Für den Erlass eines Abrechnungsbescheids ist die Finanzbehörde zuständig, die den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, um dessen Verwirklichung gestritten wird, festgesetzt hat. Nachträgliche Änderungen der die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung begründenden Umstände –wie z.B. ein Wohnsitzwechsel des Steuerpflichtigen– führen nicht zu einem Wechsel jener Zuständigkeit.

Nach § 218 Abs. 2 AO wird über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Verwaltungsakt (sog. Abrechnungsbescheid) entschieden; dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch betrifft, der nach § 37 Abs. 1 AO ebenfalls ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist. Gegenstand des Abrechnungsbescheids ist die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens reiner Zahlungsansprüche; er entscheidet, inwieweit bestimmte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder durch einen der in § 47 AO aufgeführten Erlöschenstatbestände ganz oder teilweise erloschen sind, und zwar nur, soweit dies im Streit ist1.
Diese Entscheidung durch Abrechnungsbescheid trifft nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO „die Finanzbehörde“, und zwar diejenige, die den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, um dessen Verwirklichung gestritten wird, festgesetzt hat2. Im Streitfall wäre daher der vom Kläger geltend gemachte Anspruch, durch Abrechnungsbescheid festzustellen, dass die Erstattungsansprüche der Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 nicht durch Zahlung an den Insolvenzschuldner erloschen sind, gegen das Finanzamt F zu richten, aus dessen Steuerfestsetzungen sich diese Erstattungsansprüche ergeben.
Anders als das beklagte Finanzamt meint, ist die danach bestehende Zuständigkeit des Finanzamt F, die Erstattungsansprüche der Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 „abzurechnen“, d.h. über die streitige Frage des Fortbestehens oder Erlöschens dieser Ansprüche durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden, nicht gemäß §§ 19, 26 AO durch den Wohnsitzwechsel des Insolvenzschuldners auf das beklagte Finanzamt übergegangen. Diese Vorschriften betreffen wie der Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 AO zeigt- die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörden für die „Besteuerung“, deren Durchführung im Vierten Teil der Abgabenordnung (§§ 134 ff. AO) geregelt ist; sie regeln somit nicht die Zuständigkeit der Finanzbehörden im Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO). Fände § 26 AO neben der Besteuerung auch auf die übrigen Verfahren der AO Anwendung, bedürfte es im Übrigen der den Zuständigkeitswechsel im Einspruchsverfahren regelnden Vorschrift des § 367 Abs. 1 Satz 2 AO nicht.
Sollte es zutreffen wie der Kläger geltend macht, dass die Erstattungsansprüche der Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 weiter bestehen und nicht durch Zahlung erloschen sind, wäre das Finanzamt F nach wie vor Schuldner der Steuererstattungen, da der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung gemäß § 26 AO nicht zu einer Rechtsnachfolge unter den Finanzbehörden führt. Dementsprechend muss auch das Finanzamt F diejenige Finanzbehörde i.S. des § 218 Abs. 2 AO sein, die in Gestalt des Abrechnungsbescheids einen feststellenden Verwaltungsakt über das Bestehen oder Nichtbestehen der streitigen Ansprüche erlässt. Insoweit einen möglichen Zuständigkeitswechsel gemäß § 26 AO anzunehmen, führte wie der Streitfall zeigt- zu dem kaum vertretbaren Ergebnis, dass die Finanzbehörde eines Bundeslandes über die Zahlungsverpflichtungen der Finanzbehörde eines anderen Bundeslandes entscheidet.
Da wie ausgeführt- Gegenstand des Abrechnungsbescheids die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens von Zahlungsansprüchen (entweder der den Abrechnungsbescheid erlassenden Finanzbehörde oder des Steuerpflichtigen gegen diese Behörde) ist, ist der im Streitfall angefochtene Abrechnungsbescheid vom 04.12.2007 dahin zu verstehen, dass er in seinem feststellenden Ergebnis eine noch offene Steuererstattungsschuld des beklagten Finanzamt verneint. Mit diesem Ergebnis erweist sich der angefochtene Abrechnungsbescheid als rechtmäßig, weil allenfalls das Finanzamt F, nicht aber das beklagte Finanzamt dem Kläger Steuererstattungen aus den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 schuldet. Dass das beklagte Finanzamt den Abrechnungsbescheid anders begründet hat und sogar meint, dass ein solcher Erstattungsanspruch des Klägers generell nicht bestehe, ist für die Frage, ob der Abrechnungsbescheid rechtmäßig ist, ohne Bedeutung. Das rechtliche Ergebnis des angefochtenen Abrechnungsbescheids, nämlich die Feststellung, dass das beklagte Finanzamt dem Kläger keine Zahlungen aus den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 schuldet, ist zutreffend.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.7.2011, VII R 69/10