Die zuständige Landesbehörde kann im Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG ihre Prüfung, ob eine Einrichtung die gleichen kulturellen Aufgaben wie ein Museum in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft erfüllt, nicht losgelöst vom Museumsbegriff in § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 5 UStG vornehmen, d.h. sie muss beachten, dass Museen im Sinne dieser Vorschrift „wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen“ sind. Die abschließende Entscheidung, ob eine Kunst- und Ausstellungshalle, die unstreitig nicht über eine eigene Sammlung verfügt, aber u.a. fremde Sammlungen als „Kunstausstellung“ präsentiert, eine „vergleichbare Einrichtung“ eines „anderen Unternehmers“ i.S.d. § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG ist, bleibt der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung vorbehalten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs obliegt die abschließende Beurteilung, ob der Unternehmer eine Einrichtung betreibt, die einer Einrichtung i.S.d. § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 UStG gleichartig ist, nicht den für die Erteilung der Bescheinigung zuständigen Landesbehörden, sondern den Finanzbehörden bzw. im Streitfall den Finanzgerichten. Demgegenüber stellen die zuständigen Landesbehörden im Rahmen ihrer Prüfung nach § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG (lediglich) fest, ob eine Einrichtung die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 UStG bezeichneten Einrichtungen erfüllt. Hierdurch macht sich die Finanzbehörde das Fachwissen der zuständigen Kultusbehörde nutzbar1. Die Bescheinigung ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung durch die Finanzbehörden2.
Durch den Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 27.06.20123 wird die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, die auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur geteilt wird4, nicht in Zweifel gezogen. Zwar hat das Verwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung bei der Prüfung der Umsatzsteuerbefreiung für einen Kunstverein, der in seinen Räumen u.a. Kunstausstellungen durchführt, entgegen der oben beschriebenen Zuständigkeitsverteilung nicht nur die Wahrnehmung gleicher kultureller Aufgaben, sondern auch das Vorliegen einer „gleichartigen Einrichtung“ geprüft; hierbei hat es Fragen der Zuständigkeit aber nicht einmal angesprochen. Insofern kann die Entscheidung nicht als Beleg dafür dienen, dass die aufgeworfene Frage „in der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung umstritten“ ist, wie die Beschwerde vorträgt.
Auch der Hinweis auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu der Frage, ob nur Einrichtungen in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unter § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 UStG fallen, oder ob diese Einrichtungen auch dann Steuerfreiheit genießen, wenn Bund, Länder oder Gemeinden sich der Rechtsform privatrechtlicher Gesellschaften bedienen, zeigt in Bezug auf die oben näher beschriebene Rechtsprechung zur Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung keinen Klärungsbedarf auf. Bei dem Meinungsstreit, den das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil näher dargestellt hat, geht es allein darum, ob sich die Steuerfreiheit für privatrechtliche Gesellschaften in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft aus § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 oder aus § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG ergibt. Hierdurch wird aber nicht in Frage gestellt, dass die Prüfung sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG („gleichartige Einrichtungen anderer Unternehmer“) mit Ausnahme des Merkmals der „gleichen kulturellen Aufgabenerfüllung“ der beschriebenen Aufteilung zufolge allein in die Zuständigkeit der Finanzbehörden bzw. der Finanzgerichte fällt.
Die sich teilweise überschneidenden Gleichartigkeitsprüfungen und der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität geben ebenfalls keinen Anlass, die aufgezeigte Rechtsprechung zu überdenken; sie enthalten keine neuen Erwägungen. Dass im Einzelfall „praktische Schwierigkeiten“ auftreten können, ist zwar nicht zu leugnen; diese Schwierigkeiten sind aber überwindbar, ohne dass die Kultusverwaltung mit einer abschließenden Beurteilung auch sämtlicher Fragen belastet werden muss, die sich im Rahmen der den Finanzbehörden zugewiesenen „Gleichartigkeitsprüfung“ zusätzlich ergeben können5. Ebenso wenig ist es geboten, die der Finanzverwaltung obliegende „Gleichartigkeitsprüfung“ als für das Bescheinigungsverfahren – wie die Klägerin offenbar meint – denkgesetzlich vorrangig oder sonst „vorgreiflich“ einzustufen6. Entscheidend ist, dass die Zuständigkeitsabgrenzung so klar ist, dass eindeutig feststeht, welche Behörde abschließend über welche Tatbestandsmerkmale zu entscheiden hat. Das ist der Fall.
