der einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigende Vorteil des Arbeitnehmers liegt dabei im Unterschied zwischen dem vom Arbeitgeber geforderten Zins und dem marktüblichen Zins für das Darlehen15. Auf die Rendite, die der Arbeitnehmer bei einer verzinslichen Anlage des Darlehens erzielen könnte, kommt es nicht an16.
Das Feststehen eines anderen Werts kann demgemäß nicht damit begründet werden, dass die Lebensgefährten bei einer verzinslichen Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätten erzielen können. Vielmehr kommt es darauf an, ob der marktübliche Zinssatz für die Aufnahme eines Darlehens über diesen Betrag zum Begebenszeitpunkt durch die Klägerin zu – abgesehen von der Zinslosigkeit – vergleichbaren Bedingungen, also insbesondere ohne die Vereinbarung von Sicherheiten, niedriger als 5,5 % gewesen wäre. Dass dies der Fall gewesen wäre, hat weder das Finanzgericht festgestellt noch bringt das die Klägerin vor.
Bei der Kapitalisierung des Nutzungsvorteils nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG ist von der tatsächlichen Laufzeit des Darlehens auszugehen17. Der Kapitalisierungsfaktor von (hier) 5,133 ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m. Anlage 9a zum BewG.
Bundesfinanzhof Urteil vom 27. November 2013 – II R 25/12
- BFH, Urteile vom 30.01.2013 – II R 6/12, BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930, Rz 11; und vom 16.05.2013 – II R 21/11, BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922, Rz 9, je m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 02.03.1994 – II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366; und vom 11.04.2006 – II R 13/04, BFH/NV 2006, 1665[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366; vom 24.08.2005 – II R 28/02, BFH/NV 2006, 63, unter II. 1.b aa; und vom 17.10.2007 – II R 53/05, BFHE 218, 409, BStBl II 2008, 256, unter II. 3.a[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366, und in BFH/NV 2006, 63, unter II. 1.b aa und bb[↩]
- grundlegend BFH, Urteil vom 12.07.1979 – II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631; zuletzt BFH, Urteil vom 27.10.2010 – II R 37/09, BFHE 231, 223, BStBl II 2011, 134, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 30.03.1994 – II R 105/93, BFH/NV 1995, 70; BFH, Beschluss vom 20.09.2010 – II B 7/10, BFH/NV 2010, 2280, Rz 10[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 231, 223, BStBl II 2011, 134, Rz 20[↩]
- BFH, Urteil vom 21.02.2006 – II R 70/04, BFH/NV 2006, 1300[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 231, 223, BStBl II 2011, 134, Rz 18[↩]
- BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, unter C.II. 1.; BGH, Urteil vom 13.01.1993 – VIII ARZ 6/92, BGHZ 121, 116[↩]
- BGH, Urteil vom 09.07.2008 XII ZR 179/05, BGHZ 177, 193[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366; vgl. auch BFH, Urteil in BFH/NV 2006, 63, unter II. 1.a cc[↩]
- FM Baden-Württemberg, DStR, 2000, 204[↩]
- BFH, Urteil vom 04.05.2006 – VI R 28/05, BFHE 213, 484, BStBl II 2006, 781[↩]
- ebenso BMF, Schreiben vom 01.10.2008 – IV C 5-S 2334/07/0009, BStBl I 2008, 892[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631[↩]