Lebenspartnerschaften in der Erbschaftsteuer

Die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ist verfassungswidrig, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht.

Lebenspartnerschaften in der Erbschaftsteuer

Nach den Bestimmungen der §§ 15, 16, 17 und 19 ErbStG in der Fassung nach dem Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (ErbStG a.F.) wurden eingetragene Lebenspartner nach Schaffung des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft im Jahre 2001 erbschaftsteuerrechtlich erheblich höher belastet als Ehegatten.

Während Ehegatten nach §§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 1 ErbstG a.F. der günstigsten Steuerklasse I unterfielen und abhängig von der Höhe des Ererbten Steuersätze zwischen 7% und 30% zu entrichten hatten, waren Lebenspartner als „übrige Erwerber“ in die Steuerklasse III eingeordnet, die Steuersätze von 17 % bis zu 50 % vorsah. Zudem gewährte § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. Ehegatten einen persönlichen Freibetrag in Höhe von 600.000,- DM / 307.000,- € und § 17 Abs. 1 ErbStG a.F. einen besonderen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 500.000,- DM / 256.000,- €. Eingetragenen Lebenspartnern stand demgegenüber aufgrund ihrer Einordnung in die Steuerklasse III lediglich ein Freibetrag in Höhe von 10.000,- DM / 5.200,- € zu (§ 16 Abs. 1 Nr. 5, § 15 Abs. 1 ErbStG a.F.). Von der Vergünstigung des Versorgungsfreibetrags waren sie gänzlich ausgeschlossen.

Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 sind die vorgenannten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes zu Gunsten von eingetragenen Lebenspartnern insoweit geändert worden, als der persönliche Freibetrag sowie auch der Versorgungsfreibetrag für erbende Lebenspartner und Ehegatten gleich bemessen werden. Allerdings werden eingetragene Lebenspartner weiterhin wie entfernte Verwandte und Fremde mit den höchsten Steuersätzen besteuert. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2010 vom 22. Juni 2010 ist eine vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht – also auch in den Steuersätzen – beabsichtigt.

Gegen diese bisher bestehende Ungleichbehandlung waren beim Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden anhängig, aufgrund derer das Bundesverfassungsgericht nun die einschlägigen Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärte. Der erste Beschwerdeführer ist Alleinerbe seines im August 2001 verstorbenen Lebenspartners; die zweite Beschwerdeführerin Erbin ihrer im Februar 2002 verstorbenen Lebenspartnerin. In beiden Fällen setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer nach einem Steuersatz der Steuerklasse III fest und gewährte den geringsten Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG a.F.. Die hiergegen erhobenen Klagen der Beschwerdeführer blieben vor den Finanzgerichten und dem Bundesfinanzhof ohne Erfolg1.

Auf die beiden Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr entschieden, dass die erbschaftsteuerrechtliche Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten im persönlichen Freibetrag und im Steuersatz sowie durch ihre Nichtberücksichtigung im Versorgungsfreibetrag mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar ist. Die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs sind aufgehoben und die Sachen an diesen zur erneuten Entscheidung zurückverweisen worden. Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung für die vom Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz a.F. betroffenen Altfälle zu treffen, die die Gleichheitsverstöße in dem Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vom 16. Februar 2001 bis zum Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 beseitigt.

§ 16 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 ist vom Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er eingetragene Lebenspartner betrifft.

§ 17 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 ist vom Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit eingetragenen Lebenspartnern kein Versorgungsfreibetrag gewährt wird.

§ 15 Absatz 1 und § 19 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 sind vom Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit diese Vorschriften eingetragene Lebenspartner betreffen.

Eingetragene Lebenspartner wurden nach den für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 19972 nach dem Jahressteuergesetz 1997 in erheblichem Umfang höher belastet als Ehegatten. Für diese an einem strengen Maßstab zu messende Ungleichbehandlung fehlen hinreichend tragfähige Rechtfertigungsgründe. Ob die ebenfalls beanstandete Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartner mit entfernten Verwandten und Dritten im Steuersatz und bei den Freibeträgen zugleich eine gleichheitswidrige Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem ist, bedarf danach keiner Entscheidung.

Höherbelastung deer Lebenspartnerschaften[↑]

Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der auf das Jahressteuergesetz 1997 zurückgehenden Neufassung stellte unter anderem durch die Einräumung von umfangreichen Freibeträgen und durch niedrige Steuertarife für Ehegatten wie auch für nahe Verwandte eine weitgehende Steuerverschonung bei der Vererbung kleiner und mittlerer Vermögen sicher. So gewährte § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. Ehegatten einen persönlichen Freibetrag in Höhe von 600.000 DM / 307.000 € und § 17 Abs. 1 ErbStG a.F. einen besonderen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 500.000 DM / 256.000 €. Da Ehegatten nach § 15 Abs. 1 ErbStG in Steuerklasse I eingeordnet waren und es weiterhin sind, hatten sie gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG abhängig von der Höhe des Ererbten Steuersätze zwischen 7 % und 30 % zu entrichten.

