Für den Beginn einer Außenprüfung genügt die Durchsicht übersandter Unterlagen und Schriftverkehr zu sich hieraus ergebenden materiell-rechtlichen Fragestellungen. Eine Unterbrechung der Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn liegt nicht vor, wenn an die Ermittlungsergebnisse nach Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann.

Die (vierjährige) Festsetzungsfrist läuft gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO nicht ab, wenn vor ihrem Ablauf mit einer Außenprüfung begonnen wurde.
Der Beginn einer Außenprüfung setzt den Erlass einer Prüfungsanordnung und die Vornahme tatsächlicher Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume voraus. Die Ermittlungshandlungen müssen für den Steuerpflichtigen erkennbar darauf gerichtet sein, den für die richtige Anwendung der Steuergesetze wesentlichen Sachverhalt zu ermitteln oder zu überprüfen. Es muss sich um Maßnahmen handeln, die für den Steuerpflichtigen als Prüfungshandlungen erkennbar sind und geeignet erscheinen, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen [1].
Die Ablaufhemmung tritt ein, wenn die Außenprüfung nicht gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2 AO unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wurde, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
Ob eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen wurde, ist grundsätzlich nach den Verhältnissen im Einzelfall zu beurteilen, wobei neben dem zeitlichen Umfang der bereits durchgeführten Prüfungsmaßnahmen alle Umstände hinzuzuziehen sind, die Aufschluss über die Gewichtigkeit der Prüfungshandlungen vor der Unterbrechung geben [2]. Eine Außenprüfung wird nicht im Sinne von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen, wenn die bis zur Unterbrechung vorgenommenen Prüfungshandlungen entweder von erheblichem Gewicht waren oder erste verwertbare Ergebnisse gezeitigt haben. Für Letzteres ist ausreichend, dass an die Ermittlungsergebnisse nach Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann [3].
Im hier vom Finanzgericht Hamburg entschiedenen Streitfall erfolgte danach unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Streitfalls keine unmittelbare Unterbrechung der Außenprüfung nach ihrem Beginn. Der seinerzeitige Betriebsprüfer hatte bereits in der Weise Prüfungshandlungen vorgenommen, dass an seine Ergebnisse nach der Wiederaufnahme der Prüfung im Jahr 2011 angeknüpft werden konnte. Denn er hatte den Vertrag zwischen der Antragstellerin und der A GmbH angefordert und diesbezüglich um weitere Erläuterungen und Übersendung weiterer Unterlagen gebeten. Mit der Wiederaufnahme der Prüfung konnten die nachfolgenden Betriebsprüfer an die vorhandenen Unterlagen anknüpfen und um weitere Erläuterungen diesbezüglich bitten, was letztlich zur hier streitigen Prüfungsfeststellung führte. Im Übrigen hatte der seinerzeitige Betriebsprüfer auch Prüfungshandlungen von erheblichem Gewicht vorgenommen. So ergibt sich aus dem Schriftverkehr in den Jahren 2007 und 2008, dass die Antragstellerin einen Erlös aus dem Vertrag mit der A GmbH fehlerhaft gebucht hatte. Auch der übrige Schriftverkehr zeigt, dass der seinerzeitige Betriebsprüfer intensiv mit Ermittlungen zum Prüfungszeitraum begonnen hatte. Er forderte Unterlagen zum Gesellschafterwechsel sowie zu einzelnen Buchungen an und bat jeweils nach Durchsicht der übersandten Dokumente um weitere Erläuterungen.
Eine Verwirkung der Ablaufhemmung ist nicht eingetreten.
Verwirkung steht der Festsetzung von Steueransprüchen aufgrund einer unterbrochenen Prüfung nur dann entgegen, wenn die Behörde während eines längeren Zeitraums untätig geblieben ist und der Steuerpflichtige daraus den Schluss ziehen konnte, dass die Untätigkeit endgültig sein sollte und der Steuergläubiger auf die Geltendmachung des Steueranspruchs verzichtet hat [4].
Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich. Aus der bloßen Untätigkeit zwischen März 2008 und Juni 2011 folgt nicht, dass der Antragsgegner auf etwaige Steueransprüche verzichtet. Weitere Umstände, die einen solchen Schluss zulassen könnten, liegen nicht vor.
Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – 1 V 290/13
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24.04.2003 – VII R 3/02, BFHE 202, 32, BStBl II 2003, 739 m. w. N.[↩]
- BFH, Urteil vom 08.07.2009 – XI R 64/07, BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4 m. w. N.[↩]
- BFH, Beschluss vom 31.08.2011 – I B 9/11, BFH/NV 2011, 2011 m. w. N.[↩]
- BFH, Urteil vom 02.07.1998 – IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28 m. w. N.[↩]