Grundstück mit Lagerbewirtschaftung – als steuerschädliches Verwaltungsvermögen

Wird ein Grundstück der überlassenden Gesellschaft von der nutzenden Gesellschaft an einen weiteren Dritten zur Nutzung überlassen, liegt eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vor. Dies gilt unabhängig davon, dass parallel zu dem Mietvertrag zwischen der nutzenden Gesellschaft und dem Dritten ein Lagerbewirtschaftungsvertrag geschlossen worden ist.

Grundstück mit Lagerbewirtschaftung – als steuerschädliches Verwaltungsvermögen

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte eine GmbH & Co. KG geklagt, deren Kommanditisten ein Sohn und seine Eltern sind. Komplementärin der GmbH & Co. KG ist die M-GmbH. Gesellschafter der M-GmbH sind die Eltern. Im Sonderbetriebsvermögen der Eltern befand sich ein mit Lagerhallen und einem Bürotrakt bebautes Grundstück, das bis zum 01.07.2013 im hälftigen Miteigentum der Eltern stand und an die M-GmbH vermietet war. Mit Mietvertrag aus dem Jahr 2006 vermietete die M-GmbH das Grundstück weiter an die B-GmbH, eine Gesellschaft im Konzern der C-AG. Nach § 3 des Mietvertrags wurde das Mietobjekt zum Lagern von Rohstoffen, Offsetpapier und gegebenenfalls Halbfabrikaten und zu allen damit im Zusammenhang stehenden Nebenarbeiten überlassen. § 9 des Mietvertrags gestattete dem Mieter die Untervermietung oder Unterverpachtung, die dann nicht genehmigungs, sondern nur anzeigepflichtig war, wenn sie an andere Konzerngesellschaften der C-AG erfolgte. Zusätzlich zum Mietvertrag wurde zwischen der M-GmbH und der B-GmbH Ende des Jahres 2007 ein Dienstleistungsvertrag über die Lagerbewirtschaftung der überlassenen Flächen durch die M-GmbH mit Beginn ab Mai 2007 geschlossen. § 1 des Dienstleistungsvertrags enthielt den Hinweis, dass das Lager auf dem Grundstück von der B-GmbH angemietet wurde. Sowohl der Miet- als auch der Dienstleistungsvertrag wurden in der Folge mehrfach geändert und verlängert.

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Am 01.07.2013 übertrugen die Eltern jeweils 25 % der Kommanditanteile an der GmbH & Co. KG unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn. An diesem Tag war das Grundstück von der M-GmbH an die B-GmbH weitervermietet und die M-GmbH führte wie im Dienstleistungsvertrag vereinbart die Lagerbewirtschaftung auf dem Grundstück durch. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden über die gesonderte Feststellung des Werts des Betriebsvermögens auf den 01.07.2013 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG, die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG und die gesonderte Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten nach § 13a Abs. 1a ErbStG (Feststellungsbescheide) für die Schenkung des Vaters und der Mutter stellte das Finanzamt den Wert des Anteils am Betriebsvermögen und die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens fest. Das festgestellte Verwaltungsvermögen bestand in Gänze aus dem Betriebsgrundstück und ergab eine Verwaltungsvermögensquote von 75, 22 %.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht Münster abgewiesen1. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun dieses Urteil und wies auch die Revision der GmbH & Co. KG als unbegründet zurück:

Es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück um Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG. Die Voraussetzungen der Rückausnahme nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG sind nicht erfüllt.

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Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gehört zum begünstigten Vermögen vorbehaltlich § 13b Abs. 2 ErbStG inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), mithin einer KG im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 EStG. Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bleibt Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG ausgenommen, wenn das Betriebsvermögen der Gesellschaftsbeteiligung zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

Die einschlägigen Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes sind zwar verfassungswidrig. Sie bedürfen für den Stichtag des Streitfalls jedoch keiner erneuten Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Sie sind weiter anzuwenden und nur begrenzt einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich2.