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Eingetragene Lebenspartner wurden demgegenüber im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz nach Schaffung des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft im Jahre 2001 nicht gesondert berücksichtigt, demzufolge nach § 15 Abs. 1 ErbStG a.F. als „übrige Erwerber“ wie Dritte behandelt und in die Steuerklasse III eingeordnet. Deshalb stand ihnen lediglich ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 10.000 DM / 5.200 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 5, § 15 Abs. 1 ErbStG a.F. zu. Von der Vergünstigung des Versorgungsfreibetrags waren sie gänzlich ausgeschlossen. Nach § 19 Abs. 1 ErbStG hatten sie in der Steuerklasse III Steuersätze von 17 % bis zu 50 % auf die Erbschaft zu entrichten.

Ungleichbehandlung[↑]

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Prüfung dieser Ungleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern anhand eines strengen Gleichheitsmaßstabs.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentliches Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen3. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird4.

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen5. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen6.

Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes7. Die Freiheit des Gesetzgebers im Steuerrecht – auch im Erbschaftsteuerrecht – wird hierbei allerdings durch zwei Leitlinien begrenzt, nämlich durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit8. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden9. Die mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtigen bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig umzusetzen9. Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes10.

Die Vorschriften des Erbschaftsteuerrechts, die zu gravierend unterschiedlichen Steuerbelastungen bei Ehegatten und Lebenspartnern führen, müssen sich zunächst an diesen spezifisch steuerrechtlichen Ausprägungen des Gleichheitssatzes messen lassen, also an dem Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung nach Leistungsfähigkeit unter Beachtung des Prinzips der Folgerichtigkeit.

Eine am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientierte Gleichheitsprüfung ist daneben deshalb geboten, weil die unterschiedliche Besteuerung von Erbschaften hier nach personenbezogenen Merkmalen differenziert.

Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Bevorzugung oder Benachteiligung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung, die ihren Anknüpfungspunkt in der Person findet, regelmäßig einer strengen Bindung11. Dabei kommt es hinsichtlich der Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann12. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers geht dann besonders weit, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt und die Betroffenen sich durch eigenes Verhalten auf die unterschiedliche Regelung einstellen können13. Dagegen sind dem Gesetzgeber umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt14 und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann. Die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grenzen sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten15.

Bei der Einteilung nach Steuerklassen und der sich daran anschließenden Staffelung der persönlichen Freibeträge und Steuertarife wie auch bei den Versorgungsfreibeträgen unterscheidet das Erbschaftsteuerrecht nach Personengruppen in Abhängigkeit von der familiären und verwandtschaftlichen Nähe. Der steuerliche Zugriff auf das ererbte Vermögen erfasst die Erben in ihrem durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten Erbrecht16 in je unterschiedlicher Höhe, ohne dass sie durch eigenes Verhalten auf die Differenzierungen in der Besteuerung Einfluss nehmen können. Dies liegt zwar in der Natur des für den Erben insofern auf die Annahmeentscheidung beschränkten Erbvorgangs und seiner zu diesem Zeitpunkt gegebenen verwandtschaftlichen und familiären Stellung zum Erblasser. Es hat aber zur Folge, dass vom Gesetzgeber bei der Erbschaftsteuer vorgenommene Unterscheidungen zwischen verschiedenen Gruppen von Erben vor Art. 3 Abs. 1 GG eines hinreichend gewichtigen Differenzierungsgrundes bedürfen, der die unterschiedliche Besteuerung zu rechtfertigen vermag.

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Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht eine strenge Gleichheitsprüfung in den Fällen gefordert, in denen der Gesetzgeber eine mit der sexuellen Orientierung von Personen zusammenhängende Differenzierung vornimmt17. Die Entscheidung des Einzelnen für eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft ist kaum trennbar mit seiner sexuellen Orientierung verbunden18. Von Bestimmungen, die die Rechte und Pflichten eingetragener Lebenspartner regeln, werden typischerweise homosexuelle Menschen erfasst, und von solchen, die die Rechte und Pflichten von Ehegatten regeln, heterosexuelle Menschen19.

Da damit die Ungleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern im Erbschaftsteuerrecht in Anknüpfung an die sexuelle Orientierung erfolgen kann, bedarf es hinreichend gewichtiger Unterschiede zwischen diesen beiden Formen einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft, um die konkrete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen19.

