„0%-Finanzierung“ – und die Umsatzsteuer

Trägt im Rahmen einer Warenlieferung mit „0 %-Finanzierung“ der liefernde Unternehmer die Kosten der Finanzierung des Kaufpreises durch einen Dritten (Kreditinstitut) in der Weise, dass das Kreditinstitut im Rahmen der Auszahlung an den Unternehmer vom Darlehensbetrag die Zinsen einbehält und der Kunde in Raten den Kaufpreis an das Kreditinstitut zahlt, mindern die einbehaltenen Zinsen das Entgelt der Warenlieferung des Unternehmers an den Kunden auch dann nicht, wenn der Unternehmer in der Rechnung gegenüber dem Kunden angibt, er gewähre ihm einen Nachlass in Höhe der Zinsen.

„0%-Finanzierung“ – und die Umsatzsteuer

Zum Entgelt gehört gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG a.F.).

§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG a.F. beruhte unionsrechtlich auf Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwehrsteuersystem (MwStSystRL), vormals Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern. Danach ist Steuerbemessungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen „… alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen“.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesfinanzhofs setzt eine „Leistung gegen Entgelt“ i.S. des § 10 UStG bzw. Art. 73 MwStSystRL einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus1. Für die Annahme einer „Leistung gegen Entgelt“ ist nicht erforderlich, dass die Gegenleistung vom Leistungsempfänger erbracht wird. Sie kann auch von einem Dritten erbracht werden2.

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Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG a.F. gehört zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. Voraussetzung für die Zuordnung von Zahlungen Dritter zum Entgelt ist aber ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmers und der Zahlung des Dritten3.

Wenn dieser unmittelbare Zusammenhang regelmäßig auf dem „Rechtsverhältnis“, d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger, beruht4, gilt dies sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält5.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem jeweiligen -vom Kunden geschuldeten- Kaufpreis um die Gegenleistung für die Lieferung der Verkäuferin an den Kunden; der Kaufpreis bzw. die (ungekürzte) Darlehensvaluta bildet die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der jeweiligen Lieferung.

Im hier entschiedenen Fallwurde der Kaufvertrag über die Lieferung der Waren zum Barzahlungsbetrag abgeschlossen. Über diese Summe vereinbarte der Kunde mit der Bank das von der Verkäuferin vermittelte Sonderzinsdarlehen mit einer Auszahlung an die Verkäuferin zur Tilgung der Kaufpreisschuld unter Einbehalt der vereinbarten „Subvention“.

Zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Lieferung ist es unerheblich, dass der jeweilige Kunde den vereinbarten Kaufpreis nicht unmittelbar an die Verkäuferin, sondern unter Einschaltung der Bank zahlte. Denn Art. 73 MwStSystRL verlangt nicht, dass die Gegenleistung für die Lieferung unmittelbar vom Empfänger der Lieferung erbracht wird. Die Entrichtung der Gegenleistung kann auch -wie im Streitfall- durch eine Bank erfolgen6.

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Das Entgelt als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Lieferung an den Kunden, das im Streitfall der Darlehensvaluta entspricht, ist nicht um die von der Bank einbehaltene „Subvention“ zu kürzen. Denn der Einbehalt hat seinen Rechtsgrund nicht im für die Besteuerung allein maßgeblichen Rechtsverhältnis zwischen der Verkäuferin und dem Kunden (hierzu im Folgenden aa), sondern im Rechtsverhältnis zwischen der Verkäuferin und der Bank (hierzu im Folgenden bb). Jenes gesondert zu betrachtende Leistungsverhältnis kann die Bemessungsgrundlage für die Lieferung der Verkäuferin an den Kunden nicht berühren7.

Der jeweilige Kunde schuldete der Verkäuferin aufgrund Kaufvertrags den (ungeminderten) Barzahlungsbetrag. In diesem Betrag war nach den vom Finanzgericht festgestellten Vertragsbeziehungen kein Zins enthalten, auch wenn die Verkäuferin dem Kunden in Kaufvertrag und Rechnung jeweils offengelegt hat, in welcher Höhe die finanzierende Bank gegenüber der Verkäuferin Zinsen erhob bzw. die „Subvention“ einbehielt. Dieser Einbehalt hatte keinen Einfluss auf die Höhe des vom Kunden geschuldeten Kaufpreises, der auch in voller Höhe von der Bank finanziert wurde.

