Die Begünstigung des § 13a ErbStG ist auch für treuhänderisch gehaltene Kommanditanteile zu gewähren. Der – anders lautende – Treuhand-Erlass der Finanzverwaltung findet nach einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts im Wortlaut des Gesetzes keine Grundlage. Damit kommen auch treuhänderisch gehaltene Kommanditanteile in den Genuss sowohl des Freibetrages wie auch des verminderten Wertansatzes nach § 13a ErbStG.

Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gelten der Freibetrag und der verminderte Wertansatz u. a. für inländisches Betriebsvermögen. Es ist umstritten, ob eine treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung als inländisches Betriebsvermögen einzuordnen ist:
- Die Finanzverwaltung in ihrem ersten Treuhand-Erlass [1] gehen davon aus, dass nicht ein Gesellschaftsanteil, sondern der zivilrechtliche Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder nach § 667 BGB auf Herausgabe des Kommanditanteils übergeht und deshalb kein begünstiges inländisches Betriebsvermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gegeben ist. Begründet wird dies damit, dass die wirtschaftliche Zuordnungsregelung des § 39 Abs. 2 AO im Erbschaftsteuerrecht keine Anwendung finde. Auch auf die ertragsteuerliche Zuordnung komme es nicht an. Vielmehr sei die zivilrechtliche Wertung maßgeblich, aufgrund deren es dem Erwerb bereits an der Betriebsvermögenseigenschaft fehle.
Etwas anderes soll nach einem neueren Erlass der Finanzverwaltung im dem – im vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Streitfall wegen entgegenstehender Regelungen der Gesellschaftsverträge und des Treuhandvertrages nicht gegebenen – Fall gelten, wenn die Treuhandschaft beim Tod des Treugebers endet und der Erbe unmittelbar in die Gesellschafterstellung des Treuhänders eintritt [2]. Zuwendungsgegenstand sei dann die Gesellschaftsbeteiligung und somit Betriebsvermögen.
- Die Gegenmeinung [3] vertritt die Auffassung, dass mit dem im Rahmen des Treuhandverhältnisses gehaltenen Kommanditanteil ein Mitunternehmeranteil und somit Betriebsvermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG übergehe. Der Begriff des Betriebsvermögens sei ertragsteuerlich zu bestimmen, da im Erbschaftsteuerrecht eine „verlängerte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz“ gelte. Der Ausschluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Erbschaftsteuerrecht sei nur für den Bereich des Privatvermögens, nicht auch für den Bereich des Betriebsvermögens von Bedeutung.
Diese Auffassung wird auch von der Finanzverwaltung in R 51 Abs.1 und Abs. 3 Satz 2 ErbStR vertreten.
- Eine vermittelnde Auffassung [4] geht davon aus, dass mit der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung zwar nur ein Herausgabeanspruch des Treugebers gegen den Treuhänder übergehe. Bei diesem Herausgabeanspruch handele es sich aber um einen einseitigen Sachleistungsanspruch, der – entsprechend der Einordnung in R 92 Abs. 2 ErbStR – als betriebliches Vermögen zu qualifizieren sei.
Das Niedersächsische Finanzgericht folgt in seinem Urteil nun der oben zitierten Gegenmeinung, nach der der Begriff des Betriebsvermögens in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen ist. Hiernach stellen die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar.
Nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gelten der Freibetrag und der verminderte Wertansatz u. a. für „inländisches Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG) beim Erwerb (…) eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG“. Die Vorschrift verweist zur Bestimmung des Begriffs „inländisches Betriebsvermögen“ nicht nur unmittelbar durch die Konkretisierung „im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG“, sondern auch mittelbar über § 12 Abs. 5 ErbStG auf die ertragsteuerlichen Grundsätze [5]. § 12 Abs. 5 ErbStG nimmt für die Bestimmung des „Betriebsvermögens“ Bezug auf § 95 ff. BewG. Nach § 95 Abs. 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG bilden einen Gewerbebetrieb insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die einer inländischen Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehören. Auch § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG verweist somit ausdrücklich auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und damit auf den ertragsteuerlichen Mitunternehmerbegriff [6], denn „Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG“ ist nach dieser Norm insbesondere die Kommanditgesellschaft und eine andere Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist.
Der Freibetrag und der verminderte Wertansatz des § 13a ErbStG sind damit aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift zu gewähren, wenn die Kläger im Hinblick auf die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren sind. Auf die zivilrechtliche Einordnung des Treuhandverhältnisses kommt es nicht an.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 28. Juli 2010 – 3 K 215/09
- z.B. Finanzministerium Bayern, Schreiben vom 14.06.2005, ZEV 2005, 341) und ein Teil des Schrifttums ((Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuergesetz. Kommentar, § 3 ErbStG Rz. 325 [Stand: Oktober 2005]; Weinmann in Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, § 10 ErbStG Rz. 9 [Stand: März 2010]; Noll in Spindler/Tipke/Rödder, Steuerzentrierte Rechtsberatung. Festschrift für Harald Schaumburg zum 65. Geburtstag, Köln 2009, S. S. 1034[↩]
- OFD Rheinland und Münster, Schreiben vom 30.03.2005, ZEV 2007, 295; Niedersächsisches Finanzministerium, Schreiben vom 09.09.2008 – S 3806–63-35 1[↩]
- Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Wachter, DStR 2005, 1844; Hübner, ZEV 2008, 255; von Oertzen ZEV 2005, 342; Jülicher, DStR 2001, 2180; Wälzholz, ZEV 2007, 369; Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749, letztere jeweils zur Unterbeteiligung[↩]
- Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, § 13b ErbStG n.F. Rz. 74 [Stand: Februar 2010][↩]
- vgl. Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Wälzholz, ZEV 2007, 369; Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749, letztere jeweils zur Unterbeteiligung[↩]
- vgl. Gürschnig/Stegner, Bewertungsgesetz. Kommentar, § 97 BewG Rn. 283 ff. [Stand: Oktober 2004]; Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Wachter, ZEV 2005, 1844[↩]