Keine Rechtfertigungsgründe[↑]

Für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten bestehen indessen keine Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie die erhebliche Benachteiligung der Lebenspartner im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung nach dem Jahressteuergesetz 1997 rechtfertigen könnten. Dies gilt für den persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG a.F. ebenso wie für den Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG a.F. und den Steuersatz nach § 19 ErbStG a.F.

Der persönliche Freibetrag (§ 16 ErbStG) stellt sicher, dass die Erbschaft in bestimmtem Umfang steuerfrei bleibt. Die Höhe der freigestellten Beträge folgt der Einteilung der Steuerklassen, die sich am Prinzip der Familien- und Verwandtschaftsnähe orientiert. Die Privilegierung der Ehegatten gegenüber den Lebenspartnern lässt sich nicht allein mit Verweisung auf Art. 6 Abs. 1 GG rechtfertigen; für eine Ungleichbehandlung, wie sie in der Freibetragsregelung des § 16 ErbStG a.F. vorgesehen war, findet sich ein tragfähiger Differenzierungsgrund auch weder im Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit noch in dem das Erbschaftsteuerrecht beherrschenden Familienprinzip.

Das Grundgesetz stellt in Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Damit garantiert die Verfassung nicht nur das Institut der Ehe, sondern gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung20. Um dem Schutzauftrag Genüge zu tun, ist es insbesondere Aufgabe des Staates, alles zu unterlassen, was die Ehe beschädigt oder sonst beeinträchtigt, und sie durch geeignete Maßnahmen zu fördern21.

Wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, sie gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen22. So hat das Bundesverfassungsgericht eine Bevorzugung der Ehe bei der sozialrechtlichen Finanzierung einer künstlichen Befruchtung insbesondere mit Rücksicht auf die rechtlich gesicherte Verantwortungsbeziehung und Stabilitätsgewähr der Ehe als gerechtfertigt angesehen23. Auch die ehebegünstigenden Normen bei Unterhalt, Versorgung und im Steuerrecht können ihre Berechtigung in der gemeinsamen Gestaltung des Lebensweges der Ehepartner finden24. Geht jedoch die Förderung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht25.

Die Befugnisse des Staates, in Erfüllung seiner grundgesetzlichen Schutzpflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG für Ehe und Familie tätig zu werden, bleiben also gänzlich unberührt von der Frage, inwieweit Dritte etwaige Gleichbehandlungsansprüche geltend machen können. Allein der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) entscheidet nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Anwendungsgrundsätze darüber, ob und inwieweit Dritten, wie hier den eingetragenen Lebenspartnern, ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit einer gesetzlichen oder tatsächlichen Förderung von Ehegatten und Familienangehörigen zukommt. Dies verkennt der Bundesfinanzhof in den angegriffenen Entscheidungen, indem er die Förderung der Ehegatten und damit die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner im Erbschaftsteuerrecht im Wesentlichen durch den bloßen Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 GG für gerechtfertigt hält, weil sich nur die Ehegatten, nicht aber die Lebenspartner auf den grundrechtlichen Schutz der Ehe berufen können.

Die Erbschaftsteuer greift als Erbanfallsteuer auf die beim jeweiligen Empfänger mit dem Erbfall eintretende Bereicherung zu26. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Erbschaftsteuer in ihrer derzeitigen Ausgestaltung das Ziel, den mit dem Erbe anfallenden Vermögenszuwachs jeweils entsprechend seinem Wert zu erfassen und die daraus resultierende Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Erwerbers zu besteuern (§ 10 Abs. 1 ErbStG). Der Vermögenszuwachs durch einen Erbfall stellt sich beim Ehegatten nicht anders dar als bei einem Lebenspartner.

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Im steuerrechtlichen Schrifttum wird die Einräumung insbesondere des hohen Freibetrags für Ehegatten und Kinder überwiegend mit einer im Vergleich zu Dritten geringeren Leistungsfähigkeit dieser Personen im Erbfall gerechtfertigt. Hierfür werden verschiedene Gründe angeführt: Die Leistungsfähigkeit dem Erblasser verwandtschaftlich nahestehender Personen werde durch die Erbschaft nicht in gleichem Umfang wie die Leistungsfähigkeit fernstehender Personen erhöht27. Ehegatten und Kinder hätten bereits zu Lebzeiten am Vermögen des Erblassers partizipiert sowie den Lebensstandard des Erblassers geteilt und erwarteten, den Lebensstandard aufrechterhalten zu können28. Der Erblasser habe sein Vermögen typischerweise nicht nur für sich, sondern auch für seine Familienangehörigen, insbesondere für seine Kernfamilie, nämlich den Ehegatten und die Kinder gebildet29. Diesen Personen wachse mithin juristisch etwas zu, was ihnen wirtschaftlich ohnehin bereits zugestanden habe30. Ehegatten und nahe Angehörige seien nicht selten wesentlich an der Vermögensbildung beteiligt gewesen31. Darüber hinaus werde mit der Erbschaft eines Ehegatten und der Abkömmlinge des Erblassers in vielen Fällen die sittliche Pflicht verbunden, das Vermögen möglichst ungeschmälert an die weiteren Nachkommen weiterzugeben32. Die Bereicherung beim Erbfall entspreche zudem der Entreicherung beim Unterhalt und habe somit unterhaltsersetzende Funktion33. Mit dem Tod des Erblassers verliere die engere Familie – anders als entfernte Verwandte und Dritte, die keine wirtschaftliche Beziehung zum Erblasser unterhielten – in aller Regel auch Einnahmequellen und Versorgungsleistungen34.

