Schenkungssteuerzahlung aus dem Betriebsvermögen

In der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer bleibt Betriebsvermögen gemäß § 13a ErbStG unter bestimmten Bedingungen unberücksichtigt. Eine der Bedingungen ist, dass der Betriebsinhaber während einer sogeannten Behaltensfrist von fünf (in bestimmten Fällen sieben) Jahren keine übermäßigen Entnahmen tätigt, § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. Die Grenze für die noch zulässigen Entnahmen liegt dabei heute bei 150.000 € über den ihm zuzurechnenden Einlagen und Gewinnanteile seit dem Erwerb, darüber hinausgehende, sogenannte Überentnahmen, führen zu einer Steuerpflicht auch des Betriebsvermögens bei der Erbschaftsteuer bwz. Schenkungsteuer.

Schenkungssteuerzahlung aus dem Betriebsvermögen

Hierzu entschied nun der Bundesfinanzhof, dass die Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a ErbStG auch dann wegen zu hoher Entnahmen aus dem Betriebsvermögen nachträglich (teilweise) entfällt, wenn die Entnahmen ausschließlich der Zahlung der durch den Erwerbsvorgang ausgelösten Erbschaft- oder Schenkungsteuer dienten. Mit anderen Worten: Die Steuervergünstigung erhält nur, wer (außerhalb des Betriebsvermögens) genug Vermögen hat oder erbt, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen.

In dem jetzt vom Bundesfinanzhof entschiedenen Rechtsstreit hatte ein Vater seiner Tochter einen Teil seines Kommanditanteils geschenkt. Das Finanzamt gewährte der Tochter zunächst die Vergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG. Diese zahlte die festgesetzte Schenkungsteuer unmittelbar vom Geschäftskonto der KG, was zu Überentnahmen i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG führte. Nachdem das Finanzamt diesen Umstand aufgeklärt hatte, versagte es rückwirkend anteilig die gewährten Steuervergünstigungen. Die Tochter vertrat dagegen die Auffassung, Überentnahmen zur Schenkungsteuertilgung seien mit Blick auf § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG unschädlich. Dieser Auffassung ist der Bundesfinanzhof, wie erstinstanzlich auch bereits das Finanzgericht Münster1, jedoch nicht gefolgt.

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Auf die Gründe, die zu einer Überentnahme führen, kommt es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht an, befreiungsschädlich ist grundsätzlich jede Überentnahme. Die Regelung des § 13a ABs. 5 ErbStG ist, so der Bundesfinanzhof ausdrücklich, nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt. Sinn der Vorschrift sei, dass die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG nur gewährt werden sollen, wenn und soweit der Betrieb in seinem Bestand fortgeführt wird. Dieser Zweck hindert den Gesetzgeber nicht, das begünstigte Betriebsvermögen schmälernde Entnahmen generell als begünstigungsschädlich zu begreifen, soweit sie den Freibetrag bzw. die Summe der Gewinne und Einlagen übersteigen. Darin liegt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs keine verfassungsrechtlich unzulässige Typisierung.

Nach § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil nach Abs. 1 und der verminderte Wertansatz nach Abs. 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb als Gesellschafter einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 100.000 DM übersteigen. Die Regelung stellt nicht auf die Gründe ab, die zu einer Entnahme führen; vielmehr soll jede Entnahme grundsätzlich befreiungsschädlich sein. Danach stellt die unmittelbar vom Geschäftskonto der B-GmbH erfolgte Zahlung der gegen die Klägerin festgesetzten Schenkungsteuer in Höhe von 2.248.191 DM eine innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb vorgenommene Entnahme der Klägerin dar. Diese übersteigt die Summe ihrer Einlagen und der ihr zuzurechnenden Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 100.000 DM.

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Der klare und eindeutige Wortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG lässt eine Einschränkung seines Anwendungsbereiches für den Fall einer Überentnahme zur Tilgung der für den Erwerb festgesetzten Schenkungsteuer weder mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift noch unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung zu2. Einer einschränkenden Auslegung steht deshalb die Gesetzesbindung der Steuerverwaltung und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 3 GG und für die Gerichte ergänzend Art. 97 Abs. 1 GG)) entgegen3.

§ 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist erst im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens und folglich ohne in einem Gesetzesentwurf ausformulierte Begründung in das Gesetz gelangt4. Der Norm liegt allerdings erkennbar die Vorstellung zugrunde, dass einmal in das Betriebsvermögen gelangtes begünstigtes Vermögen über den Umfang von Einlagen und Gewinnen hinaus nur bis zur Freigrenze – in Höhe von zum damaligen Zeitpunkt 100.000 DM – unschädlich wieder entnommen können werden soll. Die Norm erfasst damit zwar auch Fälle, in denen zunächst nach § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen durch Verlagerung in das Betriebsvermögen geschaffen und dieses dann alsbald nach dem Übertragungsvorgang und der Gewährung der in § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG geregelten Vergünstigungen wieder entnommen wird, allerdings beschränkt sich die Norm nicht auf derartige Missbrauchsfälle5. Vielmehr kommt es nach der Gesetzesformulierung alleine darauf an, ob das Betriebsvermögen nachträglich über das vom Gesetz als zulässig angesehene Maß hinaus geschmälert wird und damit dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steht.

