Die Verböserung im Einspruchsverfahren ist grundsätzlich zulässig. Dies gitl auch für Ermessensentscheidungen wie der Festsetzung eines Verspätungszuschlags.

Gemäß § 367 Abs. 2 AO hat die Finanzbehörde im Einspruchsverfahren den Verwaltungsakt „in vollem Umfang erneut“ zu prüfen. Sie kann den Verwaltungsakt auch zum Nachteil des Einspruchsführers ändern, wenn der Einspruchsführer zuvor auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu äußern.
Für Einspruchsentscheidungen hinsichtlich einer Ermessensentscheidung gilt nichts anderes:
Die Rechtsbehelfsstelle hat eine eigenständige Ermessensentscheidung nach der sich im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen1.
Dies ergibt sich aus dem unterschiedlichen Prüfungsmaßstab einer Ermessensentscheidung für Gerichte in § 102 FGO (eingeschränkte Prüfung nur auf Ermessensfehler) und der Rechtsbehelfsstelle des Finanzamt im Einspruchsverfahren nach § 367 Abs. 2 AO (Überprüfung „im vollen Umfang“).
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. August 2015 – V R 2/15
- BFH, Beschluss vom 19.11.2007 – VIII B 30/07, BFH/NV 2008, 335; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 365 AO Rz 114; a.A. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.03.1998 – 3 K 2262/96[↩]