Selbst wenn es zuträfe, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ehegatten durch einen Erbfall mit Rücksicht auf die genannten Saldierungseffekte in erheblich geringerem Umfang stiege, als es der nominale Wert des Erbes erwarten ließe, so dass der um den persönlichen Freibetrag reduzierte Wert des Nachlasses pauschalierter Ausdruck der tatsächlichen, geringeren Leistungserhöhung wäre, beanspruchten diese Erwägungen für Lebenspartner in gleicher Weise Geltung. Die unterschiedliche Berücksichtigung beim persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG a.F. zum Nachteil von Lebenspartnern lässt sich damit nicht rechtfertigen.

Eingetragene Lebenspartner leben wie Ehegatten in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft24. Auch sie partizipieren bereits zu Lebzeiten am Vermögen ihres eingetragenen Lebenspartners und erwarten, den gemeinsamen Lebensstandard im Falle des Todes eines Lebenspartners halten zu können. Nicht anders als ein Ehegatte wird auch ein eingetragener Lebenspartner sein Vermögen nicht nur für sich, sondern auch für seinen Lebenspartner und gegebenenfalls für seine in der Partnerschaft lebenden Kinder schaffen. Sofern dem Erhalt der Erbschaft durch den Freibetrag für Ehegatten nach § 16 ErbStG a.F. unterhaltsersetzende Funktion sowie eine Versorgungswirkung zukommt, ist zu berücksichtigen, dass der Erbschaft diese Funktion auch für Lebenspartner zukommt. Ihnen standen schon nach der für die Ausgangsverfahren maßgebenden Rechtslage Unterhaltsansprüche zu, die denjenigen von Ehegatten im Wesentlichen entsprachen. Nach § 5 Satz 1 LPartG a.F. waren die Lebenspartner einander zu „angemessenem Unterhalt“ verpflichtet. Die den Ehegattenunterhalt regelnden §§ 1360a, 1360b BGB waren und sind entsprechend anwendbar (§ 5 Satz 2 LPartG). Allein der Umstand, dass im Unterschied zu der für Ehegatten geltenden Regelung des § 1360 Satz 2 BGB die Haushaltsführung finanziellen Leistungen zunächst nicht ausdrücklich gleichgestellt war, rechtfertigt es nicht, nur der Erbschaft eines Ehegatten unterhaltsersetzende Funktion zuzubilligen. Schließlich ändert auch die Möglichkeit, dass der zuvor nicht erwerbstätige, unterhaltsberechtigte Lebenspartner im Fall einer Trennung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 LPartG a.F. auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden konnte, nichts am grundsätzlichen Bestehen eines Trennungsunterhaltsanspruchs und damit der kompensatorischen Funktion einer Erbschaft.

Das im Verfassungsrecht verankerte Familienprinzip gibt dem Erbschaftsteuerrecht Maß und Richtung und prägt auch die Ausgestaltung des persönlichen Freibetrags. Die Schlechterstellung der Lebenspartner gegenüber den Ehegatten im Erbschaftsteuerrecht in der Fassung nach dem Jahressteuergesetz 1997, wie hier beim persönlichen Freibetrag, vermag allerdings auch das Familienprinzip nicht zu rechtfertigen.