Im hier entschiedenen Streitfall verhielt es sich weder so, dass die Verkäuferin selbst dem jeweiligen Kunden ein Sonderzinsdarlehen gewährt hätte, noch dass der jeweilige Kunde der Bank Darlehenszinsen schuldete, die die Verkäuferin „übernommen“ bzw. ihm nachgelassen hätte. Vielmehr erwarb der Kunde mit Abschluss des Darlehensvertrags mit der Bank einen Anspruch auf Auszahlung des (zinsfreien) Sonderzinsdarlehens an die Verkäuferin.

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Grundlage dafür, dass die Bank dem Kunden den Abschluss eines Sonderzinsdarlehens anbot, war der „Rahmenvertrag Kreditvermittlung“, den die Bank mit – X als der Muttergesellschaft der Verkäuferin geschlossen hatte und der auch der Geschäftsbeziehung zwischen der Verkäuferin und der Bank zugrunde lag.

Die Tatsache, dass die Verkäuferin dem jeweiligen Kunden zur Entrichtung des Kaufpreises ein Sonderzinsdarlehen der Bank vermittelte, vermag die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Lieferung nicht zu ändern. Denn die Darlehensvermittlung als Nebenleistung zur Lieferung stellt für den jeweiligen Kunden keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel dar, um die Warenlieferung der Verkäuferin als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen8.

Wie in dem Sachverhalt, der dem Primback, Urteil des Unionsgerichtshofs9 zugrunde lag, schloss im Streitfall der jeweilige Kunde einen Darlehensvertrag mit einem Kreditinstitut, das den Preis der gekauften Ware nach Abzug einer Provision unmittelbar an den Verkäufer zahlte und diesem somit die Bezahlung der Ware garantierte; der Kunde musste nicht „in bar“ zahlen, da er über ein vom Kreditinstitut eingeräumtes Darlehen verfügte.

Die Ausführungen des Unionsgerichtshofsin Rz 32 des Urteils Primback9, wonach die vorstehend aufgezeigten Grundsätze „umso mehr“ in dem betreffenden Ausgangsverfahren gälten, in dem dem Käufer weder das Vorliegen noch der Inhalt der mündlich zwischen dem Verkäufer und einer Finanzierungsgesellschaft getroffenen Abmachung bekannt waren, lassen entgegen der Auffassung der Verkäuferin nicht den Schluss zu, dass bei Kenntnis des Kunden (wie im Streitfall) diesen Rechtsgrundsätzen keine Geltung zukäme. Im Gegenteil ist der Umstand, dass bzw. ob ein gesonderter Preis für die Finanzierungsdienstleistung im Vertragsdokument einzeln bezeichnet und in den den Kunden ausgestellten Rechnungen gesondert ausgewiesen ist, nicht ausschlaggebend; ob ein einheitlicher Preis berechnet wird oder vertraglich gesonderte Preise vorgesehen worden sind, hat keine entscheidende Bedeutung für die Frage, ob es sich um zwei oder mehrere eigenständige und voneinander unabhängige Vorgänge oder um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang handelt10.

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Sollte in dem der Verkäuferin vom jeweiligen Kunden geschuldeten Betrag ein Entgelt für die Vermittlung bzw. Überlassung eines Sonderzinsdarlehens enthalten gewesen sein, könnte dies der Revision ebenso wenig zum Erfolg verhelfen. Wenn ein Lieferer von Gegenständen oder ein Erbringer von Dienstleistungen als Bedingung für die Annahme einer Bezahlung mit Kredit- oder Geldkarten verlangt, dass der Dienstleistungsempfänger ihm oder einem anderen Unternehmen hierfür einen Betrag entrichtet und der von diesem Empfänger zu zahlende Gesamtpreis durch die Zahlungsweise nicht beeinflusst wird, ist dieser Betrag nach Art. 42 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem Bestandteil der Besteuerungsgrundlage der Lieferung von Gegenständen oder der Dienstleistung gemäß Art. 73 bis 80 MwStSystRL. Da für die Erhebung der Umsatzsteuer die Zahlungen mit einer Kreditkarte den mittels eines zinslosen Kredits geleisteten Zahlungen, die der Verkäufer vorschlägt und ein Dritter anbietet, entsprechen11, kann bei einem Sachverhalt, den die Verkäuferin für sich beansprucht, nichts anderes gelten.

