Die Klageerhebung unter Verwendung eines Falschnamens ist unzulässig, da die Identität des Klägers nicht feststeht. Es genügt nicht, dass sich eine Klage, die von einer Person unter einem Falschnamen erhoben worden ist, zweifelsfrei der Person zuordnen lässt, die den Falschnamen benutzt und dass gerichtliche Schreiben der mit dem Falschnamen bezeichneten Person tatsächlich zugehen.

Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO müssen der Kläger und der Beklagte in der Klage bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um eine Sachentscheidungsvoraussetzung1. Ob die Voraussetzungen für ein Sachurteil des Finanzgericht vorlagen, hat der Bundesfinanzhof (BFH) von Amts wegen zu prüfen2.
Auf welche Weise der Kläger zu bezeichnen ist, regelt § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht ausdrücklich.
Rückschlüsse auf die erforderlichen Angaben lassen sich aus der Bedeutung der Klage für das finanzgerichtliche Verfahren ziehen. Mit Einreichung der Klageschrift verleiht der Kläger seinem auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer hoheitlichen Maßnahme gerichteten Rechtschutzbegehren Ausdruck und setzt ein gerichtliches Verfahren in Gang, bei dem an der Rechtsfindung -anders als im Zivilprozess- auch ein öffentliches Interesse besteht und das daher vom Untersuchungsgrundsatz geprägt ist. Zur Vorbereitung seiner Entscheidung obliegt dem Finanzgericht gemäß § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FGO die Pflicht, den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten so vollständig wie möglich aufzuklären. Die Bezeichnung der Beteiligten in der Klageschrift ist daher nicht nur für die zweifelsfreie Identifizierung der Prozessbeteiligten und die eindeutige Fixierung des Prozessverhältnisses, sondern auch für eine ordnungsgemäße und sachgerechte Prozessführung von Bedeutung3. Bei natürlichen Personen ist im Regelfall neben der Angabe der Adresse auch die des Familiennamens und des Vornamens erforderlich4. Die Bezeichnung muss so bestimmt sein, dass jeder Zweifel an der Person des Klägers ausgeschlossen ist5.
Auch der Bundesgerichtshof verlangt im Zivilprozess, ausgehend von § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wonach die Klageschrift u.a. die Bezeichnung der Parteien enthalten muss, und von § 130 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 253 Abs. 4 ZPO, wonach eine Bezeichnung der Parteien durch Name, Stand oder Gewerbe und Wohnort erfolgen soll, in der Regel die Angabe des Namens der Partei. Voraussetzung einer im Ausnahmefall entbehrlichen Namensnennung ist, dass die Partei ohne Angabe ihres Namens so klar bezeichnet wird, dass keine Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen können und sie sich aus der Parteibezeichnung für jeden Dritten ermitteln lässt6.
Davon zu unterscheiden ist die Benutzung eines Künstlernamens (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5 des Bundesmeldegesetzes), denn als Künstlername ist ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen geführt wird und dort anstelle des Familiennamens die Identität und Individualität der Person ausdrückt7. Ein Künstlername tritt somit zum bürgerlichen Namen hinzu und ersetzt diesen im Bereich der künstlerischen Betätigung. Er ermöglicht die Feststellung des bürgerlichen Namens.
In dem Beschluss in NJW-RR 2018, 1460 beanstandete der BGH, dass Ungewissheit nicht nur über den richtigen Namen einer Person bestand, sondern auch über deren Identität. Die Identität einer Person wird nicht nur durch den von ihr verwendeten Namen definiert, sondern durch weitere Elemente wie Geburtsname, Tag und Ort der Geburt, Geburtsland, Anschrift sowie Staatsangehörigkeit (vgl. nunmehr § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen). Steht die wahre Identität eines Klägers wegen der Verwendung eines Falschnamens nicht fest, ist er nicht i.S. von § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO bezeichnet. Es genügt somit nicht, dass sich eine Klage, die von einer Person unter einem Falschnamen erhoben worden ist, zweifelsfrei der Person zuordnen lässt, die den Falschnamen benutzt, und dass gerichtliche Schreiben der mit dem Falschnamen bezeichneten Person tatsächlich zugehen.
Im vorliegenden Verfahren bedeutete dies: Nach den Angaben der Klägerin im Revisionsverfahren hat sie die Klage unter dem Falschnamen erhoben, mit dem sie in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war. Da sie über ihre Identität getäuscht hatte, war die zweifelsfreie Identifizierung der Person der Klägerin nicht möglich.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Februar 2021 – III R 5/19
- Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, Vor §§ 33 bis 34 FGO Rz 19; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, § 65 Rz 4[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 13.05.2015 – III R 8/14, BFHE 249, 422, BStBl II 2015, 844, Rz 27 zur Klagefrist; Brandis in Tipke/Kruse, § 65 FGO Rz 1; Gräber/Herbert, a.a.O., Vor § 33 Rz 16, und Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 45 und 68[↩]
- BFH, Urteil vom 28.01.1997 – VII R 33/96, BFH/NV 1997, 585, unter 2.a[↩]
- Schallmoser in HHSp, § 65 FGO Rz 41 und 44; Paetsch in Gosch, FGO § 65 Rz 21; Gräber/Herbert, a.a.O., § 65 Rz 14 und 15; Brandis in Tipke/Kruse, § 65 FGO Rz 7; Pahlke in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 65 FGO Rz 26[↩]
- BFH, Urteil vom 11.04.1991 – V R 86/85, BFHE 164, 219, BStBl II 1991, 729, unter B.02.[↩]
- BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – VI ZB 34/17, NJW-RR 2018, 1460, Rz 7, m.w.N.[↩]
- VG Hannover, Urteil vom 27.03.2018 – 10 A 10810/17, Rz 25[↩]