Ein Verwandtenerbrecht unter angemessener Beteiligung des Ehegatten entspricht deutscher Rechtstradition35. Sowohl das Erbrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch als auch das Erbschaftsteuerrecht räumen dem Ehegatten und den nahen Verwandten des Erblassers eine Sonderstellung ein. Im Zivilrecht kommt dies vor allem durch das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten (§ 1931 BGB), das – nach der Nähe des Begünstigten zum Erblasser ausgestaltete – gesetzliche Erbrecht der Verwandten des Erblassers (§§ 1924 ff. BGB) sowie dadurch zum Ausdruck, dass Ehegatten und engen Verwandten (Eltern und Abkömmlingen) des Erblassers Pflichtteilsansprüche (§ 2303 BGB) zustehen. Im Erbschaftsteuerrecht war und ist der steuerliche Zugriff bei Ehegatten und nahen Verwandten seit jeher durch Freibeträge und niedrige Steuersätze gemäßigt.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass Testierfreiheit und Verwandtenerbrecht zum grundlegenden Gehalt der Erbrechtsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gehören36. Daneben tritt der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG). Deshalb sieht das bestehende Erbschaftsteuerrecht auch das Familienprinzip als Grenze für das Maß der Steuerbelastung vor37. Daraus hat das Bundesverfassungsgericht geschlossen, dass die familiäre Verbundenheit der nächsten Angehörigen zum Erblasser erbschaftsteuerlich zu berücksichtigen ist38 und der steuerliche Zugriff bei Familienangehörigen, also insbesondere bei Ehegatten und Kindern, derart zu mäßigen ist, dass diesen der jeweils überkommene Nachlass zumindest zum deutlich überwiegenden Teil oder, bei kleineren Vermögen, völlig steuerfrei zugute kommt39. Das Schrifttum teilt ganz überwiegend dieses Verständnis von Verwandtenerbrecht und Erbrechtsgarantie, die ihren Niederschlag in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie in Art. 6 Abs. 1 GG finden und so das Erbrecht und das Erbschaftsteuerrecht anleiten40.

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Der Gesetzgeber hat zwar weder in § 16 ErbStG a.F. selbst noch in den Gesetzesmaterialien hierzu ausdrücklich das Familienprinzip als tragenden Grund für den Ehegatten vorbehaltenen umfänglichen Freibetrag angeführt. Die Ausgestaltung des persönlichen Freibetrags in § 16 ErbStG a.F., die Einteilung der Steuerklassen in § 15 ErbStG a.F. und die gestaffelten Steuersätze nach § 19 ErbStG a.F. lassen indes keinen Zweifel daran, dass für den Gesetzgeber das Familienprinzip maßgebende Bestimmungsgröße für das System des Erbschaftsteuerrechts war und ist41. Familiäre Nähe nach Maßgabe von Geburt und Heirat sind danach die entscheidenden Kriterien für die Staffelung der Freibeträge und Steuersätze. Gerade die in den Ausgangsverfahren maßgebliche Fassung des Erbschaftsteuergesetzes wurde in Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 geschaffen und sollte der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen, Ehegatten und Kindern zumindest den deutlich überwiegenden Teil des Nachlasses steuerfrei zugute kommen zu lassen42.

Die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten im Recht des persönlichen Freibetrags vermag das Familienprinzip allerdings nicht zu rechtfertigen.

Die Ehegatten zählen seit jeher und in der Sache unbestritten zu dem im Erbschaftsteuerrecht nach dem Familienprinzip erfassten und privilegierten Personenkreis. Sofern die innere Rechtfertigung für ihre durch das Familienprinzip gestärkte Teilhabe an der Erbrechtsgarantie und demzufolge an dem entsprechenden Schutz bei der Erbschaftsbesteuerung aus der auf dem Eheversprechen beruhenden Lebensgemeinschaft mit dem verstorbenen Ehepartner und der damit auf Dauer übernommenen, auch rechtlich verbindlichen Verantwortung für den Partner folgt, kann dies eine Privilegierung gegenüber dem überlebenden eingetragenen Lebenspartner jedoch nicht rechtfertigen. Denn in diesem Punkt unterscheiden sich eingetragene Lebenspartnerschaft und Ehe nicht. Beide sind auf Dauer angelegt, rechtlich verfestigt und begründen eine gegenseitige Einstandspflicht24.

Soweit zur Rechtfertigung der auf Art. 6 Abs. 1 GG gestützten Bevorzugung von Ehegatten im Erbschaftsteuerrecht darauf verwiesen wird, dass die persönliche Lebensgemeinschaft zwischen Ehegatten von der gemeinsamen Teilhabe an den wirtschaftlichen Grundlagen und den gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten gekennzeichnet sei43, gilt dies schon nach der für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Rechtslage in gleicher Weise auch für Lebenspartner.

Die Ungleichbehandlung ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass grundsätzlich nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen können und der Gesetzgeber unter Anknüpfung an das Familienprinzip eine möglichst ungeschmälerte Erhaltung kleiner und mittlerer Vermögen in der Generationenfolge erhalten möchte.

