Überträgt ein Großelternteil ein Grundstück schenkweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Grundstücksteil an das Enkelkind weiter, ohne zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Großelternteils an das Enkelkind vor.

Auch dass die Weiterübertragung in einem gemeinschaftlichen Testament der Großeltern vorgesehen ist, reicht für sich nicht aus, um eine Zuwendung des Großelternteils an das Enkelkind zu begründen.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit1. Eine Bereicherung des Empfängers ist gegeben, wenn dieser über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann2. Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage3.
Wird ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen und wendet diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zu, ist für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat4.
Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor5. Wegen der Verpflichtung zur Weitergabe besteht keine Bereicherung der Mittelsperson aus dem Vermögen des Zuwendenden; eine Schenkung der Mittelsperson an den Dritten kommt nicht in Betracht6.
Wendet der Bedachte den ihm zugewendeten Gegenstand ohne eine solche rechtliche Verpflichtung freigebig einem Dritten zu, scheidet die Annahme einer Schenkung des Zuwendenden an den Dritten aus. Vielmehr liegen eine Schenkung des Zuwendenden an den Bedachten und eine Schenkung des Bedachten an den Dritten vor6.
Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder verpflichtet ist, diesen einem Dritten zuzuwenden, ist unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden6. Die Verpflichtung zur Weitergabe kann sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben6. Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.
Für die Annahme einer Weitergabeverpflichtung des Bedachten reicht es jedoch nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt7. Wird dagegen im Schenkungsvertrag zwischen dem Zuwendenden und dem Bedachten die Weiterschenkung an den Dritten vereinbart, kann der Bedachte über den Gegenstand nicht frei verfügen6.
Eine kurze Verweildauer des Geschenks beim Bedachten spricht für sich allein genommen nicht für eine Weitergabeverpflichtung6. Aus diesem Grund ist eine Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Schenkung und die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden notariellen Urkunden vereinbart wurden und der zuerst Bedachte den geschenkten Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer nutzen konnte. Der zeitlichen Abfolge der Schenkungen kann allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung eine Indizwirkung zukommen8.
Von einer Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten kann auszugehen sein, wenn dieser noch vor Ausführung der freigebigen Zuwendung an ihn den Gegenstand an einen Dritten weiterschenkt6. In diesem Fall kann die Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten fehlen. Entscheidend sind jedoch auch hier die Umstände des Einzelfalls. Indiz für eine fehlende Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten kann insbesondere sein, dass die Schenkung und die Weiterschenkung in einer notariellen Urkunde vereinbart werden. Selbständige Schenkungen verschiedener Personen sind zwar nicht lediglich deshalb eine einheitliche Schenkung eines Zuwendenden, weil sie in einer Vertragsurkunde zusammengefasst sind. Die Zusammenfassung einer Schenkung und einer sich anschließenden Weiterschenkung eines Grundstücks in einer Urkunde führt aber zu einer zeitgleichen Vereinbarung von Schenkung und Weiterschenkung, so dass der zuerst Bedachte damit regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit in Bezug auf das weitergeschenkte Grundstück erlangen wird. Das gilt nur dann nicht, wenn sich aus dem Vertrag oder den Umständen eindeutig etwas anderes ergibt6.
Nach diesen Grundsätzen war in dem hier vom Finanzgericht Hamburg entschiedenen Fall eine der Schenkungsteuer unterliegende Zuwendung der Oma an die Enkelin nicht gegeben:
Zivilrechtlich liegen zwei Schenkungen zwischen verschiedenen Personen vor, und zwar eine unentgeltliche Zuwendung von Grundvermögen durch die Übergeberin (die Großmutter O) an ihre Tochter M und eine Zuwendung des hinteren Grundstücksteils durch M an ihre Tochter (die Enkelin). Dagegen fehlt es zivilrechtlich an einer Zuwendung der O an die Enkelin. Diese Beurteilung ist auch schenkungsteuerrechtlich zugrunde zu legen.
O hat den übertragenen Grundbesitz ausschließlich ihrer Tochter M und nicht anteilig ihrer Enkeltochter, der Enkelin, zugewendet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte eine Weitergabeverpflichtung der M nicht festgestellt werden. Der zwischen O und M geschlossene Überlassungsvertrag enthielt keine ausdrückliche Verpflichtung der M zur Weiterübertragung eines hinteren Grundstücksteils auf die Enkelin.
Ob die Verträge in der neu beurkundeten Reihenfolge abgeschlossen worden sind, kann letztendlich offenbleiben. Nach den Äußerungen der Notarin steht jedenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die ursprüngliche Urkundenreihenfolge bewusst gewählt worden ist, um durch eine vorweggenommene Beurkundung einer Schenkung des Teilstücks durch M an die Enkelin zu verhindern, dass M über die Verwendung des von O erhaltenen Grundbesitzes frei entscheiden kann.
Aufgrund der Bezugnahme in der Urkunde über die Schenkung des Teilgrundstücks von M an die Enkelin auf die vorangegangene Schenkung des gesamten Grundstücks von O an M ist aber davon auszugehen, dass die Schenkung der O an M bereits ausgeführt war, als M den ihr zugewendeten Grundbesitz zum Teil auf die Enkelin übertragen hat, so dass M zuvor ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch hätte beantragen und damit den Eintritt der – dinglichen – Rechtsänderung hätte herbeiführen führen können9.
