Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten sind ungeachtet der Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe umsatzsteuerpflichtig.

Die Frage, ob die betragsgenaue Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer bei der Erhebung der Spielbankenabgabe gegen den Neutralitätsgrundsatz, das Diskriminierungsverbot oder das Transparenzgebot verstößt und ob sich hieraus das Gebot einer Umsatzsteuerfreistellung bei gleichzeitigem Erhalt des Rechts auf Vorsteuerabzug ergibt, sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs bereits geklärt:
Da die betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Umionsgerichtshof waren, besteht auch keine Verpflichtung für den Bundesfinanzhof zu einer (erneuten) Vorlage1. Zudem ist die Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt2.
Der EuGH hat bereits entschieden, „… dass Art. 1 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer innerstaatlichen Regelung, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer betragsgenau auf eine nicht harmonisierte Abgabe angerechnet wird, nicht entgegensteht“3. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es ferner „ohne Belang, dass die Höhe einer nicht harmonisierten Abgabe auf Spiele, zu der bestimmte mehrwertsteuerpflichtige Veranstalter und Betreiber von Glücksspielen mit Geldeinsatz ebenfalls herangezogen werden, an die für diese Tätigkeit anfallende Mehrwertsteuer angepasst wird, da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität auf eine solche Abgabe keine Anwendung findet4. Es sind insoweit auch keine neuen Gesichtspunkte ersichtlich oder vorgetragen, die der Unionsgerichtshof in seine Betrachtung nicht einbeziehen konnte.
Dasselbe gilt für das Diskriminierungsverbot, das im Zeitpunkt des Urteils „Metropol Spielstätten“ des Unionsgerichtshofs5 im Jahr 2013 nicht nur als allgemeiner Grundsatz bestand, sondern in Art.20, 21 der am 1.12 2009 in Kraft getretenen Charta der Grundrechte der Europäischen Union -EUGrdRCh- bereits ausdrücklich kodifiziert war und das vom Unionsgerichtshof in anderen Verfahren6 in seine Entscheidung einbezogen worden ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Unionsgerichtshof auch das Diskriminierungsverbot in seinem Urteil Metropol Spielstätten7 bereits berücksichtigt und als nicht verletzt gewürdigt hat. Aus diesem Grund geht auch der Hinweis auf das Urteil des Unionsgerichtshofs Kommission/Deutschland vom 19.05.19928 ins Leere.
Auch beide Umsatzsteuersenate des Bundesfinanzhofs haben die Frage, ob die betragsgenaue Anrechnung der geschuldeten Mehrwertsteuer auf eine nicht harmonisierte Abgabe dem Unionsrecht entgegensteht, bereits als nicht mehr klärungsbedürftig beurteilt9.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerden gegen diese Beschlüsse des Bundesfinanzhofs nicht zur Entscheidung angenommen10. Hierzu hätte aber für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht Zweifel hinsichtlich einer Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes oder des Diskriminierungsverbotes gehabt haben sollte, Veranlassung bestanden, denn das Bundesverfassungsgericht sieht das Diskriminierungsverbot als zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft gehörend an und geht davon aus, dass es unmittelbar von mitgliedstaatlichen Gerichten anzuwenden ist11.
Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht auch die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs in BFH/NV 2016, 1592; und vom 13.01.201612, in denen ebenfalls die Ungleichbehandlung der Besteuerung der Umsätze von Geldspielautomatenbetreibern im Verhältnis zu Betreibern öffentlicher Spielbanken streitig war, nicht zur Entscheidung angenommen13.
Das Transparenzgebot ist vorliegend ersichtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berührt. Das Transparenzgebot ergibt sich aus den -aus den bereits dargelegten Gründen nicht verletzten- Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung und betrifft im Wesentlichen das öffentliche Auftragswesen und die Erteilung behördlicher Erlaubnisse14.
Soweit eine Ungleichbehandlung von gewerblichen Geldspielgerätebetreibern im Verhältnis zu öffentlichen Spielbanken „in die Nähe“ einer möglichen unzulässigen Beihilfe nach Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gerückt wird, folgt der Bundesfinanzhof auch dieser Argumentation nicht. Denn es handelt sich bei der hierdurch beanstandeten „Begünstigung“ nicht um umsatzsteuerrechtliche Bestimmungen, die der beschließende Bundesfinanzhof dem Unionsgerichtshof zur Überprüfung vorlegen könnte15.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27. Juni 2017 – V B 162/16
- EuGH, Urteil CILFIT vom 06.10.1982 – 283/81, EU:C:1982:335; vgl. auch BFH, Urteil vom 15.01.2015 – I R 69/12, BFHE 249, 99, Rz 43[↩]
- vgl. EuGH, Urteil CILFIT, EU:C:1982:355; BFH, Urteil vom 17.06.1999 – VII R 55/98, BFHE 189, 238[↩]
- EuGH, Urteil Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 – C-440/12, EU:C:2013:687, Rz 60[↩]
- EuGH, Urteil Leo-Libera vom 10.06.2010 – C-58/09, EU:C:2010:333, Rz 38; vgl. auch BFH, Beschluss vom 04.07.2016 – V B 115/15, BFH/NV 2016, 1592, Rz 5, m.w.N.[↩]
- EuGH, Urteil Metropol Spielstätten, EU:C:2013:687[↩]
- z.B. EuGH, Urteil Glatzel vom 22.05.2014 – C-356/12, EU:C:2014:350[↩]
- EuGH, EU:C:2013:687[↩]
- EuGH, Urteil Kommission/Deutschland vom 19.05.1992 – C-195/90, EU:C:1992:219[↩]
- BFH, Beschlüsse vom 14.12 2015 – XI B 113/14, BFH/NV 2016, 599, Rz 13; vom 10.06.2016 – V B 97/15, BFH/NV 2016, 1497, Rz 7[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 26.03.2017 – 1 BvR 1951/16 – zu BFH, Beschluss in BFH/NV 2016, 1497; und BVerfG, Beschluss vom 21.03.2017 – 1 BvR 1025/16 – zu BFH, Beschluss in BFH/NV 2016, 599[↩]
- BVerfG, Beschluss Le Corbusier vom 19.07.2011 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, Rz 76[↩]
- BFH, Beschluss vom 13.01.2016 – V B 58/15[↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 24.04.2017 – 1 BvR 2229/16; und vom 19.04.2017 – 1 BvR 2100/16[↩]
- vgl. EuGH, Urteile Impresa Edilux und SICEF vom 22.10.2015 – C-425/14, EU:C:2015:721; Sporting Exchange vom 03.06.2010 – C-203/08, EU:C:2010:307, Rz 39, 47; Wall vom 13.04.2010 – C-91/08, EU:C:2010:182, Rz 33; Telaustria und Telefonadress vom 07.12 2000 – C-324/98, EU:C:2000:669, Rz 60 bis 62; Eurawasser vom 10.09.2009 – C-206/08, EU:C:2009:540, Rz 44; Serrantoni und Consorzio stabile edili vom 23.12 2009 – C-376/08, EU:C:2009:808, Rz 31 und 32; Michaniki vom 16.12 2008 – C-213/07, EU:C:2008:731, Rz 44[↩]
- vgl. zur Abgrenzung BFH, Beschluss vom 30.05.2017 – II R 62/14, BFH/NV 2017, 1133[↩]