Klagebegehren und Klageanträge

Der Gegenstand der Klage richtet sich nach dem Klagebegehren. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Der im finanzgerichtlichen Verfahren zu stellende Klageantrag (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist eine prozessuale Willenserklärung, die der Auslegung zugänglich ist.

Klagebegehren und Klageanträge

Prozesserklärungen sind wie sonstige Willenserklärungen auslegungsfähig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen (§ 133 BGB). Dabei sind alle dem Finanzgericht und dem Finanzamt bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen1. Die Auslegung einer Prozesserklärung darf nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der (verkörperten) Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen. Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es jedoch nicht entscheidend an, sondern auf den gesamten Inhalt der Willenserklärung2. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Klägers entspricht3.

In der Auslegung prozessualer Willenserklärungen, die im erstinstanzlichen Klageverfahren abgegeben worden sind, ist das Revisionsgericht frei; es ist insoweit nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die Auslegung durch die Vorinstanz gebunden4.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. November 2014 – IV R 47/11

  1. BFH, Urteil vom 27.06.1996 – IV R 61/95, BFH/NV 1997, 232, m.w.N.[]
  2. ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 16.10.2013 – IX B 73/13, BFH/NV 2014, 178, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteil vom 29.04.2009 – X R 35/08, BFH/NV 2009, 1777, m.w.N.[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 23.02.2012 – IV R 32/09, BFH/NV 2012, 1479, m.w.N.; BFH, Beschluss vom 08.10.2012 – I B 76, 77/12, BFH/NV 2013, 219, m.w.N.[]
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