Die Ausgestaltung des Erbrechts wie auch des Erbschaftsteuerrechts zeigen, dass der Gesetzgeber die Weitergabe des in der Familie geschaffenen Vermögens in der Generationenfolge im Blick hat und fördert. Auch die vom Bundesverfassungsgericht aus der Verbindung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitete Forderung, dass bei den nächsten Familienangehörigen der jeweils auf sie überkommene Nachlass – je nach dessen Größe – zumindest zum deutlich überwiegenden Teil oder, bei kleineren Vermögen, völlig steuerfrei verbleiben müsse39, gewinnt ihre eigentliche Bedeutung und besondere Rechtfertigung durch den Bezug auf die Erbfolge in nächste Generationen. Gerade die mehrfache Belastung eines Nachlasses mit Erbschaftsteuer bei einer womöglich kurzfristigen Erbfolge über mehrere Generationen hinweg würde das Schutzziel des Familienprinzips infrage stellen, kleine und mittlere Vermögen als Grundlage der privaten Lebensgestaltung möglichst ungeschmälert in der Generationenfolge zu erhalten. Dem trägt das Erbschaftsteuerrecht neben den Freibeträgen auch durch eine Tarifermäßigung bei kurzfristiger mehrfacher Erbfolge innerhalb der Steuerklasse I Rechnung (§ 27 ErbStG). Die Weitergabe eines Familienvermögens nicht nur im nächsten Erbfall, sondern über mehrere Generationen hinweg ist vielfach zentrales Anliegen der Erblasser und prägt das Wesen des Erbrechts. Dies schließt nicht aus, dass die Erbfolge je nach familiären Gegebenheiten und ausgeübter Testierfreiheit des Erblassers auch in die Elterngeneration führen oder zugunsten Dritter ausgeübt werden kann. Der Gesetzgeber darf jedoch als Regelfall für die Austarierung des Erbschaftsteuersystems von der Weitergabe des Vermögens an die Folgegenerationen ausgehen.

In ihrer Eignung als Ausgangspunkt der Generationenfolge unterscheidet sich die Ehe grundsätzlich von der Lebenspartnerschaft. Da die Lebenspartnerschaft auf gleichgeschlechtliche Paare begrenzt ist, können aus einer solchen Beziehung grundsätzlich keine gemeinsamen Kinder hervorgehen. Demgegenüber ist die Ehe als Verbindung verschiedengeschlechtlicher Partner möglicher Ursprung einer eigenen Generationenfolge. Auch ist sie ungeachtet der den Ehepartnern allein überlassenen freien Entschließung für eine Elternschaft der durch vielfältige gesetzliche Ausgestaltung privilegierte Rechtsraum zur Familiengründung.

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Es kann dahinstehen, ob die bessere abstrakte Eignung der Ehe, Ausgangspunkt der Generationenfolge zu sein, höhere Freibeträge zugunsten von Ehegatten mit Blick auf die mögliche Weitervererbung des Familienvermögens an gemeinsame Kinder rechtfertigen kann. Sollte der Gesetzgeber diesem Gesichtspunkt in dem geltenden Steuerrecht überhaupt Beachtung geschenkt haben, so hat er dies jedenfalls mit einer Regelung getan, die diesen Ansatz nicht hinreichend umsetzt und daher auch nicht als Grundlage einer unterschiedlichen Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern herangezogen werden kann. Denn das geltende Recht macht – im Unterschied zu früheren Regelungen – die Privilegierung der Ehe nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig, sondern differenziert bei der Höhe des Freibetrages nicht zwischen kinderlosen Ehen und solchen, aus denen Kinder hervorgegangen sind. Der Gesetzgeber hat die Gewährung des persönlichen Freibetrages für Ehegatten nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vielmehr bereits mit der Erbschaftssteuerreform vom 17. April 1974 in Abkehr von der bis dahin geltenden Rechtslage nicht länger vom Vorhandensein von Kindern abhängig gemacht (vgl. BRDrucks 140/72, S. 70).

Für die Nichtberücksichtigung der Lebenspartner beim Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG a.F., der Ehegatten in Höhe von 256.000 € zugute kam, fehlt ebenfalls ein ausreichender Differenzierungsgrund.

Der Versorgungsfreibetrag wurde und wird Ehegatten und in geringerem Umfang auch Kindern voraussetzungslos gewährt. Er dient in erster Linie dazu, die unterschiedliche erbschaftsteuerrechtliche Behandlung von steuerbaren (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) und nicht steuerbaren Versorgungsbezügen auszugleichen (vgl. Meincke, a.a.O., § 17 ErbStG Rn. 1 f.). Indem der Kapitalwert der nicht der Erbschaftsteuer unterfallenden Versorgungsbezüge nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. von dem Versorgungsfreibetrag abgezogen wird, strebt das Gesetz eine mittelbare erbschaftsteuerrechtliche Gleichbehandlung mit den der Erbschaftsteuer unterfallenden Versorgungsbezügen an. Soweit danach keine solche Verrechnung stattfindet, wirkt der verbleibende Versorgungsfreibetrag im Ergebnis wie eine Erhöhung des persönlichen Freibetrags für Ehegatten und Kinder. Insofern soll der Versorgungsfreibetrag eine nicht ausreichende Versorgung des überlebenden Ehegatten mit steuerfreien Versorgungsbezügen kompensieren44.