Wegen des auf dem „Rahmenvertrag Kreditvermittlung“ beruhenden Rechtsverhältnisses zwischen der Verkäuferin und der Bank war diese bereit, dem nachfragenden Kunden der Verkäuferin ein Sonderzinsdarlehen einzuräumen und damit für die Bezahlung der Ware zu garantieren. Die Bank erbrachte diese Dienstleistung gegenüber der Verkäuferin gegen Entgelt, das in der vereinbarten „Subvention“ bestand, die bei Auszahlung der Darlehenssumme von dieser einbehalten wurde. Diese von der Bank an die Verkäuferin erbrachte steuerfreie Finanzdienstleistung ist Teil eines anderen unabhängigen Geschäftsvorgangs, für den der jeweilige Kunde ein Dritter ist und der die Bemessungsgrundlage des Kaufvertrags zwischen ihm und der Verkäuferin nicht berühren kann12.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Februar 2021 – XI R 15/19

  1. vgl. u.a. EuGH, Urteile Tolsma vom 03.03.1994 – C-16/93, EU:C:1994:80, Rz 13 und 14; Gemeente Borsele vom 12.05.2016 – C-520/14, EU:C:2016:334, Rz 24; Lajver vom 02.06.2016 – C-263/15, EU:C:2016:392, Rz 26; BFH, Urteile vom 30.08.2017 – XI R 37/14, BFHE 259, 175, BStBl II 2019, 336, Rz 19; vom 02.08.2018 – V R 21/16, BFHE 262, 548, BStBl II 2019, 339, Rz 22, m.w.N.[]
  2. vgl. EuGH, Urteile Loyalty Management UK und Baxi Group vom 07.10.2010 – C-53/09 und – C-55/09, EU:C:2010:590, Rz 56; Dixons Retail vom 21.11.2013 – C-494/12, EU:C:2013:758, Rz 35; BFH, Urteil vom 18.02.2016 – V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 20 f.[]
  3. BFH, Urteile vom 26.06.1986 – V R 93/77, BFHE 147, 79, BStBl II 1986, 723; vom 09.10.2003 – V R 51/02, BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322[]
  4. vgl. EuGH, Urteile Bally vom 25.05.1993 – C-18/92, EU:C:1993:212; Tolsma, EU:C:1994:80, Rz 14; Elida Gibbs vom 24.10.1996 – C-317/94, EU:C:1996:400; Primback, EU:C:2001:271, Rz 25; z.B. BFH, Urteile vom 16.10.2013 – XI R 39/12, BFHE 243, 77, BStBl II 2014, 1024, Rz 32; vom 15.04.2015 – V R 46/13, BFHE 250, 253, BStBl II 2015, 947, Rz 40[]
  5. vgl. EuGH, Urteil Le Rayon d’Or vom 27.03.2014 – C-151/13, EU:C:2014:185, Rz 29, 35; BFH, Urteil vom 19.10.2001 – V R 75/98, BFH/NV 2002, 547, unter II. 3.c, Rz 23 f.; BFH, Beschluss vom 29.03.2007 – V B 208/05, BFH/NV 2007, 1542, unter II. 1., Rz 10; BFH, Urteile vom 22.07.2010 – V R 14/09, BFHE 231, 273, BStBl II 2012, 428, Rz 26; in BFHE 243, 77, BStBl II 2014, 1024, Rz 33 und 34; vom 22.02.2017 – XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812, Rz 26[]
  6. EuGH, Urteile Bally, EU:C:1993:212, Rz 16 f.; Dixons Retail, EU:C:2013:758, Rz 35[]
  7. vgl. hierzu allgemein EuGH, Urteile Bally, EU:C:1993:212, Rz 16 f.; Primback, EU:C:2001:271, Rz 29; Dixons Retail, EU:C:2013:758, Rz 34; s.a. Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 123[]
  8. vgl. EuGH, Urteile Bally, EU:C:1993:212, Rz 17; Primback, EU:C:2001:271, Rz 30 f., 45; Everything Everywhere vom 02.12.2010 – C-276/09, EU:C:2010:730, Rz 25, 27[]
  9. EuGH, EU:C:2001:271[][]
  10. s.a. EuGH, Urteil Everything Everywhere, EU:C:2010:730, Rz 29[]
  11. vgl. EuGH, Urteil Primback, EU:C:2001:271, Rz 31[]
  12. s. allgemein EuGH, Urteil Bally, EU:C:1993:212, Rz 16; Primback, EU:C:2001:271, Rz 29; Dixon Retails, EU:C:2013:758, Rz 34[]
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