Hiervon ausgehend ist auch die Frage, in welchem Umfang die zuständige Landesbehörde bei der Bescheinigung der gleichen kulturellen Aufgabenerfüllung nach § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG auf die Museumsdefinition des Satzes 5 Bezug nehmen muss, soweit sie einer abstrakten Klärung zugänglich ist, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet. So wurde bereits entschieden, dass die Kultusbehörde nicht mit Bindungswirkung für die Finanzverwaltung darüber zu befinden hat, ob es sich bei der Einrichtung um ein Museum oder um eine sonstige in § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 UStG genannte Einrichtung handelt bzw. ob das Unternehmen eine Einrichtung betreibt, die einer der dort genannten Einrichtungen, wie Museen in öffentlicher Trägerschaft, gleichartig ist. Der Umstand, dass sich die beiden – einerseits der Kultusbehörde, andererseits der Finanzverwaltung obliegenden – „Gleichartigkeitsprüfungen“ inhaltlich teilweise überschneiden, führt allerdings dazu, dass die Entscheidung der Kultusbehörde darüber, ob die betreffende Einrichtung die gleichen kulturellen Aufgaben wie ein Museum in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft erfüllt, nicht losgelöst vom Museumsbegriff in § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 5 UStG getroffen werden kann. Die Kultusbehörde hat also zu beachten, dass Museen danach „wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen“ sind, und sie muss prüfen, ob die in Rede stehende Einrichtung alle Voraussetzungen erfüllt, die nach dieser Legaldefinition für Museen unter dem Blickwinkel ihrer kulturellen Aufgabenerfüllung kennzeichnend sind7 Die abschließende Entscheidung, ob die betreffende Einrichtung – hier eine Kunst- und Ausstellungshalle, die nicht über eine eigene Sammlung verfügt, aber u.a. fremde Sammlungen als „Kunstausstellung“ präsentiert8 – eine „vergleichbare Einrichtung“ eines „anderen Unternehmers“ i.S.d. § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG ist, bleibt der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung vorbehalten. Von diesen Grundsätzen hat sich auch das Oberverwaltungsgericht leiten lassen. Einen darüber hinausgehenden fallübergreifenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
Der zuständigen Landesbehörde kommt im Rahmen der Prüfung nach § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG – wie oben näher ausgeführt – lediglich die Aufgabe zu, die Gleichartigkeit der kulturellen Aufgabenwahrnehmung zu bescheinigen, wobei im Falle eines Museums die Legaldefinition des § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 5 UStG zu beachten ist. Dementsprechend kann der Steuerpflichtige mit dem Einwand, er betreibe kein Unternehmen, das einer der in § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen gleichartig sei, nicht eine Entscheidung dieser Frage im Bescheinigungsverfahren oder im nachfolgenden Verwaltungsprozess erzwingen; denn diese Entscheidung obliegt ausschließlich dem Finanzamt und im Streitfall dem Finanzgericht9. Daher bleibt es einer Einrichtung unbenommen, im Rahmen des Steuerverfahrens gegenüber der Finanzbehörde geltend zu machen, dass sie aufgrund ihrer besonderen Organisationsstruktur oder wegen sonstiger Besonderheiten weder eine Einrichtung in öffentlicher Trägerschaft i.S.d. § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 1 UStG noch eine gleichartige Einrichtung nach § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG darstellt, also nicht umsatzsteuerbefreit ist. Darüber hinaus kann sie vorbringen, dass bestimmte Umsätze, die nicht eng mit dem „Kulturbetrieb“ der betreffenden Einrichtung zusammenhängen nicht steuerbefreit sind10.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 9 B 63.2013 –
- stRspr; vgl. nur BFH, Urteile vom 20.04.1988 – X R 20/82 – BFHE 153, 454, 457 f.; vom 04.05.2011 – XI R 44/08 – BFHE 233, 367 Rn. 15; und vom 19.10.2011 – XI R 40/09 25; BVerwG, Urteile vom 04.05.2006 – 10 C 10.05, Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 21; vom 11.10.2006 – 10 C 7.05, Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 3 Rn.19 ff.; vom 11.10.2006 – 10 C 4.06, Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 4 Rn. 13 ff. sowie Beschluss vom 31.07.2008 – 9 B 80.07, Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 4[↩]
- BFH, Beschluss vom 16.08.1993 – V B 47/93 7[↩]
- VG Frankfurt/Main, Urteil vom 27.06.2012 – 6 K 2133/11.F, NJW 2013, 807[↩]
- vgl. nur Kossack, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, Stand April 2014, § 4 Nr.20 Rn. 9 ff.; Verweyen, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, 7. Aufl.2011, E § 4 Nr.20 Rn. 67 ff. und Stadie, UStG, 2. Aufl.2012, § 4 Nr.20 Rn. 10[↩]
- vgl. hierzu bereits Urteil vom 11.10.2006 – 10 C 4.06, Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 4 Rn. 16[↩]
- so schon BVerwG, Urteil vom 11.10.2006 – 10 C 7.05, Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 3 Rn. 22[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2006 – 10 C 7.05 – a.a.O. Rn.20 ff.[↩]
- vgl. Verweyen, a.a.O. E § 4 Nr.20 Rn. 42 und Kossack, a.a.O. § 4 Nr.20 Rn. 18[↩]
- BVerwG, Urteil vom 11.10.2006 – 10 C 4.06 – a.a.O. Rn. 14 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH[↩]
- s. auch Kossack, a.a.O. § 4 Nr.20 Rn. 21 und 35, wonach bei einem Museum zu den begünstigten Umsätzen etwa Ausstellungen, Führungen und Vorträge sowie der Verkauf von Katalogen und Museumsführern gehören, nicht aber Vermietungsumsätze oder die Veranstaltung von Kunstausstellungen für Dritte; vgl. zur Abgrenzung auch die Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes – UStAE – 4.20.03. Abs. 3[↩]