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Ein Erfordernis zur teleologischen Reduktion des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ergibt sich, so der Bundesfinanzhof weiter in seinen Entscheidungsgründen, auch nicht mit Blick auf das generell von § 13a ErbStG verfolgte Entlastungsziel.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung des § 13a ErbStG von den Vorgaben leiten lassen, welche das BVerfG bereits in seinem Beschluss zur Erbschaftsteuer6 aufgestellt hat. Danach sei –so das BVerfG– der Gesetzgeber verpflichtet, bei der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen die durch Gemeinwohlbindungen und -verpflichtungen verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit der Betriebe zu berücksichtigen und die Belastung so zu bemessen, dass die Fortführung des Betriebes steuerlich nicht gefährdet werde7.

Diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber durch § 13a ErbStG nachgekommen, indem er sich grundsätzlich für die Gewährung von Steuervergünstigungen entschieden hat, wenn und soweit der Betrieb in seinem Bestand fortgeführt wird. Der Gleichheitssatz erfordert es indessen nicht, generell den „Vermögensbestand des Unternehmers“ zu schützen. Der Zweck des § 13a ErbStG hindert den Gesetzgeber nicht, das begünstigte Betriebsvermögen schmälernde Entnahmen generell als begünstigungsschädlich zu begreifen, soweit sie den Freibetrag bzw. die Summe der Gewinne und Einlagen übersteigen. Insoweit mindert sich zwar durch die Zahlung der Schenkungsteuer bezogen auf das Betriebsvermögen die steuerliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers, wenn er diesem die erforderlichen Mittel entnimmt. Dem Erwerber wird aber regelmäßig zugemutet, die Zahlung der gegen ihn persönlich festgesetzten Steuer aus seinen privaten Mitteln zu bestreiten bzw. einen Kredit aufzunehmen. Dies ergibt sich mittelbar bereits aus § 10 Abs. 8 ErbStG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 ErbStG, wonach die vom Erwerber zu entrichtende eigene Schenkungsteuer nicht abzugsfähig ist. Darüber hinaus folgt dies aber auch daraus, dass ansonsten Erwerber von Unternehmensvermögen unzulässig gegenüber sonstigen Erwerbern begünstigt würden, was vom verfassungsrechtlich zulässigen Differenzierungsgrund „Schutz der Betriebe“ nicht mehr gedeckt wäre8.

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In der nicht auf die Motive des Erwerbers abstellenden Ausgestaltung des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Typisierung zu erblicken. Der Gesetzgeber kann nämlich, soweit das steuerliche Massenverfahren Vereinfachungen benötigt, eine Gleichheit im Typus herstellen, die den Sachverhalt nur vergröbert erfasst9 oder steuerliche Belastungstatbestände pauschalierend regeln10. Dies hat erst dort seine Grenzen, wo im Hinblick auf den Belastungsgrund eine gleiche oder verhältnismäßige Besteuerung von Falltypen mit rechtserheblicher Ähnlichkeit nicht mehr erfolgt oder rechtserheblich unterschiedliche Falltypen gleich behandelt werden11. Das ist, so der Bundesfinanzhof, aus den zuvor genannten Gründen aber hier nicht der Fall.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. November 2009 – II R 63/08

  1. FG Münster, Urteil vom 21.08.2008 – 3 K 4920/06 Erb, EFG 2009, 278[]
  2. im Ergebnis ebenso R 65 Abs. 1 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 13a Rz 33; Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 13a Rz 153; Wachter in Fischer/Jüptner/ Pahlke, ErbStG, Kommentar, § 13a Rz 219; a.A. Crezelius, DB 1997, 1584, 1587; Hübner, Die Unternehmensbesteuerung 2009, 1, 10; ders., in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/ Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 13a ErbStG Rz 147; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rz 276; Söffing in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13a Rz 169[]
  3. vgl. zu § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 Alt. 3 ErbStG bereits BFH, Urteil vom 10.05.2006 – II R 71/04, BFHE 213, 118, BStBl II 2006, 602[]
  4. zur entsprechenden Kompetenz des Vermittlungsausschusses vgl. BVerfG, Urteil vom 07.12.1999 – 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297[]
  5. so aber Crezelius, DB 1997, 1584, 1587; wohl auch Christoffel in Christoffel/Geckle/ Harnischfeger/Hild/Pahlke/Weinmann, Erbschaftsteuergesetz, § 13a Rz 110[]
  6. BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995 – 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165[]
  7. vgl. auch BFH, Beschluss vom 22.05.2002 – II R 61/99, BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598[]
  8. vgl. dazu bereits BFH, Beschluss in BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598[]
  9. vgl. BVerfG, Urteil vom 09.04.1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264[]
  10. BVerfG, Beschluss vom 25.09.1992 – 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413[]
  11. BFH, Beschluss in BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598[]
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