Rechtliches Gehör – und die Bezugnahme des Finanzgerichts auf die Einspruchsentscheidung

Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Finanzgericht, die Beteiligten über den Verfahrensstoff zu informieren, ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, ihre Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern ihres Vorbringens auseinanderzusetzen. Die Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet jedoch nicht, dass das Finanzgericht den Kläger „erhören“, sich also seinen rechtlichen Ansichten anschließen müsste1.

Rechtliches Gehör – und die Bezugnahme des Finanzgerichts auf  die Einspruchsentscheidung

Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht bereits darin zu sehen, dass das Finanzgericht von der ihm durch § 105 Abs. 5 FGO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen und sich die in der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2013 enthaltene Begründung des Finanzamt zu eigen gemacht hat.

Die Vorschrift dient der Entlastung der Gerichte, sofern ihr Zweck, den Beteiligten Kenntnis davon zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Verhältnissen oder rechtlichen Erwägungen die Entscheidung beruht, ohne Nachteil für den Rechtsschutz der Kläger auch durch Bezugnahme auf bereits vorliegende Verwaltungsentscheidungen erreicht werden kann2. Eine Urteilsbegründung, die über die Feststellung, dass das Finanzgericht der Verwaltungsentscheidung folgt, hinausgeht, ist in diesen Fällen nicht erforderlich3. Die gebotene verfassungskonforme Anwendung des § 105 Abs. 5 FGO setzt allerdings voraus, dass das Gericht wegen des Anspruchs des Rechtsschutzsuchenden auf rechtliches Gehör auf dessen wesentliches neues Vorbringen im Klageverfahren eingeht4.

Weiterlesen:
Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 5. Mai 2014 – III B 125/13

  1. z.B. BFH, Beschluss vom 26.11.2007 – VIII B 121/07, BFH/NV 2008, 397[]
  2. BFH, Beschluss vom 10.11.2006 – XI B 147/05, BFH/NV 2007, 267, m.w.N.[]
  3. BFH, Beschluss vom 20.11.2003 – III B 88/02, BFH/NV 2004, 517[]
  4. ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20.05.1994 – VI R 10/94, BFHE 174, 391, BStBl II 1994, 707; und vom 23.04.1998 – IV R 30/97, BFHE 186, 120, BStBl II 1998, 626; BFH, Beschluss in BFH/NV 2007, 267, m.w.N.[]