Es ist für den Bundesfinanzhof nicht weiter klärungsbedürftig, dass der Inhaber eines Grillstands in einem Biergarten vor Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen erbrachte, wenn er an Biergartenbesucher gegen Entgelt Speisen abgab und aufgrund des Pachtvertrags mit dem Betreiber des Biergartens berechtigt war, seinen Kunden die Infrastruktur des Biergartens zur Verfügung zu stellen. Schon die Bereitstellung und Rücknahme von Mehrweg-Geschirr und -Besteck sowie dessen Reinigung kann ausreichen, um den Regelsteuersatz zur Anwendung zu bringen.

Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Frage, ob vor Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG in einem Biergarten Umsätze zum Regelsteuersatz ausgeführt werden, mehrfach befasst1 und entschieden, dass der Inhaber eines Grillstands in einem Biergarten dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen erbringt, wenn er an Biergartenbesucher gegen Entgelt Speisen abgibt und aufgrund des Pachtvertrags mit dem Betreiber des Biergartens berechtigt ist, seinen Kunden die Infrastruktur des Biergartens zur Verfügung zu stellen2. Ebenso erbringt der Inhaber einer Fischbraterei in einem Biergarten dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen (Restaurationsumsätze), wenn er an Biergartenbesucher gegen Entgelt gegrillte Fische abgibt und er aufgrund von ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarungen mit dem Eigentümer oder Betreiber des Biergartens berechtigt ist, seinen Kunden die Infrastruktur des Biergartens zur Verfügung zu stellen, und dies auch tatsächlich so geschieht3. Ebenso kann die Nutzung eines Food-Courts in einem Einkaufszentrum als überwiegendes Dienstleistungselement zum Vorliegen einer sonstigen Leistung führen, wenn die Einräumung dieser Nutzungsmöglichkeit aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dem Speisenanbieter zuzurechnen ist, wofür es ausreicht, dass im Innenverhältnis vom Vermieter die Nutzungsmöglichkeit an den Einrichtungen eingeräumt wird4. Daraus ergibt sich, dass in solchen Fällen ein Vertrag mit dem Eigentümer oder Betreiber des Biergartens oder Food-Courts ausreicht, sodass sich die Frage der Zurechnung von Leistungen Dritter nicht stellt5.
Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Niedersächsische Finanzgericht im vorliegenden Streitfall ausgegangen und hat den Streitfall (aus Sicht des Bundesfinanzhofs auf Basis dieser Grundsätze zutreffend) dahin gehend gewürdigt, dass die Verzehrvorrichtungen der Biergärten sowie die Abfallbeseitigung, das Abräumen der Tische und das Bereithalten von Toiletten der Gastronomin als wesentliche Dienstleistungselemente im Rahmen ihrer eigenen Leistung zuzurechnen seien, weil ihr diese Verzehrvorrichtungen und Dienstleistungen von der Betreiberin der beiden Biergärten (insoweit als Subunternehmerin) zur Verfügung gestellt worden seien und aus Kundensicht die Gastronomin diese im Rahmen ihrer Leistungserbringung ihren Kunden zur Nutzung weiter überlassen beziehungsweise verwendet habe6. Die tatsächliche Würdigung des Finanzgerichts ist aufgrund der festgestellten Tatsachen und der geschlossenen Verträge möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder die Grundsätze der Vertragsauslegung. Sie würde den Bundesfinanzhof daher in einem gedachten Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO binden, was schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu berücksichtigen ist7.
Ohne dass es noch darauf ankäme, weist der Bundesfinanzhof zu der teilweise erfolgten Abgabe von Speisen auf Mehrweg-Geschirr und -Besteck darauf hin, dass schon die Bereitstellung und Rücknahme von Mehrweg-Geschirr und -Besteck sowie dessen Reinigung ausreichte, um den Regelsteuersatz zur Anwendung zu bringen8. Ob dessen Ausgabe, Rücknahme und Reinigung an einem Ort erfolgte, der dem Leistenden zuzurechnen ist oder nicht, war unerheblich; denn am erforderlichen personellen Einsatz für dessen Ausgabe, Rücknahme und Reinigung ändert der Ort des Verzehrs nichts9. Ebenso unerheblich war, ob der Unternehmer dies durch eigene Angestellte oder durch beauftragte Subunternehmer (wie z.B. den Betreiber des Biergartens) vornehmen ließ.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12. Juli 2023 – XI B 1/23
- zusammenfassend BFH, Urteil vom 15.09.2021 – XI R 12/21 (XI R 25/19), BFHE 274, 317, BStBl II 2022, 417, Rz 41 f.[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 24.07.2017 – XI B 37/17[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 13.03.2019 – XI B 89/18[↩]
- BFH, Urteil vom 26.08.2021 – V R 42/20, BFHE 274, 306, BStBl II 2022, 219, Rz 28 ff., 37[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 26.08.2021 – V R 42/20, BFHE 274, 306, BStBl II 2022, 219, Rz 30 f.[↩]
- Nds. FG, Urteil vom 24.11.2022 – 5 K 57/22[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 03.02.2021 – XI B 45/20, Rz 25, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 15.09.2021 – XI R 12/21 (XI R 25/19), BFHE 274, 317, BStBl II 2022, 417, Rz 54[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2021 – XI R 2/21, Rz 21[↩]
Bildnachweis:
- Biergarten: Matthias Böckel