Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, mindern nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, und führen dementsprechend auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Anschlusskunden.

Mit dieser Entscheidung setzt der Bundesfinanzhof das „Ibero Tours“-Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union1 um – und gibt gleichzeitig seine bisherige eigene, dem EuGH-Urteil entgegenstehende Rechtsprechung2 auf.
Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG3. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Unionsrechtliche Grundlage für § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG war Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL4). Danach wird im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage (Steuerbemessungsgrundlage) unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG beruhte unionsrechtlich zunächst auf Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 73 MwStSystRL). Danach umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer (Erwerber) oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.
Der Bundesfinanzhof hat hierzu entschieden, dass Preisnachlässe, die eine Einkaufsgenossenschaft als Zentralregulierer ihren Mitgliedern -zusätzlich zu dem von den Warenlieferanten an die Mitglieder eingeräumten Skonto- für den Warenbezug gewährt („Zusatzskonto“), die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von der Einkaufsgenossenschaft gegenüber den Warenlieferanten erbrachten Leistungen (Zentralregulierung, Bürgschaftsübernahme etc.) mindern5. Der Bundesfinanzhof hat dies damit begründet, dass es zu einer Entgeltminderung auch dann kommt, wenn der erste Unternehmer in der Kette nicht dem Endverbraucher, sondern einem Zwischenhändler den Preisnachlass gewährt6.
Der Unionsgerichtshof hat mit dem „Ibero Tours“-Urteil7 entschieden, dass sich aus seinem „Elida Gibbs“-Urteil8 keine Entgeltminderung für den Fall ergibt, dass „ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird“. Danach wirkt sich der Preisnachlass nicht auf das Entgelt der vom Vermittler an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen aus, da der Vermittler keinen Nachlass für die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen gewährt9.
Wie der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 27.02.2014 entschieden hat10 , ist aufgrund des EuGH-Urteils „Ibero Tours“7 nicht an der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs festzuhalten, nach der ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt11.
Ebenso wenig ist daran festzuhalten, dass Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, die Bemessungsgrundlage für die Leistungen mindern, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, wie der Bundesfinanzhof noch 2008 entschieden hat12. Vielmehr mindert das Zusatzskonto, das der Zentralregulierer den Abnehmern der Lieferungen gewährt, nicht das Entgelt für die Leistung, die der Zentralregulierer gegenüber dem Lieferer erbringt, da der Zentralregulierer auf der Grundlage des EuGH-Urteils „Ibero Tours“7 keinen Nachlass für diese Leistung gewährt.
Denn der Unionsgerichtshof sieht es in seinem Urteil „Ibero Tours“ für die Anwendung der Grundsätze der Entscheidung „Elida Gibbs“13 als entscheidend an, dass der Hersteller „das erste Glied einer zu diesem führenden Kette von Umsätzen bildet“ und dass „die Gegenleistung, die der Steuerpflichtige erhalten hatte, der das erste Glied einer Kette von Umsätzen war, in der Tat um den Nachlass vermindert [wurde], die dieser Steuerpflichtige dem Endverbraucher unmittelbar gewährt hatte“14 und dass im „Sachverhalt des Ausgangsverfahrens … der Reiseveranstalter jedoch nicht das erste Glied einer Kette von Umsätzen [ist], da er seine Dienstleistungen unmittelbar an den Endverbraucher erbringt und Ibero Tours nur als Vermittler dieses einzigen Umsatzes tätig wird. Dagegen erbringt Ibero Tours eine Dienstleistung, nämlich die Vermittlung, die von der vom Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistung völlig getrennt ist“15. So ist es auch im Streitfall, in dem die Klägerin als Zentralreguliererin nicht Teil einer zwischen dem Lieferanten und dem Anschlusskunden bestehenden Kette von Umsätzen ist, sondern der Lieferant den Anschlusskunden unmittelbar beliefert und die Klägerin demgegenüber eigenständige sonstige Leistungen erbringt. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen nach der Überzeugung des Bundesfinanzhofs insoweit keine entscheidungserheblichen Zweifel, die eine weitere Vorlage an den Unionsgerichtshof rechtfertigen.
Hierdurch kommt es auch nicht zu einer Störung des Neutralitätsgrundsatzes. Denn mindern Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, kann dieser Preisnachlass auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Anschlusskunden führen. Beides ist zwingend miteinander verbunden, um eine Beeinträchtigung des Neutralitätsgrundsatzes zu vermeiden. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997 von einer derartigen Berichtigungspflicht des Anschlusskunden ausgegangen ist und diese für ausdrücklich entscheidungserheblich gehalten hat, hält er an diesem Urteil auch insoweit nicht fest. Der Bundesfinanzhof weicht damit insoweit nicht vom Urteil vom 15.02.201216 ab, da auch dort eine Berichtigungspflicht des Anschlusskunden verneint wird.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Juli 2014 – V R 3/12
- EuGH, Urteil vom 16.01.2014 – C-300/12 Ibero Tours, UR 2014, 234[↩]
- BFH, Urteil vom 13.03.2008 – V R 70/06, BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997[↩]
- BFH, Urteile vom 28.05.2009 – V R 2/08, BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870, unter II. 3.a; vom 17.12 2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869, unter II. 1.; und vom 11.02.2010 – V R 2/09, BFHE 228, 467, BStBl II 2010, 765, unter II. 1.[↩]
- Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997, Leitsatz[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997, unter II. 1.b aa[↩]
- EuGH, Urteil in UR 2014, 234[↩][↩][↩]
- EuGH, Urteil vom 24.10.1996 – C-317/94, Elida Gibbs, Slg. 1996, I-5339[↩]
- EuGH, Urteil „Ibero Tours“ in UR 2014, 234, Rdnr. 27[↩]
- BFH, Urteil vom 27.02.2014 – V R 18/11, BFH/NV 2014, 1166, Leitsatz[↩]
- BFH, Urteile vom 12.01.2006 – V R 3/04, BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479, unter II. 2. mit Berechnungsbeispiel; vom 13.07.2006 – V R 46/05, BFHE 214, 463, BStBl II 2007, 186[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997[↩]
- EuGH, Urteil „Elida Gibbs“ in Slg. 1996, I-5339[↩]
- EuGH, Urteil Ibero Tours in UR 2014, 234, Rdnr. 29[↩]
- EuGH, Urteil Ibero Tours in UR 2014, 234, Rdnr. 30[↩]
- BFH, Urteil vom 15.02.2012 – XI R 24/09, BFHE 236, 267, BStBl II 2013, 712, unter II. 1. bis 4.[↩]