Gewerbliches Inkasso einer Steuerberatungsgesellschaft

Ein gewerbliches Inkasso einer Steuerberatungsgesellschaft ist grundsätzlich unzulässig. Einer Steuerberatungsgesellschaft ist eine gewerbliche Inkassotätigkeit grundsätzlich nicht gestattet. Sie kann ihr allenfalls durch eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 StBerG gestattet werden. Erklärt die Steuerberatungsgesellschaft eine solche Tätigkeit zum Gegenstand ihres Unternehmens, ohne eine Ausnahmegenehmigung zu besitzen, kann die Steuerberaterkammer ihre Anerkennung widerrufen. Sie muss nicht abwarten, ob die Tätigkeit tatsächlich aufgenommen oder eine Ausnahmegenehmigung doch noch erteilt wird.

Gewerbliches Inkasso einer Steuerberatungsgesellschaft

Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG hat die Steuerberaterkammer die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft zu widerrufen, wenn Voraussetzungen für die Anerkennung der Gesellschaft nachträglich fortfallen. Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft -z.B. durch Satzungsänderung- Tätigkeiten zu ihrem Unternehmensgegenstand bestimmt, denen nachzugehen einem Steuerberater und dementsprechend gemäß § 72 Abs. 1 StBerG auch einer Steuerberatungsgesellschaft nach § 57 Abs. 2 Satz 1 StBerG nicht gestattet ist, insbesondere wenn diese gewerbliche Tätigkeiten i.S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG sind. Die Steuerberaterkammer muss in diesem Fall nicht etwa abwarten, ob die Steuerberatungsgesellschaft die von ihr bekundete Absicht, unzulässige Tätigkeiten aufzunehmen, auch tatsächlich verwirklicht. Ebenso wie die Bekundung einer solchen Absicht die Anerkennung der Gesellschaft ausschlösse, rechtfertigt sie den Widerruf einer bereits ausgesprochenen Anerkennung. Es ist auch -anders als die Steuerberatungsgesellschaft geltend machen will- nicht unverhältnismäßig, der Ankündigung vorsätzlicher Missachtung des Berufsrechts nicht bloß mit einem „Tätigkeitsverbot“ oder -wie die Steuerberatungsgesellschaft anregt- einer „Auflage“ entgegenzutreten.

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Die Steuerberatungsgesellschaft hat durch die 2009 beschlossene und im Handelsregister eingetragene Ergänzung ihrer Satzung die Absicht zum Ausdruck gebracht, eine gewerbliche Inkassotätigkeit -neben der bisher geleisteten Hilfe in Steuersachen- aufzunehmen. Ungeachtet des Wortlauts der damals beschlossenen Satzungsänderung steht dies für den Bundesfinanzhof aufgrund der vom Finanzgericht vorgenommenen tatsächlichen Würdigung gemäß § 118 Abs. 2 FGO fest. Eine solche gewerbliche Tätigkeit ist nach der bereits angeführten Vorschrift des Steuerberatungsgesetzes grundsätzlich unzulässig. § 64 Abs. 2 StBerG ändert daran nichts, wie bereits das Finanzgericht eingehend und zutreffend dargelegt hat. Denn § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG erklärt zwar die Übertragung von Gebührenforderungen zur Einziehung an eine Steuerberatungsgesellschaft -auch ohne Zustimmung des Mandanten- für zulässig. Es bedarf aber keiner näheren Ausführung, dass damit nichts darüber gesagt ist, ob es dem Zessionar berufsrechtlich gestattet ist, den Erwerb solcher Forderungen bzw. den Auftrag zu einem Inkasso zum Gegenstand eines von ihm betriebenen Gewerbes zu machen.

Wenn die Steuerberatungsgesellschaft demgegenüber den bemerkenswerten Einwand meint erheben zu können, diesbezügliche Verstöße gegen das Berufsrecht könnten ohnehin nicht kontrolliert werden und die Abgrenzung zwischen einem erlaubten und einem verbotenen gewerblichen Inkasso sei fließend, argumentiert sie zumindest in Unkenntnis der umfangreichen Rechtsprechung (auch) des Bundesfinanzhofs zu den Merkmalen einer gewerblichen Tätigkeit.

