Anzeigenplatzierungsrecht in einer Kammerzeitschrift

Beauftragt eine Ärztekammer als Herausgeber einen Verlag mit der Herstellung und dem Versand eines Ärzteblatts (Kammerzeitschrift) für ihre Mitglieder und überlässt sie dabei dem Verlag das Recht, im eigenen Namen und für eigene Rechnung in dem Ärzteblatt Werbeanzeigen zu platzieren, liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor. Bemessungsgrundlage für die Überlassung des Anzeigenplatzierungsrechts durch die Ärztekammer sind die gesamten Kosten, die der Verlag für die Herstellung (einschließlich des Anzeigenteils) und den Versand der Ärzteblätter getragen hat.

Anzeigenplatzierungsrecht in einer Kammerzeitschrift

Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet1.

Der Gegenwert kann bei Tausch und tauschähnlichen Umsätzen i.S. von § 3 Abs. 12 UStG durch eine tatsächlich erhaltene Gegenleistung erbracht werden, die nicht in Geld bestehen, aber in Geld ausdrückbar sein muss2. § 3 Abs. 12 UStG erfasst auch den Fall, dass als Entgelt für eine Leistung eine Barzahlung mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung verbunden wird3.

Voraussetzung für die Annahme einer tauschähnlichen Leistung ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegenüberstehen, die lediglich durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpft sind4.

§ 3 Abs. 12 UStG steht im Einklang mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, nunmehr Art. 14 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)56.

Weiterlesen:
Anzeigenwerbung - und die Identitätsangaben des Gewerbetreibenden

Danach liegt im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ein tauschähnlicher Umsatz vor7. Die Klägerin erbrachte entgeltliche Leistungen gegenüber den Ärztekammern durch die Herstellung und Versendung der Ärzteblätter an die Mitglieder. Das Entgelt der Ärztekammern bestand –abgesehen von gezahlten Zuschüssen für Druck- und Portokosten– in der Überlassung der Rechte, Werbeanzeigen in den Zeitschriften zu platzieren.

Ein eigenes Anzeigenplatzierungsrecht der Klägerin im urheberrechtlich geschützten Werk der Ärztekammern (Sammelwerk i.S. von § 4 Abs. 1 UrhG) hat im Streitfall nicht bestanden. In den einzelnen Verträgen sei ausdrücklich geregelt worden, dass die Klägerin Werbeanzeigen auf eigene Rechnung und Risiko einwerbe und drucke, sofern diese nicht gegen die Interessen der Ärzte verstießen oder unangemessen erschienen. Hätte dieses Recht der Klägerin, wie diese meine, von vornherein bestanden, hätte es auch dieser vertraglichen Vereinbarungen nicht bedurft. Dass die Vertragsparteien von einem Austausch der Leistung durch die Klägerin –Herstellung und Vertrieb der Zeitschriften– und einer Überlassung des Rechts auf Platzierung von Anzeigen durch die Ärztekammern ausgingen, werde auch dadurch bestätigt, dass der Klägerin aus den Anzeigeneinnahmen auf jeden Fall die Beträge zustehen sollten, mit denen sie ihre Herstellungs- und Vertriebskosten decken konnte. Dementsprechend seien die Sockelbeträge bei der Verteilung dieser Einnahmen berechnet.

Die Klägerin macht zwar u.a. geltend, die Gestattung der Platzierung von Anzeigen könne nur dann eine Gegenleistung darstellen, wenn es ein entsprechendes zugrunde liegendes Recht überhaupt gebe und dieses den Ärztekammern auch originär zustehe. Die Ärztekammern hätten keine eigene schöpferische Leistung erbracht. Darüber hinaus lege das Finanzgericht die Reichweite des Urheberrechtsschutzes zu weit aus, und zwar sowohl hinsichtlich des Schutzbereichs des Urheberrechts als auch in Hinblick darauf, wann ein Eingriff vorliege. Der Umstand, dass die Klägerin die Kosten und somit auch das wirtschaftliche Risiko der Veröffentlichung einer Zeitschrift trage, deute auf ein eigenes Anzeigenplatzierungsrecht der Klägerin hin. Aus den Besonderheiten des Verlagsrechts ergäbe sich, dass insbesondere bei Verlagsverträgen als Sonderfällen von Urheberrechtsnutzungsverträgen den Verlagen ein originäres Anzeigenplatzierungsrecht zustehe.

