Einer gegen die Versagung von finanzgerichtlichem Eilrechtsschutz gerichteten Verfassungsbeschwerde kann der Grundsatz der Subsidiarität entgegen stehen.

Nach dem Grundsatz der Subsidiarität aus § 90 Abs. 2 BVerfGG1 müssen vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um die jeweils geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen.
Werden mit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine fachgerichtliche Eilentscheidung ausschließlich Grundrechtsverletzungen gerügt, die sich auf die Hauptsache beziehen, bietet das Verfahren der Hauptsache regelmäßig die Chance, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen.
Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz kommen daher als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde regelmäßig nur in Betracht, soweit sie eine selbständige verfassungsrechtliche Beschwer enthalten, die sich nicht mit derjenigen durch die spätere Entscheidung in der Hauptsache deckt2.
Eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art.19 Abs. 4 GG ist ebenfalls nicht zu erkennen. Art.19 Abs. 4 GG garantiert zwar nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern beinhaltet auch die Effektivität des Rechtsschutzes3. Den Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz müssen die Gerichte auch bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den Eilrechtsschutz Rechnung tragen4. Doch garantiert das Grundgesetz die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen nicht schlechthin. Vielmehr können es überwiegende öffentliche Belange rechtfertigen, den Anspruch auf Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen rechtzeitig in die Wege zu leiten5. Dies hat das Finanzgericht hier angenommen, ohne dass die Beschwerdeführerin dem mit hinreichend konkretem Vortrag entgegengetreten wäre.
Eine Vorabentscheidung der Verfassungsbeschwerde wegen allgemeiner Bedeutung nach dem entsprechend anwendbaren § 90 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 BVerfGG war in dem hier entschiedenen Fall ebenfalls nicht angezeigt: Soweit nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin erkennbar, gehen mit der Verweisung auf den fachgerichtlichen Rechtsweg nur verhältnismäßig geringe Belastungen einher. So hat die Beschwerdeführerin nicht etwa bereits bei Erhalt der Prüfungsverfügungen nach dem Mindestlohngesetz eine Feststellungsklage erhoben6, sondern hierzu bislang nur einen Antrag in der Hauptsache angekündigt, diesen aber nicht begründet. Zudem trägt sie selbst vor, dass zahlreiche fachrechtliche und auch hier relevante Fragen des Mindestlohngesetzes ungeklärt sind. Auch das spricht dagegen, hier ausnahmsweise auf die im Regelfall im Sinne der Subsidiarität verfassungsgerichtlicher Entscheidungen prozessrechtlich geforderte Klärung solcher Fragen durch die dazu berufenen Fachgerichte zu verzichten7.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. September 2017 – 1 BvR 1928 – /17
- vgl. BVerfGE 107, 395, 414[↩]
- vgl. BVerfGE 77, 381, 400 f.; 79, 275, 278 f.; 104, 65, 70 f.; stRspr[↩]
- vgl. BVerfGE 93, 1, 13; stRspr[↩]
- vgl. BVerfGE 79, 69, 74[↩]
- vgl. BVerfGE 35, 382, 402[↩]
- vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 25.06.2015 – 1 BvR 555/15, www.bverfg.de, Rn. 11 ff.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.06.2015 – 1 BvR 555/15, www.bverfg.de, Rn. 14 ff.[↩]