Fehler bei der Fristberechnung

Der Umstand, dass der für den Beginn einer Frist maßgebliche Tag bei der Bemessung der Monatsfrist „nicht mitgerechnet“ wird (§ 187 Abs. 1 BGB), bedeutet nicht, dass sich die Frist entsprechend verlängert. Ein Fehler bei der Fristberechnung durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten ist regelmäßig als fahrlässig einzustufen und stellt ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden dar.

Fehler bei der Fristberechnung

Dieser Entscheidung lag eine nach Ansicht des Bundesfinanzhofs verspätet eingegangene Revisionsbegründung zugrunde:

Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen.

Vorliegend wurde das angefochtene Urteil des Finanzgericht dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28.02.2022 zugestellt. Die Frist zur Begründung der Revision begann somit gemäß § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzesbuchs (BGB) mit Ablauf des 28.02.2022 (Montag) und endete nach § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 28.04.2022 (Donnerstag).

§ 188 Abs. 2 BGB bestimmt, dass eine nach Monaten bestimmte Frist im Falle des § 187 Abs. 1 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats endigt, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis (hier die Zustellung) fällt. Dass der für den Beginn einer Frist maßgebliche Tag bei der Bemessung der Monatsfrist „nicht mitgerechnet“ wird (§ 187 Abs. 1 BGB), bedeutet nicht, dass sich die Frist entsprechend verlängert1.

Weiterlesen:
Nichtzulassungsbeschwerde - und die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung

Die erst am 30.04.2022 beim BFH eingegangene Revisionsbegründung des Prozessbevollmächtigen der Klägerin war mithin verspätet. Insbesondere genügten die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf der noch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist eingegangenen Anlage nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO, wonach die Revisionsbegründung u.a. die Umstände bezeichnen muss, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Bei der Anmerkung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin handelt es sich indes nicht ansatzweise um eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils (hierzu s. z.B. BFH, Beschluss vom 05.05.2020 – XI R 33/19, Rz 17 f.).

Wiedereinsetzung nach § 56 FGO in die versäumte Revisionsbegründungsfrist ist der Klägerin nicht zu gewähren.

Wiedereinsetzung ist nach § 56 Abs. 1 FGO zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert war. Hiernach schließt jedes Verschulden -also auch einfache Fahrlässigkeit- die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus2. Der Beteiligte muss sich ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Ein Fehler bei der Fristberechnung durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten -wie im Streitfall- ist regelmäßig als fahrlässig einzustufen und stellt ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden dar. Denn die Berechnung einer Rechtsmittelfrist gehört zu den Aufgaben eines Prozessbevollmächtigten, die von ihm zuverlässig ausgeführt werden muss und bei der er hohe Sorgfaltsanforderungen walten lassen muss3.

Weiterlesen:
Willkürliche Ablehnung einer Besetzungsrüge

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 1. September 2022 – VI R 8/22

  1. BFH, Beschluss vom 18.12.1997 – X S 5/97, BFH/NV 1998, 725[]
  2. BFH, Beschluss vom 26.02.2014 – IX R 41/13, Rz 10[]
  3. BFH, Beschluss vom 26.02.2014 – IX R 41/13, Rz 11[]