Sowohl Feststellungsbescheide nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO als auch die Bescheide zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO (hier: § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG) sind nicht an die Personengesellschaft selbst, sondern an die an ihr beteiligten Gesellschafter (Mitunternehmer) zu richten. Ein Feststellungsbescheid, der dies nicht beachtet, ist nichtig (ständige Rechtsprechung).

Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 179 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 AO sind die einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte sowie die mit ihnen im Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerrechtlich zuzurechnen sind. Da weder das Einkommensteuergesetz noch das Körperschaftsteuergesetz eine Steuerpflicht der Personengesellschaft kennt, gehören zu den einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften nur die Gewinnanteile, die in der Person der Gesellschafter steuerpflichtig sind; aus dem festzustellenden Gewinn sind deshalb die im Inland nicht steuerbaren oder steuerbefreiten Einkünfte auszuscheiden1. Die hiervon betroffenen Einkünfte sind jedoch nach § 180 Abs. 5 AO in entsprechender Anwendung des § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO festzustellen, wenn die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten Personen von Bedeutung sind. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt, der in formeller Hinsicht entweder selbständig oder in Verbindung mit den nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu treffenden Regelungen erlassen werden kann2. In die Feststellungen nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO sind nicht nur die nach dem jeweiligen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu befreienden und auf Antrag des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung des Gesamtbetrags abziehbaren Verluste i.S. von § 2a Abs. 3 EStG 1997 einzubeziehen; Gegenstand der Feststellungen ist -als „andere Besteuerungsgrundlage“ i.S. von § 180 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO- auch der Hinzurechnungstatbestand gemäß § 2a Abs. 4 EStG 1997 n.F.3.
Selbst dann, wenn die gemeinschaftlichen Einkünfte von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft, d.h. von den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit erzielt werden, sind die vorgenannten Feststellungsbescheide nicht an die Personengesellschaft selbst, sondern an die Gesellschafter (Mitunternehmer) zu richten, denen nach den unmissverständlichen Vorgaben des § 179 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AO der Besteuerungsgegenstand (gemeinschaftliche Einkünfte) als -nach dem Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetz- Steuerpflichtige (Beteiligte) zuzurechnen ist und denen gegenüber die getroffenen Feststellungen nach § 182 Abs. 1 AO Bindungswirkung entfalten4. Wird dies außer Acht gelassen und ergeht der Bescheid gegenüber der Personengesellschaft als Inhaltsadressatin, leidet die Verfügung nicht nur an einem Bekanntgabemangel; vielmehr fehlt es an den den Feststellungsbescheid charakterisierenden und konstituierenden Regelungen, aus dessen Gesamtinhalt zu entnehmen sein muss, gegenüber welchen einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Personen (Gesellschafter) Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und wie hoch die individuellen Anteile der Feststellungsbeteiligten an diesen Einkünften sind. Ein solcher Bescheid ist deshalb (unheilbar) unwirksam und damit nichtig5.
Eine Ausnahme finden die vorgenannten Grundsätze bei sog. zweistufigen (mehrstufigen) Beteiligungen von Personengesellschaften. Ist beispielsweise eine Oberpersonengesellschaft als Kommanditistin an der Unterpersonengesellschaft beteiligt, so ist in materieller Hinsicht die Oberpersonengesellschaft nach der Rechtsprechung des BFH Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft6. Hieraus ergibt sich des Weiteren, dass ein zweistufiges Feststellungsverfahren durchzuführen ist, nach dem die auf der Stufe der Unterpersonengesellschaft erzielten Einkünfte gegenüber deren Gesellschaftern -einschließlich der nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Oberpersonengesellschaft (Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft)- als Inhaltsadressatin festgestellt werden (erste Feststellungsstufe) und der hiernach auf die Oberpersonengesellschaft entfallende Ergebnisanteil mit nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO bindender Wirkung auf der zweiten Feststellungsstufe in die gegenüber den Gesellschaftern der Oberpersonengesellschaft zu treffenden Einkünftefeststellungen eingeht7. In ein solches zweistufiges Feststellungsverfahren sind grundsätzlich auch die Gewinne oder Verluste aus Beteiligungen inländischer Personengesellschaften an ausländischen Personengesellschaften einzubeziehen8; in den Anwendungsbereich dieses gestuften Verfahrens fallen nicht nur die im Inland einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte, sondern darüber hinaus auch die nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO zu treffenden Feststellungen über die nach dem jeweiligen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreiten Einkünften sowie die hiermit zusammenhängenden Besteuerungsgrundlagen9.
Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO ein Feststellungsverfahren nicht durchzuführen ist, wenn nur eine der an den Einkünften beteiligten Personen im Inland einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtig ist. Entsprechend dem Sinn und Zweck der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist die Regelung des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO bei doppelstöckigen Personengesellschaften analog anzuwenden. Ein Feststellungsverfahren auf der Stufe der ausländischen Unterpersonengesellschaft ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung ausgeschlossen, wenn an ihr zwar eine inländische (Ober-)Personengesellschaft mit mehreren im Inland einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaftern, daneben aber (an der Unterpersonengesellschaft) keine weiteren im Inland steuerpflichtigen Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind10. Folge hiervon ist, dass der Erlass gestufter Feststellungsbescheide entfällt und nur gegenüber den Gesellschaftern der inländischen Oberpersonengesellschaft ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Deren anteilige (ausländischen) Beteiligungseinkünfte sind dann -ohne Bindung an ein vorgelagertes Feststellungsverfahren- aus den Gewinnermittlungsunterlagen der ausländischen Gesellschaft zu bestimmen; maßgeblich hierfür ist das inländische materielle Recht11.
Soweit der Bundesfinanzhof12 entschieden hat, dass Bescheide, mit denen die im Rahmen einer ausländischen Personengesellschaft erzielten Einkünfte festgestellt werden, gegen die Personengesellschaft selbst zu richten sind, hält der Senat hieran aus den vorgenannten Gründen nicht mehr fest13; im Übrigen betrifft das anhängige Verfahren nicht eine ausländische, sondern eine inländische Personengesellschaft, für die der BFH in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht und deshalb auch nicht fraglich sein konnte, dass die Feststellungen an die beteiligten Gesellschafter zu richten sind.
Der Inhaltsadressat eines Feststellungsbescheids ist nach dessen Gesamtinhalt zu bestimmen. Deshalb ist es ausreichend, wenn im Adressfeld eines Bescheids nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO nur die Personengesellschaft genannt wird, aus den übrigen Regelungen des Bescheids aber erkennbar ist, gegenüber welchen einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Personen die Besteuerungsgrundlagen in welcher Höhe festgestellt werden14.
Bundesfinanzhof – Urteil vom 24. Juli 2013 – I R 57/11
- BFH, Beschluss vom 13.05.2013 – I R 39/11, BFHE 241, 1, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 04.04.2007 – I R 110/05, BFHE 217, 535, BStBl II 2007, 521; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz 102, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 28.11.2007 – I R 25/07, BFH/NV 2008, 1097[↩]
- BFH, Beschluss in BFHE 241, 1[↩]
- ständige Rechtsprechung; BFH, Urteil vom 28.03.1979 – I R 219/78, BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718; BFH, Urteil vom 26.03.1991 – VIII R 210/85, BFH/NV 1992, 73; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 179 AO Rz 150, 159 ff., m.w.N.; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 179 AO Rz 5, 11; Klein/Ratschow, AO, 11. Aufl., § 179 Rz 19[↩]
- BFH, Beschluss vom 25.02.1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691; BFH, Urteil vom 06.09.2000 – IV R 69/99, BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731; a.A. Schmidt/Wacker, § 15 Rz 612, m.w.N.: Transparenzgedanke[↩]
- Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 179 AO Rz 152, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 09.07.2003 – I R 5/03, BFH/NV 2004, 1; BFH, Beschluss vom 26.04.2005 – I B 159/04, BFH/NV 2005, 1560[↩]
- BFH, Urteil vom 04.03.2009 – I R 58/07, BFH/NV 2009, 1953; BFH, Beschluss in BFH/NV 2005, 1560[↩]
- BFH, Urteil vom 09.12 2010 – I R 49/09, BFHE 232, 145, BStBl II 2011, 482, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 04.11.2003 – VIII R 38/01, BFH/NV 2004, 1372; BFH, Urteil vom 18.09.1996 – I R 69/95, BFH/NV 1997, 408[↩]
- BFH, Urteil vom 24.04.2007 – I R 33/06, BFH/NV 2007, 2236; vgl. auch Urteil in BFH/NV 2009, 1953[↩]
- bereits bisher ablehnend Dremel in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, Rz 26.28; Stahl, Internationale Steuer-Rundschau 2013, 210; vgl. auch Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 02.01.2008, BStBl I 2008, 26, zuletzt geändert durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23.07.2013, BStBl I 2013, 933, Nr.02.05.1 zu § 122 AO[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718; BFH, Urteil vom 06.12 1983 – VIII R 203/81, BFHE 140, 22, BStBl II 1984, 318[↩]