Nachtragsverteilung etwaiger Steuererstattungsansprüche – und die Rückforderung von Erstattungszinsen

Die Festsetzung der Erstattungszinsen gegenüber der Treuhänderin nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist unwirksam, wenn das Insolvenzgericht die Nachtragsverteilung nur hinsichtlich „etwaiger Steuererstattungsansprüche“ angeordnet hat.

Nachtragsverteilung etwaiger Steuererstattungsansprüche – und die Rückforderung von Erstattungszinsen

Weder bei der Festsetzung von Erstattungszinsen gemäß § 233a AO noch bei deren Zahlung handelt es sich um einen Steuererstattungsanspruch, der von der durch das Amtsgericht angeordneten Nachtragsverteilung erfasst wird.

Das Finanzamt kann die an die Treuhänderin (zu Unrecht) ausgezahlten Erstattungszinsen daher nicht von ihr als Treuhänderin im Rahmen der Nachtragsverteilung zurückverlangen. Der den Insolvenzgläubigern aufgrund der Nachtragsverteilung zustehende Steuererstattungsanspruch wird weder durch einen Anspruch auf Erstattungszinsen erhöht noch können zu Unrecht an die Treuhänderin ausgezahlte Erstattungszinsen den Anspruch der Insolvenzgläubiger mindern. Der Steuererstattungsanspruch steht der Treuhänderin nicht als eigene Forderung, sondern lediglich in ihrer Funktion als Treuhänderin zu.

Die vom Finanzamt ausgezahlten Erstattungszinsen konnte die Treuhänderin hingegen nicht in ihrer Funktion als Treuhänderin über das Vermögen des Insolvenzschuldners im Rahmen der Nachtragsverteilung vereinnahmen. Dies gilt unabhängig davon, dass das Finanzamt die Erstattungszinsen an die Treuhänderin in ihrer Eigenschaft als Treuhänderin gezahlt hat. Denn die unrichtige Vorstellung des Finanzamt vom Umfang der von ihr als Treuhänderin im Rahmen der Nachtragsverteilung zu verwaltenden Insolvenzmasse macht einen tatsächlich nicht zur Insolvenzmasse gehörenden Anspruch nicht zum Gegenstand der Insolvenzmasse. Die Entgegennahme der Erstattungszinsen für den (vormaligen) Insolvenzschuldner war indessen nicht von der beschränkten Wirkung der durch das AG angeordneten Nachtragsverteilung erfasst. Bei den Erstattungszinsen handelte es sich nicht -wie bereits dargelegt – um einen Steuererstattungsanspruch, sondern um eine steuerliche Nebenleistung.

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Das Finanzamt kann die an die Treuhänderin zu Unrecht ausgezahlten Erstattungszinsen daher nur von ihr persönlich, aber nicht in ihrer Eigenschaft als Treuhänderin zurückfordern. Insoweit bestehen bei der Treuhänderin unterschiedliche Vermögensbereiche. Die von der Treuhänderin im Rahmen der Nachtragsverteilung vereinnahmten Steuererstattungsansprüche unterliegen dem Insolvenzbeschlag und einer besonderen treuhänderischen Zweckbindung. Durch sie sollen die Forderungen der Insolvenzgläubiger gegen den Insolvenzschuldner befriedigt werden. Dies gilt aber nicht für Leistungen, die die Treuhänderin -wie die Erstattungszinsen im Streitfall- außerhalb ihrer Stellung als Treuhänderin bezogen hat. Es wäre mit dem Ziel der Nachtragsverteilung, eine (weitere) Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu erreichen, unvereinbar, falls die Insolvenzmasse durch die Aufrechnung mit Forderungen vermindert werden könnte, die die Treuhänderin außerhalb ihrer Stellung als Treuhänderin schuldig geworden ist. Auch zivilrechtlich kann bei offener Treuhand mit Forderungen gegen den Treuhänder nicht aufgerechnet werden1.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Februar 2021 – VI R 37/18

  1. Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 80. Aufl., § 387 Rz 6, m.w.N.[]