Für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen sind auch bei Prüfungsanordnungen die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung der Verwaltung gemäß § 102 FGO ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d.h. bezogen auf den Streitfall die Einspruchsentscheidung vom 12.03.20191. Dies gilt auch für Prüfungsanordnungen2 oder ihre Erweiterung3.
Gegenteiliges folgt nicht aus § 102 Satz 2 FGO und dem BFH, Urteil vom 27.11.20194. Soweit der Bundesfinanzhof dort in Rz 21 ausgeführt hat, dass eine Heilung der behördlichen Entscheidung bei fehlerhaftem Entschließungs- oder Auswahlermessen, Über- oder Unterschreitung des Ermessens sowie bei erheblichen Mängeln in der Sachverhaltsermittlung im Wege einer Ergänzung nach § 102 Satz 2 FGO, mithin im finanzgerichtlichen Verfahren, nicht mehr möglich ist, betrifft dies nicht die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung der Verwaltung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ist.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 3. August 2022 – XI R 32/19
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 23.11.2000 – III R 52/98, BFH/NV 2001, 882, unter 1.; vom 12.08.2009 – XI R 4/08, BFH/NV 2010, 393, unter II. 2.b; vom 14.12.2021 – VII R 14/19, BFH/NV 2022, 401, Rz 22; Drüen in Tipke/Kruse, § 5 AO Rz 77 und § 102 FGO Rz 7; Lange in HHSp, § 102 FGO Rz 61; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 102 Rz 13[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil in BFHE 235, 298, BStBl II 2012, 395, unter II. 1.d[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 01.08.1984 – I R 138/80, BFHE 142, 198, BStBl II 1985, 350, unter II. 1.b bb; vom 28.04.1988 – IV R 106/86, BFHE 153, 210, BStBl II 1988, 857, unter 4.; in BFHE 186, 506, BStBl II 1999, 7, unter II. 1.; BFH, Beschluss vom 27.10.2003 – III B 13/03, BFH/NV 2004, 312, unter 1.c[↩]
- BFH, Urteil vom 27.11.2019 – XI R 56/17, BFH/NV 2020, 775[↩]