Die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter stellt keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO und insbesondere keinen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 119 Nr. 1 FGO) dar, wenn das Finanzgericht von der ihm nach § 6 Abs. 1 FGO gegebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Rechtsstreit durch Beschluss des Bundesfinanzhofs dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zu übertragen.

Dieser Beschluss ist nach § 6 Abs. 4 Satz 1 FGO unanfechtbar. Eine fehlerhafte Anwendung des § 6 FGO kann deshalb regelmäßig nicht mit der Revision (§ 124 Abs. 2 FGO) und somit auch nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden1.
Die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 FGO für eine Übertragung des Rechtsstreits aufgeführten materiellen Voraussetzungen, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und keine grundsätzliche Bedeutung hat, sind dabei nicht als tatbestandliche Voraussetzungen für das Übertragungsermessen des Finanzgerichts, sondern lediglich als der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogene Leitlinien eines dem Finanzgericht eingeräumten Ermessens zu verstehen2.
Eine Besetzungsrüge mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO für eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter hätten nicht vorgelegen, kann deshalb nur ausnahmsweise Erfolg haben, so etwa dann, wenn sich die Übertragung auf den Einzelrichter als „greifbar gesetzeswidrig“ erweist. Dies ist eine Entscheidung aber nur dann, wenn sie mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist3.
Ein solcher Fall lag hier nicht vor: Die Klägerin vertrat zwar die Ansicht, der Streitfall sei von grundsätzlicher Bedeutung. Ihr Vortrag verdeutlichte jedoch nicht, dass die Übertragung auf den Einzelrichter offensichtlich gesetzwidrig bzw. willkürlich gewesen wäre.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 2. September 2022 – VI B 5/22
- BFH, Beschlüsse vom 12.10.2006 – VII B 326/05, BFH/NV 2007, 519; und vom 01.09.2016 – VI B 26/16, Rz 4[↩]
- BFH, Beschlüsse vom 21.10.1999 – VII R 15/99, BFHE 190, 47, BStBl II 2000, 88; und vom 21.11.2012 – II B 78/12, BFHE 238, 546, BStBl II 2013, 173[↩]
- s. BFH, Beschlüsse vom 28.01.2003 – VI B 75/02, BFH/NV 2003, 926; vom 21.12.2004 – II B 13/04, BFH/NV 2005, 897; vom 10.03.2005 – VI B 166/04, BFH/NV 2005, 1089; vom 11.01.2011 – VI B 60/10, Rz 13; und vom 12.12.2013 – III B 55/12, Rz 21[↩]