Immobilie erben – Rechtslage hinsichtlich der Wertermittlung

In Deutschland werden jedes Jahr unzählige Immobilien vererbt. Wer beispielsweise das Elternhaus oder eine Eigentumswohnung erbt, der kann sich freuen, aber nur, wenn die vom Finanzamt geforderte Erbschaftssteuer nicht zu hoch ist. Da eine Wertermittlung als Basis dient, schätzt das Finanzamt den Verkehrswert, allerdings meist zu hoch. Dagegen können Erben vorgehen.

Immobilie erben – Rechtslage hinsichtlich der Wertermittlung

Gesetzliche Grundlagen bei der Wertermittlung für vererbte Immobilien

Die gesetzliche Basis für die zu leistende Erbschaftssteuer, wenn man eine Immobilie erbt, ist das Erbschaftssteuergesetz (ErbStG). Dem Finanzamt wird vom Gesetzgeber durch das Bewertungsgesetz (BewG) sowie die Grundvermögensbewertungsverordnung (GrBewV) die Aufgabe übertragen, den Verkehrswert einer Immobilie zu ermitteln. Bei unbebauten Grundstücken ist der sogenannte Bodenrichtwert die Basis. Er wird einfach mit der Größe des Grundstücks multipliziert. Bei einem bebauten Grundstück legt das Finanzamt den Verkehrswert anhand von Vergleichswerten fest oder nutzt das Sachwertverfahren, um eine Wertermittlung der Immobilie vorzunehmen. In beiden Fällen wir der Verkehrswert sehr häufig zu hoch angesetzt. Ursache dafür ist, dass die genutzten Angaben zu unpräzise sind und das Finanzamt zu wenige Fakten kennt.

Wertermittlung der Immobilie durch ein eigenes Wertgutachten

Die Zahlung der Erbschaftssteuer für eine geerbte Immobilie ist für die meisten Erben eine extreme finanzielle Belastung. Dies trifft vor allem dann zu, wenn das Finanzamt eine Wertermittlung für die Immobilie präsentiert, die sehr hoch ist. Als Erbe muss man den vom Finanzamt ermittelten Verkehrswert nicht einfach akzeptieren, sondern kann im Rahmen einer Immobilienberatung ein eigenes Wertgutachten erstellen lassen. Immobiliensachverständige ermitteln den exakten Verkehrswert der Immobilie und können so dabei helfen, den Betrag der zu zahlenden Erbschaftssteuer fast immer senken. Die für ein solches Wertgutachten anfallen Kosten, die sich meist zwischen etwa 1.200 und 2.000 Euro belaufen, muss der Erbe zunächst selbst aufbringen. Er kann diesen Betrag allerdings steuerlich absetzen.

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Steuerersparnis durch umfassende Wertermittlung

Ein Beispiel kann zeigen, wie das Finanzamt, im Gegensatz zu einem Sachverständigen, ohne die Immobilie überhaupt zu kennen, bei der Wertermittlung vorgeht. Die daraus resultierende Steuereinsparung ist teilweise enorm.

Beispiel 1: Steuerforderung bei Wertermittlung Finanzamt:

Herr Walter erbt von einem guten Freund ein Haus und akzeptiert das Erbe. Er meldet die Erbschaft fristgerecht (also spätestens drei Monate nach dem Tod seines Freundes) dem Finanzamt und dieses berechnet die Erbschaftssteuer. Anhand des ortsüblichen Bodenrichtwerts und des Baujahrs errechnet er einen Verkehrswert von 450.000 Euro. Als nicht verwandter Freund des Erblassers erhält Herr Walter einen Freibetrag von 20.000 Euro, bleiben also noch 430.000 Euro, die versteuert werden. Da er in die Erbschaftssteuerklasse III fällt und der Verkehrswert unter 600.000 Euro liegt, muss er 30 Prozent Erbschaftssteuer zahlen. Bei zu versteuernden 430.000 Euro wäre das ein Betrag von 129.000 Euro.

Beispiel 2: Erbschaftssteuer bei Wertermittlung Sachverständiger:

Anders sieht die Situation aus, wenn der Erbe einen Gutachter mit der Immobilienbewertung der Immobilie beauftragt. Im Rahmen einer solchen Immobilienbewertung zeigen sich bei einer Besichtigung vor Ort Schäden an der Bausubstanz, aufgrund derer die Immobilie lediglich einen Verkehrswert von 290.000 Euro hat. Daraus ergibt sich eine Erbschaftssteuer in Höhe von 87.000 Euro, also eine um 42.000 Euro niedrigere Steuerlast.

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Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer – in diesem Fall wird keine Steuer fällig

Wie bei fast jeder Regel, so gibt es auch bei der Erbschaftssteuer für Immobilien zwei Ausnahmefälle, in denen der Erbe von der Steuerpflicht befreit ist. So wird in § 13 Erbschaftssteuergesetz festgelegt, dass der Erbe keine Steuer entrichten muss, wenn er:

  • als Witwer oder Witwe der erblassenden Person für mindestens 10 Jahre in der vererbten Immobilie wohnt, sie also selbst nutzt (diese Regelung gilt unabhängig von der Größe der Immobilie)
  • als Kind für die nächsten 10 Jahre (z. B. mit dem hinterbliebenen Elternteil) in der Immobilie lebt (die Wohnfläche darf dann allerdings nicht mehr als 200 m2 betragen)

Wird eine Immobilie vererbt, die zu Wohnzwecken vermietet ist, so werden lediglich für 90 Prozent des ermittelten Verkehrswertes vom Finanzamt bei der Festlegung der Erbschaftssteuer berücksichtigt. Grundlage ist hier § 13c Erbschaftssteuergesetz.

Steuerforderung – Verwandtschaftsverhältnis ist entscheidend

Hat ein Sachverständiger die Wertermittlung für die Immobilie durchgeführt, dann zieht das Finanzamt den jeweils geltenden Freibetrag ab, denn jedem Erben wir ein solcher gewährt. Wie hoch er ausfällt, hängt vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Erblasser und dem jeweiligen Erben ab. Entsprechend dem Verhältnis wird dem Erben eine Erbschaftssteuerklasse und damit ein Freibetrag zugeteilt. Insgesamt gibt es drei Steuerklassen (I bis III), in der Steuerklasse III wird Freunden und nicht verwandten Erben ein Freibetrag von 20.000 Euro zugestanden. Die in Steuerklasse II eingestuften Geschwister, Nichten & Neffen, Steifeltern, Schwiegereltern & Schwiegerkinder sowie geschiedene Ehepartner können ebenfalls jeweils 20.000 Euro geltend machen. In der Steuerklasse I sind die Freibeträge am höchsten und belaufen sich für Ehepartner auf 500.000 Euro, für Kinder, Stief- und Adoptivkinder auf 400.000 Euro, für Enkel und Urenkel (mit verstorbenen Eltern) auf 400.000 Euro und für Eltern bzw. Großeltern auf 100.000 Euro.

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Entscheidend für die Höhe der Erbschaftssteuer sind also vor allem der ermittelte Verkehrswert der Immobilie sowie das Verwandtschaftsverhältnis. Lässt sich Letzteres in der Regel nicht verändern, so kann eine fachgerechte Immobilienbewertung durchaus dazu beitragen, die Steuerlast für den Erben zu reduzieren.

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