Weiterlesen:
Durchschnittssatzbesteuerung nach Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs

In diesem Revisionsvorbringen liegen jedoch weder zulässige Verfahrensrügen, mit der die Berücksichtigung nicht festgestellter Tatsachen angestrebt würde, noch sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen bei einer auf die Verletzung von materiellem Recht gestützten Revision vom BFH tatsächliche Feststellungen, Schlussfolgerungen tatsächlicher Art und Beweiswürdigungen als rechtsfehlerhaft angesehen werden dürfen.

Dabei kann offenbleiben, ob sich im Streitfall aus dem Urheberrecht, insbesondere aus § 4 Abs. 1 UrhG, ein Anzeigenplatzierungsrecht ableiten lässt. Entscheidend ist die Würdigung des Finanzgericht, dass sich aus den geschlossenen Verträgen –die nicht auf das Urheberrecht verweisen– ergibt, dass die Ärztekammern der Klägerin vertraglich ein Anzeigenplatzierungsrecht einräumen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verträge zwischen den Ärztekammern –denen nach § 2 Abs. 1 der geschlossenen Verträge die Herausgeber- und Titelrechte an den Zeitschriften zustehen– und dem Verlag werden die Werbeanzeigen vom Verlag auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko eingeworben, platziert und gedruckt. Durch diese vertragliche Regelung wird –nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Finanzgericht– der Klägerin von den Ärztekammern ein Anzeigenplatzierungsrecht in den Ärzteblättern überlassen, was durch die Regelung über die Verteilung der Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft in § 12 Abs. 1 der Verträge bestätigt werde.

Mit ihrem Vorbringen, bei § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verträge handele es sich nur um eine klarstellende Regelung, setzt die Klägerin lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der –wie dargelegt vertretbaren– Vertragsauslegung des Finanzgericht.

Weiterlesen:
Tauschähnliche Umsätze zwischen Herausgeber und Verlag

Die Bemessungsgrundlage für die tauschähnlichen Umsätze8 hat das Finanzgericht im Ergebnis zutreffend ermittelt.

Bei tauschähnlichen Umsätzen i.S. des § 3 Abs. 12 UStG gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG als Bemessungsgrundlage der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz.

Der Wert des anderen Umsatzes wird in richtlinienkonformer Auslegung der bezeichneten Vorschrift unter Beachtung von Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. auch Art. 73 MwStSystRL) jedenfalls für den Wert einer im Gegenzug erhaltenen Dienstleistung durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt. Als subjektiver Wert ist derjenige Wert festzustellen, den der Empfänger der Leistung beimisst, die er sich verschaffen will und deren Wert dem Betrag entspricht, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist9. Dieser Wert umfasst alle Ausgaben einschließlich der Nebenleistungen, die der Empfänger der jeweiligen Leistung aufwendet, um die fragliche Leistung zu erhalten10. Soweit der Wert des Entgelts nicht ermittelt werden kann, ist er nach § 162 der Abgabenordnung zu schätzen11.

Das Finanzgericht hat insoweit im Streitfall zu Recht die gesamten Herstellungskosten der Zeitschriften herangezogen.

Der Klägerin war die Überlassung des Anzeigenplatzierungsrechts in den Ärzteblättern der Gesamtbetrag ihrer Aufwendungen für die Herstellung und Versendung abzüglich der Druck- und Portokostenzuschüsse wert12.

Weiterlesen:
Industrie- und Handelskammer - und der Austritt aus dem DIHK

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine Aufspaltung der Kosten für die Zeitschriften in einen Anzeigenteil und einen Teil für den übrigen Text- und Bildteil nicht vorzunehmen, da sie wirtschaftlich eng miteinander verflochten sind und sich gegenseitig bedingen13. Die Klägerin hat sich zudem in den Verträgen verpflichtet, die Kammerzeitschriften insgesamt herzustellen. Dementsprechend ist auf den Gesamtaufwand abzustellen.

Zu Recht hat das Finanzgericht –wie das Finanzamt– die Aufwendungen der Klägerin für das Porto und den Versand in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen, denn die Versandkosten sind notwendiger Bestandteil für die Erbringung der einheitlichen vertraglichen Leistung der Klägerin gegenüber den Ärztekammern.

