Die Einwilligung in die Löschung eines dinglichen Wohnrechts unterliegt als freigiebige zuwendung zugunsten des mit dem Wohnrecht belasteten Grundstückseigentümers der Schenkungsteuer, entschied jetzt das Niedersächsische Finanzgericht.

Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. § 516 Abs. 1 BGB). In objektiver Hinsicht ist hierfür eine Vermögensverschiebung erforderlich, d. h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten1. Der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, muss sich nicht vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden haben und wesensgleich übergehen2.
In subjektiver Hinsicht verlangt eine freigebige Zuwendung, dass der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, die Zuwendung unentgeltlich oder teilunentgeltlich vorzunehmen. Dabei ist ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht („animus donandi“) nicht erforderlich. Der Wille zur Enentgeltlichkeit liegt vielmehr vor, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein, noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten3.
Der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes ist unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers oder in rechtlichem Zusammenhang mit einem Gemeinschaftszweck steht4. Dabei kommen als die Unentgeltlichkeit ausschließende und die Entgeltlichkeit begründende rechtliche Abhängigkeit Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrags als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht. Freiwillig eingegangene Leistungspflichten schließen die Unentgeltlichkeit nicht aus5.
Nach diesen Grundsätzen, so das Niedersächsische Finanzgericht, handelt es sich bei der Aufgabe des Wohnungsrechts durch die Vermächtnisnehmerin um eine freigebige Zuwendung zu Gunsten des Klägers. Auf der Seite der Zuwendenden ist eine Vermögensminderung eingetreten, weil die Lebensgefährtin des Erblassers durch die Aufgabeerklärung und die Löschung im Grundbuch ihres dinglichen Wohnungsrechts verlustig gegangen ist (§ 875 BGB). Ihr Vermögen ist durch Aufgabe dieses Rechts gemindert worden. Dem steht nicht entgegen, dass die Vermächtnisnehmerin als Berechtigte (§ 1093 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB) verpflichtet war, für die Erhaltung der Wohnung in ihrem wirtschaftlichen Bestande zu sorgen (§ 1093 Abs. 1 Satz 2, § 1041 BGB). Das Vermögen des Klägers ist dagegen durch die Aufgabe des Wohnungsrechts gemehrt worden. Der Kläger ist nunmehr berechtigt, die Lebensgefährtin seines verstorbenen Vaters von der Nutzung der Wohnung auszuschließen (vgl. § 903 BGB), die Wohnung selbst zu nutzen oder zu vermieten. Überdies hat das Grundstück für den Kläger insoweit eine Wertsteigerung erfahren, als er es ohne die in Abteilung II des Grundbuchs eingetragene beschränkt persönliche Dienstbarkeit6 veräußern kann.
Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 19. Februar 2010 – 3 K 293/09
- vgl. BFH, Urteile vom 06.03.1985 – II R 19/84, BFHE 143, 291, BStBl II 1985, 382; vom 07.11.2007 – II R 28/06, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 10.11.2004 – II R 44/02, BFHE 207, 260, BStBl II 2005, 188; und in BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258[↩]
- vgl. Nds. FG, Urteil vom 14.04.2004 – 3 K 198/02, EFG 2005, 289; Meincke, ErbStG, 15. Aufl., § 7, Rz. 9 ff.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 15.03.2007 – II R 5/04, BFHE 215, 540, BStBl II 2007, 472; vom 17.10.2007 – II R 53/07, BFHE 218, 409, BStBl II 2008, 256[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 218, 409, BStBl II 2008, 256, m. w. N.[↩]
- vgl. Palandt / Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1093, Rz. 1[↩]