Eine freigebige Zuwendung erfordert eine Minderung der Vermögenssubstanz bei dem Zuwendenden. Die Entreicherung fehlt, wenn der Zuwendende veranlasst, dass ein Dritter dem Empfänger unmittelbar einen Vorteil gewährt, ohne an dem Vermögen des Dritten ein Recht oder gegenüber dem Dritten einen Anspruch zu haben.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall gelang es der mit dem Zuwendungsempfänger bekannten A, einer angestellten Buchhalterin, im Zeitraum von September 2014 bis Februar 2015 von Konten ihres Arbeitgebers und konzernangehöriger Unternehmen Überweisungen zu veranlassen, für die es tatsächlich keine Geschäftsvorfälle gab. Das Geld wurde in der überwiegenden Zahl der Fälle unmittelbar auf Konten Dritter überwiesen, die der Zuwendungsempfänger der A zuvor benannt hatte. In einem Fall kam es zu einer Überweisung in Höhe von 17.500 € auf ihr eigenes Konto. Sie übergab dem Zuwendungsempfänger am 05.02.2015 das Geld in bar. Damit wollte A finanzielle Probleme des Zuwendungsempfängers lösen, die einer Eheschließung mit ihm entgegengestanden hätten. Er habe ihr versprochen, dass durch den späteren Verkauf eines Hauses Gelder frei würden, mit denen die Geldbeträge wieder zurückgeführt werden könnten.
Das Finanzamt ging davon aus, dass A dem Zuwendungsempfänger die Geldbeträge geschenkt habe, und erließ am 16.09.2015 insgesamt 17 Schenkungsteuerbescheide über jeweils gesonderte freigebige Zuwendungen der A an den Zuwendungsempfänger. In der Summe aller Bescheide setzte er unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 € Schenkungsteuer in Höhe von 61.620 € gegen den Zuwendungsempfänger fest. Das Finanzgericht Düsseldorf wies die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegte Klage ab1; nach Auffassung des Finanzgerichts hat sich A die Geldbeträge rechtswidrig angeeignet und wie eigenes Vermögen über sie verfügt. Dies gelte nicht nur für den Fall, in dem sie sich das Geld auf ihr eigenes Konto hat überweisen lassen, sondern auch in den Fällen, in denen das Geld direkt auf Konten Dritter überwiesen wurde. Die Zuwendungen erfüllten auch den subjektiven Tatbestand einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Insoweit genüge das Bewusstsein des Zuwendenden der Unentgeltlichkeit der Leistung. Die in Aussicht gestellte Eheschließung schließe die Unentgeltlichkeit nicht aus. Die versprochene Rückzahlung der Geldbeträge schließe im Verhältnis zu A die Unentgeltlichkeit ebenfalls nicht aus. Eine etwaige Rückzahlung der Geldbeträge wäre allenfalls dem Arbeitgeber der A zugutegekommen. Auf die Revision des Zuwendungsempfängers hob nun der Bundesfinanzhof das finanzgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt; die Überweisungen sind dem Grunde nach nicht schenkungsteuerpflichtig. Die Geldübergabe vom 05.02.2015 ist zumindest wegen Nichtüberschreitens des Freibetrags steuerfrei:
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Schenkungsteuer jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit. Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten. Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage2; dies gilt korrespondierend auch für die Entreicherung bei dem Leistenden. Die Vermögensverschiebung muss sich auf die Vermögenssubstanz (einschließlich der Überlassung eines Vermögensgegenstands zum Gebrauch oder zur Nutzung) beziehen. Die bloße Verminderung des Werts des Vermögens des „Schenkers“ genügt demgegenüber nicht3.
Wer veranlasst, dass ein Dritter dem Empfänger unmittelbar einen Vorteil gewährt, ohne an dem Vermögen des Dritten ein Recht oder gegenüber dem Dritten einen Anspruch zu haben, ist insoweit schenkungsteuerrechtlich nicht entreichert. Ein solcher Vorgang begründet zwischen dem Veranlassenden und dem Empfänger keine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dem Veranlassenden steht in einer solchen Konstellation weder eine dingliche Rechtsposition noch ein schuldrechtlicher Anspruch zu, der Gegenstand einer Vermögensverschiebung im vorbezeichneten Sinne sein könnte.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine freigebige Zuwendung im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Empfänger in Betracht kommt.
Da das Finanzgericht von anderen Grundsätzen ausgegangen ist und sich die Entscheidung auch nicht im Ergebnis als richtig erweist, ist sie aufzuheben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Zuwendungsempfänger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Soweit es die Überweisungen betrifft, ist A nicht entreichert. Sie hatte eine direkte Überweisung von den Konten ihres Arbeitgebers und der konzernangehörigen Unternehmen veranlasst. Sie hatte diese Gelder zu keinem Zeitpunkt in ihr eigenes Vermögen überführt und hatte auch gegenüber den jeweiligen Kontoinhabern keine Geldleistungsansprüche, die mit den Überweisungen hätten erfüllt werden können.
Eine Zuwendung der geschädigten Firmen an den Zuwendungsempfänger kommt ersichtlich mangels Zuwendungswillens nicht in Betracht.
Wie die Übergabe des Geldes vom 05.02.2015 -das sich zumindest im Besitz der A befand- schenkungsteuerrechtlich zu würdigen ist, kann dahinstehen. Das gilt auch für die Frage, ob bei dem Zuwendungsempfänger eine Bereicherung eingetreten ist. Sollte insoweit eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegen, wäre der steuerpflichtige Erwerb mangels Vorschenkungen (§ 14 ErbStG) steuerfrei, da der steuerpflichtige Erwerb in Höhe von 17.500 € den Freibetrag in Höhe von 20.000 € (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) nicht übersteigt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. November 2020 – II R 25/18
- FG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2017 – 4 K 1652/16 Erb, EFG 2018, 1911[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 27.08.2014 – II R 43/12, BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 37, m.w.N.; und vom 16.09.2020 – II R 33/19, BFH/NV 2021, 317, Rz 16, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 30.01.2013 – II R 38/11, BFHE 240, 287, BStBl II 2018, 656, Rz 16 bis 18, m.w.N.[↩]
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