Schriftliche Steuerbescheide müssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Erforderlich ist u.a. die Bezeichnung der festgesetzten Steuer nach Art und Betrag (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO).

Mehrere Steuerfälle erfordern entweder eine Festsetzung in getrennten Steuerbescheiden oder -bei körperlicher Zusammenfassung in einem Schriftstück- die genaue Angabe, welche Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände) dem Steuerbescheid zugrunde liegen, sowie eine gesonderte Steuerfestsetzung für jeden einzelnen Lebenssachverhalt (Steuerfall). Es ist deshalb grundsätzlich unzulässig, bei mehreren Lebenssachverhalten die verschiedenen Steuerschulden desselben Steuerschuldners in einem Betrag unaufgegliedert zusammenzufassen. Die fehlende Angabe der besteuerten einzelnen Lebenssachverhalte oder die unzulässige unaufgegliederte Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid führt zur Nichtigkeit eines solchen Bescheids nach § 125 Abs. 1 AO.
Das Finanzamt kann sich jedoch in den Fällen, in denen ihm Zeitpunkt und Höhe der jeweiligen Einzelzuwendungen unbekannt geblieben sind, darauf beschränken, die Steuer unter Angabe des mutmaßlichen Zeitraums, in dem diese Zuwendungen vorgenommen wurden, nach einem einheitlichen (Schätz-)Betrag (§ 162 AO), der alle Zuwendungen umfassen soll, einheitlich festzusetzen. Ein solcher zusammenfassender Steuerbescheid ist ausnahmsweise inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO) und daher wirksam (§ 124 Abs. 3 AO). Als der für die Steuerentstehung maßgebliche Ausführungszeitpunkt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ist in diesen Fällen das Ende des im Bescheid angegebenen Zeitraums für die Einzelzuwendungen anzusehen1.
Die Einzelheiten der Zuwendungen gehören zu der von dem Schenker und dem Beschenkten beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre. Diesen obliegen insoweit Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 1 AO. Zeigen sie den Erwerb dem Finanzamt nicht an (§ 30 Abs. 1 und 2 ErbStG), machen sie auch keine entsprechenden Angaben im Rahmen der von ihnen angeforderten Steuererklärungen (§ 31 Abs. 1 und 2 ErbStG) und lässt sich der Zeitpunkt der einzelnen Zuwendungen durch das Finanzamt auch im Rahmen seiner Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 88 AO) nicht ermitteln, kann sich das Finanzamt ausnahmsweise damit begnügen, die Steuer unter Angabe des mutmaßlichen Zeitraums der Zuwendungen zusammenfassend festzusetzen, und dabei unterstellen, dass die Zuwendungen spätestens am Ende des angegebenen Zeitraums bewirkt wurden2. Mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entsteht bei Schenkungen unter Lebenden die Schenkungsteuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall bedeutete dies: Dem Finanzamt waren im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Steuerbescheide vom 21.02.2011 die Anzahl, die Zeitpunkte und die Höhe der Einzelzuwendungen unbekannt. Da die Schenkungen weder angezeigt noch entsprechende Steuererklärungen abgegeben wurden und das Finanzamt auch aus den Akten nicht die genauen Daten der Zahlungen ermitteln konnte, durfte es die Bemessungsgrundlage der Schenkungen schätzen und ausnahmsweise für jedes streitige Kalenderjahr zusammenfassende Steuerbescheide erlassen. Die Steuerbescheide sind deshalb inhaltlich hinreichend bestimmt und nicht nichtig.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 30. August 2017 – II R 46/15