In dem Umfang, in dem der Versorgungsfreibetrag die unterschiedliche erbschaftsteuerrechtliche Behandlung gesetzlicher und vertraglicher Versorgungsbezüge ausgleicht, lässt diese Zwecksetzung der Vorschrift keinen Raum für eine Differenzierung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft. Das gesetzgeberische Ziel, ansonsten bestehende Ungerechtigkeiten bei der erbschaftsteuerrechtlichen Behandlung von Versorgungsbezügen zu beseitigen, besitzt in gleicher Weise Gültigkeit für Ehegatten wie für Lebenspartner. Soweit der Versorgungsfreibetrag nicht durch Verrechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. aufgebraucht wird und damit im Ergebnis wie ein zusätzlicher persönlicher Freibetrag wirkt, gelten die im vorstehenden Abschnitt hierzu angestellten Erwägungen entsprechend.

Schließlich findet sich auch kein hinreichender Unterscheidungsgrund dafür, dass eingetragene Lebenspartner der Steuerklasse III mit den höchsten Steuersätzen, Ehegatten hingegen der Steuerklasse I mit den niedrigsten Steuersätzen zugewiesen werden (§ 15 Abs. 1, § 19 Abs. 1 ErbStG a.F.), zumal wenn man die gravierende Ungleichbehandlung bei den persönlichen Freibeträgen mit in den Blick nimmt.

Bei der Entscheidung darüber, wie viele Steuerklassen geschaffen und welche Steuersätze den Steuerklassen je nach Höhe des zu versteuernden Erbes zugewiesen werden, steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Auch bei der Zuordnung der Erben zu den einzelnen Steuerklassen verfügt der Gesetzgeber über einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum. Dabei hat er freilich das selbst gesetzte Prinzip der Besteuerung nach Verwandtschaftsnähe, das im Übrigen auch von dem in Art. 14 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verankerten Familienprinzip getragen wird, folgerichtig umzusetzen; er darf sich jedenfalls nicht in Widerspruch dazu setzen. Ordnet der Gesetzgeber Ehegatten und eingetragene Lebenspartner allerdings zwei unterschiedlichen Steuerklassen zu, obgleich beide Partnerbeziehungen, was ihre rechtlich verfestigte Lebensnähe zum Erblasser betrifft, in der Rechtsordnung einander weitgehend angeglichen sind, muss dies einer strengen Gleichheitsprüfung standhalten können. Denn es handelt sich um eine im Bereich der Erbrechtsgarantie wirkende Differenzierung nach Personengruppen, die zudem mit der sexuellen Orientierung der Betroffenen zusammenhängt.

Die Staffelung der Steuerklassen und Steuersätze dient dem Zweck, die Erbschaftsteuer nach Ehe und Verwandtschaftsnähe auf der einen und nach dem Nachlassvolumen auf der anderen Seite abzuschichten. Diese Regelung trägt dem erbrechtlichen Familienprinzip und dem steuerrechtlichen Grundsatz der Leistungsfähigkeit Rechnung. Für die unterschiedliche Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern bei den Steuersätzen gelten deshalb hinsichtlich eines tragfähigen Differenzierungsgrundes die gleichen Erwägungen, die bereits im Zusammenhang mit dem persönlichen Freibetrag angeführt wurden. Dafür spricht insbesondere auch, dass persönlicher Freibetrag und Steuersätze bei der Abstufung der tatsächlichen Steuerlast des Erben in enger Wechselwirkung stehen. Danach vermögen weder der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit noch allein die Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG und auch nicht das Familienprinzip die Unterschiede zwischen Ehegatten und Lebenspartner in den Steuersätzen zu rechtfertigen. Wie beim persönlichen Freibetrag so gilt auch hier, dass die Unterschiede zwischen der Ehe und der Lebenspartnerschaft im derzeitigen Regelungskonzept keine Schlechterstellung der Lebenspartner in der Steuerklasseneinteilung tragen.