Nach § 1 und § 4 Abs. 1 der Verträge war die Klägerin verpflichtet, die Zeitschrift verlegerisch zu betreuen. Dies umfasste die Herstellung und den Versand. Die einzelnen Leistungen waren aufeinander abgestimmt, um den Druck und die Verteilung an die Adressaten der Ärzteblätter zu gewährleisten.

Die von den Ärztekammern gezahlten Portokostenzuschüsse sind als Baraufgaben in die Ermittlung des Entgelts einzubeziehen.

Um eine doppelte Berücksichtigung der Produktionskosten- und Portokostenzuschüsse zu vermeiden, sind bei der Ermittlung der Herstellungskosten die angefallenen Produktions- und Portokosten um die erhaltenen Zuschüsse zu kürzen, da die Klägerin nur mit dem übersteigenden Betrag wirtschaftlich belastet ist.

Die Leistung der Klägerin gegenüber den Ärztekammern unterliegt dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49 der Anlage 2 zum UStG, da der wesentliche Leistungsinhalt im Druck einer Zeitschrift besteht.

Weiterlesen:
Personalgestellungs- und Beratungsleistungen einer Spielbank

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Juli 2012 – XI R 11/11

  1. ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.03.2004 – V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798; vom 18.08.2005 – V R 31/04, BFHE 211, 551, BStBl II 2007, 183; vom 26.01.2006 – V R 36/03, BFH/NV 2006, 1525; vom 06.12.2007 – V R 42/06, BFHE 221, 74, BStBl II 2009, 493, unter II.01., m.w.N.[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 01.08.2002 – V R 21/01, BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438; in BFH/NV 2006, 1525; in BFHE 221, 74, BStBl II 2009, 493; Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– vom 02.06.1994 C-33/93 –Empire Stores Ltd.–, Slg.1994, I-2329, Rz 12, 16 und 17; vom 03.07.2001 C-380/99 –Bertelsmann AG–, Slg.2001, I-5163, BFH/NV Beilage 2001, 192, Rz 17[]
  3. sog. tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe; vgl. z.B. BFH, Urteile vom 19.02.2004 – V R 10/03, BFHE 205, 495, BStBl II 2004, 675; vom 21.04.2005 – V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63[]
  4. BFH, Urteile in BFHE 221, 74, BStBl II 2009, 493, unter II.01.a; vom 16.04.2008 – XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909; vom 17.03.2010 – XI R 17/08, BFHE 230, 466, BFH/NV 2010, 2359, unter II.02.b aa[]
  5. ABl.EU Nr. L 347/1[]
  6. vgl. z.B. Martin in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 741; Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3 Rz 4081, m.w.N.[]
  7. vgl. Baum, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1988, 66, 67[]
  8. § 3 Abs. 12, § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG[]
  9. EuGH, Urteile in Slg.1994, I-2329, Rz 19; vom 24.10.1996 C-288/94 –Argos Distributors Ltd.–, Slg.1996, I-5311, Rz 16; BFH, Urteile in BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909, m.w.N.[]
  10. vgl. z.B. zu Versandkosten EuGH, Urteil in Slg.2001, I-5163, BFH/NV Beilage 2001, 192; zu einer Werbeleistung vgl. auch EuGH, Urteil vom 23.11.1988 C-230/87 –Naturally Yours Cosmetics–, Slg.1988, 6365; BFH, Urteile vom 28.03.1996 – V R 33/95, BFH/NV 1996, 936; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909[]
  11. BFH, Urteile in BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909[]
  12. vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438[]
  13. vgl. BFH, Urteile vom 02.02.1967 – V 138/64, BFHE 88, 529, BStBl III 1967, 502; vom 15.09.1994 – XI R 51/91, BFH/NV 1995, 553; vom 15.10.2009 – XI R 52/06, BFHE 227, 231, BStBl II 2010, 869; BFH, Beschluss vom 18.12.1980 – V B 24/80, BFHE 132, 147, BStBl II 1981, 197; EuGH, Urteil vom 27.10.2005 C-41/04 –Levob Verzekeringen und OV Bank–, Slg.2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38[]
Weiterlesen:
Haftung für den Umsatzsteuerrückforderungsanspruch