Das grundsätzliche Verbot einer gewerblichen (Neben-)Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft ist auch nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der Gesellschaft gemäß § 57 Abs. 4 StBerG eine solche Tätigkeit gestattet werden kann, wenn eine Prüfung der Steuerberaterkammer ergibt, dass keine Bedenken gegen die Aufnahme einer solchen Tätigkeit bestehen. Selbst wenn es aus der Sicht eines geänderten Verständnisses der Berufsfreiheit auf dem Gebiet der Steuerberatung ausreichend erscheinen sollte, eine gewerbliche Nebentätigkeit grundsätzlich zu gestatten und nur im Einzelfall bei konkreten Gefahren für die Steuerberatung zu verbieten, muss die bestehende gesetzliche Regelung gleichwohl verfassungsrechtlich hingenommen werden, wenn der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, der auch in diesem Zusammenhang besteht, hinreichend berücksichtigt wird. Denn diese Regelung bedeutet lediglich -wenn die für die Anwendung des § 57 Abs. 4 StBerG maßgeblichen Entscheidungskriterien so definiert werden, wie es die Steuerberatungsgesellschaft unter Berufung auf die Entscheidung des BVerfG in HFR 2013, 1058 für geboten hält-, dass der Steuerberaterkammer zur Abwehr von Gefahren für die Steuerberatung ein vorgängiges Prüfungs- und Entscheidungsrecht eingeräumt wird, ob die beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit mit den Aufgaben einer Steuerberatungsgesellschaft vereinbar ist. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt wäre nur zu beanstanden, wenn eine Unvereinbarkeit von vornherein auszuschließen oder allenfalls ausnahmsweise zu gewärtigen wäre, wovon keine Rede sein kann und was sich auch der vorgenannten Entscheidung des BVerfG nicht entnehmen lässt.

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Dass die zum Gegenstand ihres Unternehmens gemachte gewerbliche Inkassotätigkeit der Steuerberatungsgesellschaft nicht gestattet ist, steht aufgrund der zwischen den Beteiligten ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 20121 rechtskräftig fest. Die umfangreichen Ausführungen der Steuerberatungsgesellschaft, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht richtig entschieden habe, sind deshalb unbeachtlich. Es bedarf aufgrund der Rechtskraft der Entscheidung auch keiner Erörterung der Frage, ob der Bundesfinanzhof in dem vorliegenden Verfahren prüfen und darüber entscheiden könnte, ob der Steuerberatungsgesellschaft eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen ist, oder ob dies einer gesonderten, gegebenenfalls vor den Verwaltungsgerichten zu erstreitenden Entscheidung der Steuerberaterkammer vorbehalten ist, wie das BVerwG in der eben angeführten Entscheidung erkannt hat2.

Ob die Steuerberatungsgesellschaft aufgrund ihres 2011 erneut gestellten Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 StBerG eine solche erhalten kann oder erhalten wird und ob der Bundesfinanzhof grundsätzlich in einem Verfahren wegen des Widerrufs der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft inzident prüfen kann, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung erfüllt sind, ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung, weshalb auch die von der Steuerberatungsgesellschaft angeregte Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht kommt. Wie sich § 118 Abs. 2 FGO entnehmen lässt und den allgemeinen Grundsätzen des Revisionsrechts entspricht, ist neues tatsächliches Vorbringen in einem Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zu hören. Deshalb kann ein -wie hier- erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, also vor dem Finanzgericht, vorgetragener Sachverhalt wie die erneute Antragstellung nach § 57 Abs. 4 StBerG bzw. die zur Vorbereitung dieses Antrags von der Steuerberatungsgesellschaft vorgenommene personelle Entflechtung bei der vom Bundesfinanzhof zu treffenden Revisionsentscheidung nicht berücksichtigt werden.

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Der Widerruf der Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil diese Aussicht haben mag, eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 StBerG doch noch zu erhalten. Wer eine Tätigkeit zum Gegenstand seines Unternehmens erklärt, für die er eine Ausnahmegenehmigung benötigt, aber (wenigstens noch) nicht besitzt, handelt, wie ausgeführt, gesetzwidrig. Das mag die Steuerberaterkammer möglicherweise vorübergehend dulden können, sie überschreitet aber nicht die Grenzen, die der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ihrem Handeln setzt, wenn sie die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge verhängt -das Gesetz räumt ihr insofern ein Widerrufs-„Ermessen“ überhaupt nicht ein-, und die Bestellung bzw. die Anerkennung widerruft. Eine ernstzunehmende rechtliche Begründung dafür, weshalb die Steuerberaterkammer ein solches Verhalten sollte tolerieren müssen, vermag der Bundesfinanzhof weder dem Vorbringen der Revision zu entnehmen noch sonst zu erkennen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Januar 2014 – VII R 26/10

  1. BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 – 8 C 26.11, NJW 2013, 327[]
  2. vgl. jedoch BFH, Beschluss vom 29.11.2011 – VII B 110/09, BFH/NV 2012, 797[]