Der Gutscheins über eine elektronische Dienstleistung – und seine Übertragung

Es ist für den Bundesfinanzhof ernstlich zweifelhaft, ob sich das für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins bestehende Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG und Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL) nur auf die Ausgabe („Verkauf eines Gutscheins an Kunden“ im Sinne des Abschnitts 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE) oder auch auf eine vorausgehende Übertragung („Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern“ im Sinne des Abschnitts 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE) bezieht.

Der Gutscheins über eine elektronische Dienstleistung – und seine Übertragung

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken1. Die AdV kann nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 8 FGO sind die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung bei Steuerbescheiden auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Begriff der wesentlichen Nachteile i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO ist im Sinne der Rechtsprechung zu § 114 FGO zu verstehen; diese Beschränkung ist mit dem Grundgesetz vereinbar und nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung zu korrigieren2. Wesentliche Nachteile i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO sind dann gegeben, wenn durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen unmittelbar und ausschließlich bedroht sein würde3.

Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheids 2019 vom 31.05.2021. Es ist fraglich, ob und in welchem Umfang die Übertragung von X-Cards durch die Antragstellerin der Umsatzsteuer im Inland unterliegt.

Durch Art. 9 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.20184 wurden auf der Grundlage von Art. 30a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) § 3 UStG die Absätze 13 bis 15 angefügt, die gemäß § 27 Abs. 23 UStG erstmals auf Gutscheine anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden.

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Nach § 3 Abs. 13 Satz 1 UStG ist ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ein Instrument, bei dem

  1. die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
  2. der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.

Ein Gutschein i.S. des § 3 Abs. 13 UStG, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht (§ 3 Abs. 14 Sätze 1 und 2 UStG). Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt dann nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

Ein Gutschein i.S. des § 3 Abs. 13 UStG, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 UStG, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt (§ 3 Abs. 15 UStG).

Soweit die Antragstellerin im Streitjahr nach dem 31.12.2018 ausgestellte Gutscheine übertrug und damit gemäß § 27 Abs. 23 UStG die Vorschriften des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG Anwendung finden, ist ernstlich zweifelhaft, ob es sich bei diesen Gutscheinen um Einzweck-Gutscheine i.S. des § 3 Abs. 14 UStG handelt, deren Übertragung jeweils als Lieferung oder sonstige Leistung gilt. Denn hierfür müssten der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).

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Die X-Cards beziehen sich auf elektronische Dienstleistungen i.S. des Art. 7 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (DVO (EU) Nr. 282/2011), § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Indem Y als Ausstellerin der Gutscheine (über eine elektronische Dienstleistung) diese an einen Vertriebshändler entgeltlich übertrug, erbrachte sie dem Vertriebshändler L gegenüber eine entgeltliche elektronische Dienstleistung (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG)5.

Nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG wird eine sonstige Leistung, die -wie von Y an L- an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt, d.h. vorliegend am Sitz des L im übrigen Gemeinschaftsgebiet. Ist der Empfänger der in § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG bezeichneten sonstigen Leistung hingegen kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird -wie im Streitfall die Kunden der Antragstellerin-, wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG). Daraus folgt, dass für Leistungen an Unternehmer und für Leistungen an Nichtunternehmer unterschiedliche Leistungsorte vorgesehen sind.

Ausgehend davon ist ernstlich zweifelhaft, ob zum Zeitpunkt der Ausstellung der Gutscheine der Ort der sonstigen Leistung und die geschuldete Steuer feststanden. Denn fraglich ist, ob sich das für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins bestehende Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG und Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL), nur auf die Ausgabe („Verkauf eines Gutscheins an Kunden“ im Sinne von Abschnitt 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE) oder auch auf eine dem vorausgehende Übertragung („Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern“ im Sinen von Abschnitt 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE)) bezieht6.

Bezieht sich das Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss, nur auf den sog. „Verkauf eines Gutscheins an Kunden“, liegt im Streitfall ein Einzweck-Gutschein vor. Es ist dann davon auszugehen, dass das Kriterium der Ortsfeststellung nur auf die Leistung gerichtet ist, auf die sich der Gutschein bezieht und die durch § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG fingiert wird, und damit auf eine an Endverbraucher auf elektronischem Weg zu erbringende sonstige Leistung, deren Ort sich nach § 3a Abs. 5 UStG bestimmt. Der Ort dieser Leistung steht fest, da nur eine Leistungserbringung an im Inland ansässige Endverbraucher in Betracht kam.

