Verbindung und Trennung von Klageverfahren gegen Schenkungsteuerbescheide

Nach § 73 Abs. 1 FGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Die Trennung bzw. Verbindung von Verfahren ist grundsätzlich in jedem Verfahrensabschnitt, d.h. auch im Revisionsverfahren möglich1. Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts2.

Verbindung und Trennung von Klageverfahren gegen Schenkungsteuerbescheide

Das gemeinsame Verhandeln und Entscheiden mehrerer Klagen unterschiedlicher Kläger kommt wegen der auch das Gericht bindenden Verpflichtung, das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 AO), regelmäßig nur dann und insoweit in Betracht, als die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft (vgl. § 59 FGO i.V.m. §§ 59 ff. ZPO) gegeben sind. Die Streitgenossenschaft erfordert entweder, dass mehrere Kläger hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind (§ 59 ZPO) oder dass gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden (§ 60 ZPO). Für den Steuerprozess bedeutet dies, dass eine Verbindung von Klageverfahren unterschiedlicher Kläger grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn diese Kläger sämtlich jeweils an dem streitigen Steuerrechtsverhältnis oder dem Rechtsvorgang beteiligt sind, durch den der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann weder von einer Rechtsgemeinschaft noch von einer Gleichartigkeit von Ansprüchen oder Verpflichtungen gesprochen werden3.

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Werden unterschiedlichen Personen durch unterschiedliche Rechtsvorgänge (Schenkungen) unterschiedliche Gegenstände schenkweise zugewendet, kommt eine Verbindung von Klageverfahren, mit denen sich diese Personen gegen die Festsetzung von Schenkungsteuer wenden, selbst dann nicht in Betracht, wenn die Schenkungen in einem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Denn es handelt sich insoweit um unterschiedliche Steuerrechtsverhältnisse und unterschiedliche Rechtsvorgänge, an denen jeweils nur die einzelnen Kläger beteiligt sind4, und die, z.B. aufgrund von Vorschenkungen, bei den einzelnen Klägern zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen können.

Die Trennung der Verfahren ist auch wegen der kostenmäßigen Auswirkungen erforderlich. Bei einem einheitlichen Verfahren ist nach einem einheitlichen Streitwert die Kostenentscheidung einheitlich zu treffen. Nach §§ 31, 32 des Gerichtskostengesetzes besteht bei einer Mehrheit von Kostenschuldnern grundsätzlich eine gesamtschuldnerische Haftung für die Gerichtskosten5. Dies bedeutet, dass jeder Kläger für die nach dem Gesamtstreitwert zu berechnenden Gerichtskosten in voller Höhe einstehen muss und nur im Innenverhältnis einen Ausgleich bei den übrigen Klägern erlangen kann. Eine solche gesamtschuldnerische Haftung ist nur bei den Klägern zu rechtfertigen, die gemeinsam an dem Rechtsvorgang beteiligt sind, durch den der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann das Kostenrisiko des einen Klägers nicht dem anderen Kläger (mit) auferlegt werden.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17. Juli 2014 – II R 40/12

  1. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 73 Rz 20; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 73 FGO Rz 1[]
  2. Koch in Gräber, a.a.O., § 73 Rz 22; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 73 FGO Rz 6[]
  3. BFH, Beschlüsse vom 30.07.1997 – II R 33/95, BFHE 183, 36, BStBl II 1997, 626; und vom 04.03.2002 – II R 85/99, BFH/NV 2002, 1036[]
  4. BFH, Beschluss in BFH/NV 2002, 1036[]
  5. vgl. Ratschow in Gräber, a.a.O., § 135 Rz 24; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 135 FGO Rz 25[]
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