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Geerbte Grundstücken im Betriebsvermögen - und die Nutzungsüberlassung an Dritte

Gleichstellung mit entfernten Verwandten[↑]

Da die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegenden und von den Beschwerdeführern mittelbar angegriffenen Bestimmungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung nach dem Jahressteuergesetz 1997 sich schon wegen der gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Benachteiligung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten als verfassungswidrig erweisen, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob darüber hinaus ein Gleichheitsverstoß darin begründet liegt, dass die Lebenspartner in diesen Bestimmungen beim persönlichen Freibetrag und bei den Steuersätzen entfernten Verwandten und Dritten gleichgestellt werden und damit wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07

  1. BFH, Beschlüsse vom 01.02.2007 – II R 43/05; und vom 20.06.2007 – II R 56/05[]
  2. BGBl I S. 378[]
  3. vgl. BVerfGE 79, 1, 17; 110, 412, 431; 121, 108, 119; 121, 317, 370[]
  4. vgl. BVerfGE 110, 412, 431; 112, 164, 174; 116, 164, 180; 121, 108, 119; 121, 317, 370[]
  5. vgl. BVerfGE 97, 169, 180 f.; 110, 274, 291; 117, 1, 30; 120, 1, 29; 121, 108, 119; 121, 317, 369[]
  6. vgl. BVerfGE 75, 108, 157; 101, 275, 291; 103, 310, 318; 105, 73, 111; 110, 412, 432; 121, 108, 119[]
  7. vgl. BVerfGE 93, 121, 136; 105, 73, 126; 107, 27, 47; 117, 1, 30; 120, 1, 29; 123, 1, 19[]
  8. vgl. BVerfGE 116, 164, 180 f.; 117, 1, 30; 121, 108, 119 f.[]
  9. vgl. BVerfGE 110, 274, 292; 117, 1, 30; 121, 108, 120[][]
  10. vgl. BVerfGE 99, 88, 95; 107, 27, 47; 117, 1, 31; 120, 1, 29[]
  11. vgl. BVerfGE 88, 87, 96; 98, 365, 389; 121, 317, 369[]
  12. vgl. BVerfGE 105, 73, 110 f.; 106, 166, 176; 112, 164, 174[]
  13. vgl. BVerfGE 55, 72, 89[]
  14. vgl. BVerfGE 82, 126, 146[]
  15. vgl. BVerfGE 55, 72, 88; 82, 126, 146; 87, 1, 36; 88, 5, 12; 100, 195, 205; 117, 272, 300 f.[]
  16. vgl. BVerfGE 93, 165, 172 ff.[]
  17. vgl. dazu im einzelnen BVerfGE 124, 199, 220 f., m.w.N.[]
  18. vgl. BVerfGE 124, 199, 221[]
  19. vgl. BVerfGE 124, 199, 222[][]
  20. vgl. BVerfGE 6, 55, 72; 55, 114, 126; 105, 313, 346[]
  21. vgl. BVerfGE 6, 55, 76; 28, 104, 113; 53, 224, 248; 76, 1, 41; 99, 216, 231 f.[]
  22. vgl. BVerfGE 6, 55, 76 f.; 105, 313, 348[]
  23. vgl. BVerfGE 117, 316, 328 f.[]
  24. vgl. BVerfGE 124, 199, 225[][][]
  25. vgl. BVerfGE 124, 199, 226[]
  26. vgl. BVerfGE 93, 165, 167; 117, 1, 33[]
  27. vgl. Breitenbach, Erbschaftsteuer, 1969, S. 31; Meincke, a.a.O., § 16 ErbStG Rn. 1; Oberhauser, in: Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, 3. Auflage 1980, S. 493; Oechsle, in: Wirtschafts- und Steuerordnung auf dem Prüfstand, Festschrift für Bayer, 1998, S. 242[]
  28. vgl. Breitenbach, a.a.O., S. 32; ähnlich Meincke, a.a.O., § 15 ErbStG Rn. 2[]
  29. vgl. Breitenbach, a.a.O., S. 31; Mönter, Zur Steuerreform: Die Erbschaftsteuer, 1972, S. 89, 95[]
  30. vgl. Breitenbach, a.a.O., S. 31; Mönter, a.a.O., S. 89[]
  31. vgl. Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, 1971, Band III, Abschnitt VII, S. 89[]
  32. vgl. Breitenbach, a.a.O., S. 32[]
  33. vgl. Breitenbach, a.a.O., S. 31 f.[]
  34. vgl. Oechsle, a.a.O., S. 242[]
  35. vgl. BVerfGE 91, 346, 359[]
  36. vgl. BVerfGE 93, 165, 173; sowie BVerfGE 67, 329, 341; 91, 346, 359; 112, 332, 349[]
  37. vgl. BVerfGE 93, 165, 174[]
  38. vgl. BVerfGE 97, 1, 7[]
  39. vgl. BVerfGE 93, 165, 174 f.[][]
  40. vgl. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 111; Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 25, 102 f.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 GG Rn. 301 ff. ; Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 69 ff.[]
  41. so bereits ausdrücklich BVerfGE 93, 165, 175 zu § 16 ErbStG in der Fassung des Jahres 1974[]
  42. vgl. BT-Drs. 13/4839, S. 38, 63 f., 70[]
  43. vgl. etwa Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 23[]
  44. vgl. BR-Drs. 140/72, S. 70 f.[]