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Denn nach den vom Finanzgericht festgestellten Bedingungen für die Nutzung der X-Cards besteht eine strikte Ländertrennung. Bei der Eröffnung eines Nutzerkontos sind Identität und Wohnsitz des Nutzers wahrheitsgemäß anzugeben; für den Fall einer Identitäts- oder Wohnsitztäuschung ist ausdrücklich die Sperrung des Nutzerkontos mit dem Verfall des eingezahlten Guthabens angedroht. Für Kunden mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Inland und einem deutschen X-Konto ist die Kennung DE vorgesehen. Diese Konten können nur mit einer Guthabenkarte mit der Länderkennung DE aufgeladen werden. Auf dieser Grundlage stehen für den Regelfall einer vertragsgemäßen Nutzung des – X sowohl der Leistungsort als auch die Steuerschuld fest.

Die hiergegen gerichteten Einwendungen greifen nicht durch. Insbesondere ändert § 3 Abs. 14 Satz 5 UStG wegen der Fiktion des § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG daran nichts.

Bezieht sich das Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss, demgegenüber auch auf den „Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern“, ist das Vorliegen eines Einzweck-Gutscheins hingegen ernstlich zweifelhaft. Denn bei dem § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG und Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL unterliegenden Übertragungsumsatz wird im Streitfall die auf elektronischem Weg ausgeführte sonstige Leistung an einen Unternehmer erbracht, so dass der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG zu bestimmen sein könnte, es aber an einer Einschränkung in Bezug auf den Empfängerkreis (Unternehmer oder Nichtunternehmer) sowie deren Ansässigkeit fehlt, wie der Streitfall zeigt.

Die Finanzverwaltung geht in Abschnitt 3.17 Abs. 2 Satz 1 UStAE davon aus, dass ein Einzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG dadurch gekennzeichnet ist, dass der Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, sowie die geschuldete Umsatzsteuer bei dessen Ausgabe oder dessen erstmaliger Übertragung durch den Aussteller des Gutscheins feststehen. Dies entspricht dem Wortlaut des § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG, nach dem es darauf ankommt, dass der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. So wird es auch im Schrifttum gesehen. Danach bezieht sich das Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss, nur auf den sog. „Verkauf eines Gutscheins an Kunden“.

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Gleichwohl bestehen ernstliche Zweifel an dieser Beurteilung. Denn überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt gemäß § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG bezieht sich dabei gleichermaßen auf die Ausgabe („Verkauf eines Gutscheins an Kunden“ im Sinne von Abschnitt 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE) wie auf eine dem vorausgehende Übertragung („Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern“ im Sinne von Abschnitt 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE), wie sich insbesondere aus Abschnitt 3.17 Abs. 2 Sätze 12 und 13 UStAE ergibt. Davon geht auch das Schrifttum aus7.

Aus der Zusammenschau von § 3 Abs. 14 Sätze 1 und 2 UStG kann abzuleiten sein, dass das Feststehen des Orts der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, auch den Übertragungsfall erfasst. Auf dieser Grundlage ist es ernstlich in Betracht zu ziehen, dass sich das Feststehen des Leistungsorts auch auf die Übertragung als „Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern“ bezieht und ein Einzweck-Gutschein daher nur vorliegt, wenn sich der Ort der Übertragung dieses Gutscheins im selben Mitgliedstaat befindet, in dem auch der Leistungsort für die Ausgabe liegt. Danach hätte die Antragstellerin Mehrzweck-Gutscheine i.S. von § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG übertragen, bei denen gemäß § 3 Abs. 15 Satz 2 UStG die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, der Umsatzsteuer unterliegt, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins und alle bis dahin erfolgten Übertragungen sind dann steuerrechtlich unbeachtlich (vgl. Abschnitt 3.17 Abs. 9 Satz 3 UStAE).

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Die Beurteilung nach der alten Rechtslage für vor dem 01.01.2019 ausgestellte Gutscheine ist hierfür ohne Bedeutung. Für die summarische Beurteilung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt es zudem nicht darauf an, ob dieses Verständnis der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik dazu führt, dass das mit der Neuregelung verfolgte Ziel einer Vorverlagerung der Umsatzbesteuerung durch die Annahme von Einzweck-Gutscheinen auf einen Zeitpunkt vor der „tatsächlichen“ Leistungserbringung (vgl. § 3 Abs. 14 Satz 5 UStG und Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 MwStSystRL) für zahlreiche Fallgruppen verfehlt wird.

 Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestehen nicht, soweit die Antragstellerin vor dem 01.01.2019 ausgestellte X-Cards im Streitjahr entgeltlich an ihre Endkunden übertragen hat. Es kann sich dabei um vor dem Streitjahr auf dem inländischen Vertriebsweg über – V erworbene X-Cards der Z oder um im Streitjahr über das übrige Gemeinschaftsgebiet von L erworbene X-Cards der Y handeln. Ob oder in welchem Umfang die Antragstellerin im Streitjahr vor dem 01.01.2019 ausgestellte X-Cards an Endkunden übertragen hat, hat das Finanzgericht nicht festgestellt.

Auf vor dem 01.01.2019 ausgestellte Gutscheine finden nach § 27 Abs. 23 UStG die Vorschriften des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG keine Anwendung. Beim Handel mit vor dem 01.01.2019 ausgestellten X-Cards kommen im Streitfall nach Aktenlage die Rechtsgrundsätze des EuGH-Urteils „Lebara“8 zum Tragen. Danach kann die Übertragung von Guthabenkarten unter bestimmten Voraussetzungen eine Dienstleistung darstellen9 oder anders ausgedrückt, die Guthabenkarte wie eine Ware gehandelt werden10.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nach Aktenlage erfüllt.

Mit Erhalt der X-Card wurde der jeweilige Empfänger in die Lage versetzt, aus dem Katalog des X-Store die dort bezeichneten digitalen Inhalte zu den dort angeführten Preisen zu beziehen. Der Gegenstand der elektronischen Leistung, die in der jeweiligen X-Card verkörpert wird, war damit nach Aktenlage hinreichend bestimmbar. Dass im Sortiment des X-Store Leistungen enthalten gewesen wären, die im Streitjahr dem ermäßigten Steuersatz unterlegen hätten, ist weder von der Antragstellerin schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich11.

Auch der Ort der in der X-Card verkörperten Leistungen stand hinreichend fest. Das Einlösen der jeweiligen X-Card erfolgte jeweils im Inland.

Die Antragstellerin kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf einen systemwidrigen Umstand berufen, der in ihrer eigenen Einflusssphäre liegt, nämlich dass sie nach den Feststellungen des Finanzgericht entgegen dem von Y entwickelten Vertriebssystem X-Cards auch an Personen ausgab, die sich bei ihr mit ausländischem Wohnsitz registriert haben; dass -über die theoretische Möglichkeit hinaus- von der Antragstellerin als solche benannte „Wegzugsfälle“ vorlägen, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der rechtlichen Beurteilung der X-Cards ist von deren bestimmungsgemäßer Verwendung auszugehen.

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Der „Weiterverkauf“ der X-Cards (auf jeder Stufe) wie vorliegend durch die Antragstellerin stellt nach Aktenlage einen steuerbaren Umsatz dar12. Bemessungsgrundlage hierfür ist das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG), im Streitfall der vom Endkunden geschuldete Betrag13.

Ohne Bedeutung ist, dass danach nur die Besteuerung nach neuem Recht ernstlichen Zweifeln unterliegt.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16. August 2022 – XI S 4/21 (AdV)

  1. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschluss vom 20.12.2018 – X S 41/18, BFH/NV 2019, 204, Rz 10, m.w.N.[]
  2. vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 22.11.2001 – V B 100/01, BFH/NV 2002, 519, unter II. 2.; vom 13.03.2012 – I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, Rz 50, m.w.N.[]
  3. vgl. BFH, Beschlüsse vom 22.12.2003 – IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367, unter II. 3.a aa; in BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, Rz 50[]
  4. BGBl I 2018, 2338, BStBl I 2018, 1377[]
  5. vgl. zu Telekommunikationsdienstleistungen EuGH, Urteil „Lebara“ vom 03.05.2012 – C-520/10, EU:C:2012:264, Rz 43[]
  6. zu diesen Begrifflichkeiten vgl. auch Abschnitt 3.17 Abs. 3 Satz 1 UStAE[]
  7. vgl. z.B. Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3 Rz 4795; Martin in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 801, und Wäger in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 3 Rz 690[]
  8. EU:C:2012:264; vgl. auch BFH, Urteil vom 10.08.2016 – V R 4/16, BFHE 254, 458, BStBl II 2017, 135[]
  9. vgl. EuGH, Urteil Lebara, EU:C:2012:264, Rz 28 ff., 42 f.[]
  10. vgl. BFH, Urteil in BFHE 254, 458, BStBl II 2017, 135, Rz 15[]
  11. vgl. hierzu BFH, Urteil vom 03.12.2015 – V R 43/13, BFHE 252, 171, BStBl II 2016, 858, Leitsatz[]
  12. vgl. EuGH, Urteil Lebara, EU:C:2012:264, Rz 43[]
  13. vgl. EuGH, Urteil Lebara, EU:C:2012:264, Rz 42[]