Zielrichtung des § 13b ErbStG war nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass „Vermögen, das in erster Linie der weitgehenden risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt“, von der steuerlichen Begünstigung auszunehmen3. Umgekehrt sollte solches Vermögen begünstigt werden, das unmittelbar einem Betrieb und zugleich dem Erhalt von Arbeitsplätzen dient4. § 13b ErbStG unterscheidet daher zwischen dem begünstigten und dem grundsätzlich nicht begünstigten Betriebsvermögen, dem sogenannten Verwaltungsvermögen.

Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG abschließend aufgezählt. Maßgebend für die Einordnung von Wirtschaftsgütern als Verwaltungsvermögen sind die Verhältnisse am Stichtag der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 ErbStG)5.

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Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG gehören zum Verwaltungsvermögen Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. „Dritter“ im Sinne der Vorschrift ist jede Person, die nicht mit dem Nutzungsüberlassenden identisch ist. Dritte können Kapitalgesellschaften -zum Beispiel eine GmbH- sein6.

Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist ausnahmsweise nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 1 und 2 ErbStG)7. Dies gilt jedoch nur, soweit keine Nutzungsüberlassung von dem Dritten an einen weiteren Dritten erfolgt (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 3 ErbStG). Die Formulierung „Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten“ am Ende des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG stellt eine Einschränkung der zuvor normierten Rückausnahme dar. Sie ist nach denselben Vorgaben auszulegen wie die Formulierung „Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke“ und Ähnliche im Grundtatbestand des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG.

Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das von der M-GmbH an die B-GmbH längerfristig vermietete Grundstück steuerschädliches Verwaltungsvermögen darstellt.

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Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht bereits durch die Vermietung des Grundstücks von der GmbH & Co. KG an die M-GmbH gegeben. Zwar ist insoweit der Grundtatbestand des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG erfüllt und es liegt ein „Dritten zur Nutzung überlassenes Grundstück“ vor. Bei dieser Nutzungsüberlassung sind jedoch unstreitig die Voraussetzungen der Rückausnahme nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 1 und 2 ErbStG erfüllt, weil die Eltern des Sohnes aufgrund ihrer jeweiligen Mehrheitsbeteiligung an der GmbH & Co. KG und der M-GmbH einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl bei der GmbH & Co. KG als auch bei der M-GmbH durchsetzen konnten und durch die Schenkungen diese Rechtsstellung auf den Sohn übergegangen ist.

Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung liegt aber nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 3 ErbStG in der Weiterüberlassung des Grundstücks von der M-GmbH an die B-GmbH. Dies gilt unabhängig davon, dass parallel zu dem Mietvertrag mit der B-GmbH ein Lagerbewirtschaftungsvertrag geschlossen worden ist, denn das Gesetz stellt nach seinem klaren Wortlaut allein auf die (weitere) Nutzungsüberlassung ab.

Es braucht nicht entschieden zu werden, ob eine Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an Dritte im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG und des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 3 ErbStG auch anzunehmen wäre, wenn Grundstücke nur kurzfristig Dritten zur Nutzung überlassen werden, denn im Streitfall erfolgte die Überlassung jeweils langfristig.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. Mai 2023 – II R 21/21

  1. FG Münster, Urteil vom 03.12.2020 – 3 K 1429/17 F[]
  2. BFH, Urteil vom 23.02.2021 – II R 26/18, BFHE 272, 486, BStBl II 2022, 72, Rz 18[]
  3. BT-Drs. 16/7918, S. 35[]
  4. BT-Drs. 16/11107, S. 11[]
  5. vgl. RE 13b.8 Abs. 2 Satz 1 der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Schenkung geltenden ErbStR 2011; nunmehr RE 13b.12 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2019; BFH, Urteil vom 23.02.2021 – II R 26/18, BFHE 272, 486, BStBl II 2022, 72, Rz 19[]
  6. BFH, Urteil vom 02.12.2020 – II R 22/18, BFHE 272, 120, BStBl II 2022, 66, Rz 36[]
  7. zu den Voraussetzungen vgl. BFH, Urteil vom 16.03.2021 – II R 3/19, BFHE 272, 508, BStBl II 2022, 706, Rz 35 ff.[]