Ohne Mitwirkung des Prozessvertreters kann eine Revision beim Bundesfinanzhof nicht wirksam zurückgenommen werden.

Wirksam ist eine Revisionsrücknahme i.S. des § 125 Abs. 1 Satz 1 FGO nur, wenn diese Erklärung vom Prozessbevollmächtigten abgegeben wird. Denn § 62 Abs. 4 Satz 1 FGO sieht vor dem Bundesfinanzhof die Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten vor. Dieser Vertretungszwang ist umfassend und besteht für alle Prozesshandlungen.
Ausnahmen hiervon lässt der Wortlaut des § 62 Abs. 4 FGO nicht zu. Der BFH schränkt den Vertretungszwang allerdings für Prozesshandlungen ein, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können1.
Zwar hat der BFH im zeitlichen Anwendungsbereich der Regelung des § 62a FGO a.F. (und entsprechend nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -BFHEntlG-) die Rücknahme der Revision ohne Mitwirkung2 und sogar gegen den Willen des Prozessbevollmächtigten3 für wirksam erachtet. Für eine solche erweiterte Auslegung des § 62 Abs. 4 FGO besteht indes kein Raum.
Denn § 62 Abs. 4 FGO macht jedenfalls für den Fall der Rücknahme einer vom Prozessbevollmächtigten eingelegten Revision keine Ausnahme4. Schließlich kann, soweit eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten gesetzlich vorgeschrieben ist und die Revision auch wirksam durch einen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist, der Kläger persönlich keine wirksame Prozesserklärung mehr abgeben5.
Auch spricht die Gesetzesbegründung zum gleichzeitig geänderten § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung für diese wortlautgetreue Anwendung der Norm. So wollte der Gesetzgeber weitreichende Prozesserklärungen wie Erledigungserklärungen und Rechtsmittelrücknahmen entgegen der insoweit der BFH-Rechtsprechung zu § 62a FGO a.F. bzw. Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich in den Vertretungszwang einschließen6. Für die entsprechenden Verfahren vor dem BFH kann deshalb nichts anderes gelten7.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. Mai 2017 – X R 4/17
- vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 17.11.2011 – X E 1/11, BFH/NV 2012, 428: Erinnerung gegen Kostenansatz[↩]
- vgl. nur BFH, Urteil vom 06.04.1999 – XI R 85/98, BFH/NV 1999, 1244[↩]
- BFH, Urteil vom 17.02.1981 – VII R 14/80, BFHE 132, 400, BStBl II 1981, 395[↩]
- so wohl auch Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 125 FGO Rz 19[↩]
- ebenso Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 125 Rz 5[↩]
- BT-Drs. 16/3655, 97[↩]
- ebenso Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 62 FGO Rz 45; Spindler in HHSp, § 62 FGO Rz 106[↩]