Nach § 126 Abs. 4 FGO ist eine Revision zurückzuweisen, wenn die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig darstellt. Die Vorschrift ist im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision entsprechend anzuwenden [1].

Der Bundesfinanzhof folgt nicht den im Schrifttum hiergegen vorgetragenen Bedenken [2], denen zufolge die Revision bei Vorliegen eines Zulassungsgrundes ungeachtet der Erfolgsaussichten zuzulassen sei, andernfalls der Bundesfinanzhof in Beschlussbesetzung über Rechtsfragen entschiede, die grundsätzlich der Vollsenat zu entscheiden habe. Steht bereits im Beschwerdeverfahren aufgrund der ihrerseits nicht mit zulässigen und begründeten Zulassungsrügen angegriffenen Feststellungen des Finanzgericht zur Überzeugung des dort zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers fest, dass die Revision keine Erfolgsaussicht hat, so ist es bereits in den Maßstäben der einzelnen Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO angelegt, die Revision nicht zuzulassen. Über die Zulassungsgründe hat aber gerade dieser Spruchkörper zu befinden. Eine unzulässige Kompetenzverschiebung findet daher nicht statt.
Eine Rechtsfrage von etwaiger grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wäre in einem solchen Fall im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und deshalb nicht klärungsfähig [3]. Entsprechendes gilt für die Rechtsfortbildungsrevision i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 1 FGO, da sie ein Spezialfall der Grundsatzrevision ist. Bei der durch § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO erfassten Divergenz beurteilt sich zwar grundsätzlich die Frage der Entscheidungserheblichkeit der abweichend beantworteten Rechtsfrage nach der Rechtsauffassung des Finanzgericht. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO muss aber die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH „erfordern“. Eine Rechtsfrage, zu der im Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit außerhalb eines etwaigen obiter dictum überhaupt keine Aussagen möglich wären, verlangt eine Entscheidung des BFH im Allgemeininteresse nicht, und im Interesse der Beteiligten ‑einschließlich der Kosteninteressen- liegt die Durchführung eines Revisionsverfahrens und eine Entscheidung durch den BFH erst recht nicht, wenn das Finanzgericht, Urteil ohnehin im Ergebnis richtig ist. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schließlich knüpfen zwar ebenfalls für die Frage, ob die Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift auf ihnen beruhen kann, an die Rechtsauffassung des Finanzgericht an. Dieser Zulassungsgrund ist indes in erster Linie nicht von dem Allgemeininteresse, sondern dem Interesse der Beteiligten getragen, eine verfahrensrechtlich korrekte Grundlage für eine materiell-rechtlich richtige Entscheidung herbeizuführen. Bei Verfahrensfehlern, von denen bereits im Beschwerdeverfahren feststeht, dass sie sich auf die Entscheidung im Ergebnis nicht auswirken, ginge daher die Zulassung der Revision oder die Zurückverweisung nach § 116 Abs. 6 FGO über das Rechtsschutzbedürfnis des unterlegenen Beteiligten hinaus [4]. Damit gilt der Rechtsgedanke des § 126 Abs. 4 FGO im Rahmen aller Zulassungsgründe und kann allgemein im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Revision entsprechend angewandt werden.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18. Juni 2015 – X B 20/15
- vgl. dazu u.a. BFH, Beschlüsse vom 16.07.2008 – X B 25/08, BFH/NV 2008, 1673; vom 12.12 2011 – VIII B 83/11, BFH/NV 2012, 726; vom 20.02.2012 – III B 107/11, BFH/NV 2012, 987; vom 11.12 2013 – I B 174/12, BFH/NV 2014, 665; vom 25.06.2014 – VII B 210/13, BFH/NV 2014, 1714; vom 18.11.2014 – V B 54/14, BFH/NV 2015, 223; vom 06.02.2015 – IX B 97/14, BFH/NV 2015, 821[↩]
- vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 56[↩]
- zu diesem Aspekt ausdrücklich bereits der BFH, Beschluss in BFH/NV 2008, 1673[↩]
- ebenso im Ergebnis für diesen Zulassungsgrund Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 98[↩]
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