Das bloße Einverständnis der O mit der Weiterschenkung durch M reicht nicht aus, um eine Zuwendung der O an die Enkelin annehmen zu können. Ein aufgrund der familiären Verbundenheit vermutetes abgestimmtes Verhalten der Vertragsbeteiligten ist als solches ebenfalls nicht geeignet, die Schenkungen in schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht abweichend von der Zivilrechtslage zu beurteilen. Dies gilt auch bei einem etwaigen Interesse von O und E, ihr Vermögen nicht nur ihrer Tochter M, sondern zum Teil auch der Enkelin zuzuwenden.
Auch aus dem gemeinschaftlichen Testament von O und E lässt sich keine derartige Weitergabeverpflichtung für M herleiten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der Formulierung „Eine abgetrennte Teilfläche von rund 700 m² soll unserer Enkelin zum Bau eines Einfamilienhauses überlassen werden, wobei diese Teilfläche natürlich ihrer Mutter zugerechnet wird. (…)“ um ein Vermächtnis zu Gunsten der Enkelin handelt, ergibt sich daraus keine Verpflichtung der M zur Schenkung an die Enkelin. Eine Vermächtnisanordnung begründet einerseits lediglich eine den oder die Erben treffende Schuld, die erst durch den Erbfall entsteht (§ 1967 Abs. 2 BGB), andererseits vor dem Erbfall noch nicht einmal eine rechtlich gesicherte Anwartschaft des Vermächtnisnehmers10.
Gegen eine Weitergabeverpflichtung spricht auch, dass sich O für sich und E ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem gesamten Grundstück vorbehielt und nicht nur an dem Hauptgrundstück, das später bei M verblieb. Sofern eine Weitergabeverpflichtung bzgl. des hinteren Grundstücksteils bestanden hätte, hätte es nahegelegen, von vornherein den Nießbrauch nicht auf diesen Grundstücksteil zu erstrecken. Auch die im Testament vorgesehene Anrechnung der Teilfläche auf den Erbteil der M spricht gegen eine Weitergabeverpflichtung, denn der Wille von O und E war somit auf eine Bereicherung der M in Bezug auf das gesamte Grundstück gerichtet.
Auch die Tatsache, dass M in ihrer Steuererklärung zunächst selbst erklärte, zur Weitergabe verpflichtet gewesen zu sein, führt zu keinem anderen Ergebnis. M bekundete in ihrer Zeugenbefragung, die Anlage zur Steuererklärung nicht zu kennen und nicht zu wissen, wer sie seinerzeit erstellt habe. Sie habe sich in ihrer Entscheidungsbefugnis stets für frei gehalten.
Das Gericht geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass es M in Zeitpunkt der Abgabe ihrer Steuererklärung darum ging, die eigene Steuerlast möglichst gering zu halten, während sie eine Steuerlast der Enkelin nicht im Blick hatte. Zwar war die Angabe von M in ihrer Steuererklärung, zur Weitergabe verpflichtet zu sein, unrichtig. M hat diese Angabe aber im Dezember 2008 und damit noch vor Erlass der an sie und die Enkelin gerichteten Schenkungsteuerbescheide berichtigt und erklärt, nicht zur Weitergabe verpflichtet gewesen zu sein. Daher wäre es die Sache des Finanzamtes gewesen, dafür Sorge zu tragen, die Steuerfestsetzung ggü. M vor Eintritt der Festsetzungsverjährung in der zutreffenden Höhe, nämlich unter Berücksichtigung des gesamten Grundvermögens, vorzunehmen. Dies hat das Finanzamt versäumt; mittlerweile ist selbst die zehnjährige Festsetzungsfrist im Sinne des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO abgelaufen. Das Finanzamt hat M auch nicht zum Einspruchsverfahren der Enkelin hinzugezogen.
Von einem Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO kann insoweit ebenfalls nicht ausgegangen werden. Zum einen sind im Hinblick auf die zivilrechtlichen Rechtsfolgen regelmäßig beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorhanden. Zum anderen steht es auch Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind11.
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 20. August 2019 – 3 K 123/18
- vgl. BFH, Urteil vom 30.01.2013, – II R 6/12, BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 30.11.2009, – II R 70/06, BFH/NV 2010, 900[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 09.12 2009, – II R 22/08, BFHE 228, 165, BStBl II 2010, 363; vom 30.11.2009, – II R 70/06, BFH/NV 2010, 900;[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 06.05.2015, – II R 35/13, BFH/NV 2015, 1412; vom 18.07.2013, – II R 37/11, BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934; vom 10.03.2005 – II R 54/03, BFHE 208, 447, BStBl II 2005, 412; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 16. Aufl., § 7 Rz 68a; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 237[↩]
- BFH, Urteil vom 06.05.2015, – II R 35/13, BFH/NV 2015, 1412[↩]
- BFH, Urteil vom 18.07.2013, – II R 37/11, BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934[↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩]
- BFH, Beschluss vom 30.11.2011, – II B 60/11, BFH/NV 2012, 580[↩]
- BFH, Urteile vom 18.07.2013, – II R 37/11, BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934; vom 13.10.1993, – II R 92/91, BFHE 172, 520, BStBl II 1994, 128[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 27.04.2005 – II R 52/02, BFHE 210, 507, BStBl II 2005, 892[↩]
- Otte in Staudinger, BGB, 2013, § 2176 Rn. 4[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 16.01.1992, – V R 1/91, BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541[↩]