Schenkungsteuer wegen Verzichts auf ein dingliches Wohnungsrecht

In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs1 ist bereits geklärt, dass der vorzeitige unentgeltliche Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht als Rechtsverzicht den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt.

Schenkungsteuer wegen Verzichts auf ein dingliches Wohnungsrecht

Für den unentgeltlichen Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht kann schon deshalb nichts anderes gelten, weil das dingliche Wohnungsrecht dem Nießbrauch ähnlich ist (vgl. § 1093 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das dingliche Wohnungsrecht entzieht dem Grundstückseigentümer auf Dauer das Nutzungsrecht an einem Gebäude bzw. Gebäudeteil. Es vermittelt dem Berechtigten eine gesicherte Rechtsposition, weil das Wohnungsrecht aufgrund seiner dinglichen Wirkung als beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1093 BGB) nicht nur den bewilligenden Grundstückseigentümer, sondern auch dessen Rechtsnachfolger bindet2. Der unentgeltliche Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht bewirkt eine Bereicherung des Grundstückseigentümers, weil dieser aufgrund des Verzichts von einer Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse befreit wird und sein Grundstückseigentum insoweit eine Wertsteigerung erfährt.

Ausdrücklich offen lässt der Bundesfinanzhof jedoch die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einräumung bzw. der Verzicht auf ein schuldrechtliches Wohnungsrecht als schenkungsteuerbar zu behandeln ist3, weil sich dieses in grundlegender Weise von einem dinglichen Wohnungsrecht unterscheidet.

Für das schuldrechtliche Wohnungsrecht hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs4 angenommen, dass die Verpflichtung zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung einer Wohnung auf Lebenszeit als Leihvertrag (§ 598 BGB) und nicht als Schenkung (§ 516 BGB) zu beurteilen ist; nur insoweit kommt auch § 517 BGB zum Tragen, wonach keine Schenkung vorliegt, wenn jemand zum Vorteil eines anderen einen Vermögenserwerb unterlässt.

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Die vorstehenden Rechtsgrundsätze können auf das auf anderen Rechtsgrundlagen beruhende dingliche Wohnungsrecht nicht angewendet werden. Schenkungsteuerrechtlich ist entscheidend, dass das lediglich schuldrechtliche Wohnungsrecht nicht die einem dinglichen Wohnungsrecht eigene dauerhafte Beschränkung der Eigentümerbefugnisse bewirkt.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23. Juni 2010 – II B 32/10

  1. BFH, Urteil vom 17.03.2004 – II R 3/01, BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429[]
  2. vgl. auch Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 28; Hofstetter, ZErb 1996, 17[]
  3. dazu z.B. Gebel in Troll/ Gebel/Jülicher, a.a.O., § 7 Rz 28[]
  4. BGH, Urteil vom 11.12.1981 – V ZR 247/80, BGHZ 82, 354; vgl. auch BFH, Urteil vom 29.11.1983 – VIII R 184/83, BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371[]