Zuständigkeitsmängel hindern die Unterbrechungswirkung einer Ermittlungsmaßnahme nicht. Ob die Finanzbehörde, welche die Maßnahme durchgeführt hat, örtlich zuständig war, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung.

Die Unterbrechungshandlung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO stellt einen Realakt dar1. Ob die Finanzbehörde, welche die Maßnahme durchgeführt hat, örtlich zuständig war, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung2.
Denn es ist gerade bei unbekanntem Wohnsitz oder Aufenthalt nicht möglich, das zuständige Finanzamt vorab zu ermitteln. Dass eine Finanzbehörde hier nicht willkürlich tätig wird und nicht irgendeine beliebige Finanzbehörde die Verjährung unterbrechen kann, wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal erreicht, dass die Maßnahme auf die Realisierung eines konkreten Anspruchs, dessen Verjährung unterbrochen werden soll, gerichtet sein muss.
Auch die Tatsache, dass die richtige Anschrift des Steuerschuldners in der Datenbank des BZSt gespeichert war, führt nicht zu einer Kenntnis der den Fall bearbeitenden Dienststelle. Zwar sind dieser auch sämtliche Informationen, die dem Bearbeiter von vorgesetzten Dienststellen über ein elektronisches Informationssystem zur Verfügung gestellt werden, bekannt, ohne dass es insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ankommt3. Beim BZSt handelt es sich aber, wie dargelegt, nicht um eine dem Finanzamt vorgesetzte Stelle; das Finanzamt ist in die Organisationsstruktur des Landes eingegliedert, das BZSt in die des Bundes.
Somit waren dem Finanzamt im Zeitpunkt der Online-Datenanfrage beim BZSt sowohl der Wohnsitz als auch der Aufenthalt des Steuerschuldners unbekannt. Im elektronischen Informationssystem der Finanzverwaltung war zum Zeitpunkt der BZSt-Online-Anfrage die richtige Adresse des Steuerschuldners nicht vermerkt und abrufbar. Aus Sicht der Sachbearbeiterin F gab es aufgrund der zahlreichen Postretouren mit dem Vermerk „unbekannt“ hinreichenden Anlass für die Online-Datenanfrage beim BZSt. Es handelte sich mithin um die ernst gemeinte Ermittlung eines unbekannten Wohnsitzes.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21. Dezember 2021 – VII R 21/19
- vgl. zur Zahlungsaufforderung bereits BFH, Urteil vom 28.11.2006 – VII R 3/06, BFHE 216, 4, BStBl II 2009, 575; vgl. ferner Heuermann in HHSp, § 231 AO Rz 5; Loose in Tipke/Kruse, § 231 AO Rz 4[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 13.08.1981 – IV R 72/77, BFHE 134, 6, BStBl II 1981, 787; anderer Auffassung Heuermann in HHSp, § 231 AO Rz 7[↩]
- BFH, Urteil vom 18.08.2015 – VII R 24/13, BFHE 250, 499, BStBl II 2016, 255, Rz 15, m.w.N., und BFH, Urteil in BFH/NV 2020, 1233, Rz 18[↩]
Bildnachweis:
- Finanzamt: planet_fox | CC0 1.0 Universal