Die Frage, ob eine Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der Kostenerstattung nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO Entschädigung für den Zeitaufwand verlangen kann, der ihr durch die Teilnahme eines Mitarbeiters an einem gerichtlichen Termin entstanden ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.
Teilweise wird dies mit der Begründung abgelehnt, bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handele es sich insoweit um steuerfinanzierte Vorhaltekosten, die nicht auf den Prozessgegner abgewälzt werden könnten.
Nach anderer Auffassung soll § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch auf Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts uneingeschränkt anwendbar sein, weil für eine abweichende Behandlung kein Raum sei. Eine Behörde oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts könne daher für die durch eine Terminswahrnehmung durch einen gesetzlichen Vertreter oder einen sonstigen Beauftragten entstandene Zeitversäumnis Verdienstausfall nach § 22 JVEG verlangen.
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs1 haben dagegen juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigung für die Zeitversäumnis wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch einen Bediensteten (§ 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO, §§ 19 ff. JVEG).
Letzterer Auffassung ist für die beim BFH erstinstanzlich geführten Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer zu folgen, wenn ein Bundesland durch Justizorgane des öffentlichen Dienstes vertreten wird.
Die geltend gemachte Zeitversäumnis des Vertreters des Landes Brandenburg, hier des Vizepräsidenten des Finanzgericht Berlin-Brandenburg infolge der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung beim BFH in München, ist daher nicht erstattungsfähig2.
Bundesfinanzhof – Entscheidung vom 6. Juli 2015 – X K 5/13