Ob bei Eheleuten der Ehemann, die Ehefrau oder eine aus den Eheleuten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer eine Leistung ausführt oder bezieht, richtet sich danach, wer nach außen auftritt.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall streiten die Beteiligten darum, ob die Abgabe von Speisen in einer Kantine dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Finanzgerichts1 betreiben der Ehemann und seine Ehefrau seit dem 01.11.2017 aufgrund eines Dienstleistungskonzessionsvertrags eine Kantine in einem Institut. In dem Vertrag werden das Institut als Auftraggeber und der Ehemann und seine Ehefrau als Auftragnehmer benannt. Das Institut vergibt danach für die Dauer von zwei Jahren eine Konzession zur Bewirtschaftung der Kantine innerhalb seiner Räume. Neben den Beschäftigten des Instituts können zu bestimmten Zeiten auch andere Gäste das Angebot nutzen. Außerdem ist der Auftragnehmer für sämtliche hausinterne Veranstaltungen des Instituts zuständig. Vertraglich vereinbart war die Verpachtung und Bewirtschaftung der Kantine und Cafeteria des Instituts einschließlich der Bewirtschaftung von Lebensmittelautomaten sowie die Konferenz- und Pausenbewirtung (Cateringservice) zur Verpflegung der Mitarbeiter und Gäste. In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat April 2018 vom 11.05.2018 wendete der Ehemann den ermäßigten Steuersatz nicht mehr nur z.B. auf Umsätze aus dem Verkauf von belegten Brötchen, die von Kunden abgeholt worden waren, an, sondern auch auf Umsätze aus dem Verkauf von Mittagessen. Das Finanzamt nahm nach einer Außenprüfung im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Monat April 2018 vom 17.10.2019 an, auf die Umsätze aus dem Verkauf von Mittagessen sei der Regelsteuersatz anzuwenden.
Das Sächsische Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage des Ehemannes als unbegründet ab1; das Finanzamt habe zu Recht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Umsätze des Ehemanns in Gestalt der Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle versagt. Der Bundesfinanzhof hob das finanzgerichtliche Urtei lauf; die tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Finanzgerichts reichen nicht aus, die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides beurteilen zu können; denn das Urteil des Sächsischen Finanzgericht ist in Bezug auf den leistenden Unternehmer widersprüchlich, so dass die Vorentscheidung in der Sache keinen Bestand haben kann2:
Das Finanzgericht hat einerseits (erklärungsgemäß) den Ehemann als leistenden Unternehmer angesehen, aber andererseits -zutreffend- festgestellt, dass der Konzessionsvertrag zwischen dem Institut als Auftraggeber und dem Ehemann und seiner Ehefrau als Auftragnehmer abgeschlossen wurde. Das Finanzgericht ist deshalb im Tatbestand seines Urteils einerseits davon ausgegangen, dass der Ehemann und seine Ehefrau die Kantine „betreiben“, hat aber andererseits ausgeführt, dass der Ehemann das Essen verkaufe.
Zumindest gegenüber dem Institut scheint als Vertragspartner des Konzessionsvertrags (und damit möglicherweise als Konzessionsinhaber sowie Empfänger der Nutzungsüberlassungen des Instituts) eine aus dem Ehemann und seiner Ehefrau bestehende Personenmehrheit aufgetreten zu sein. Allerdings kann der Bundesfinanzhof insoweit nicht beurteilen, ob sich aus dem in § 2 des Vertrags erwähnten Angebot vom 13.08.2017 etwas anderes ergeben könnte, weil das Finanzgericht dessen Inhalt nicht festgestellt hat.
Zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Umstand, wer leistender Unternehmer der hier streitigen Ausgangsumsätze ist, ob der Ehemann (Ehemann), seine Ehefrau oder eine aus den Eheleuten bestehende Personenmehrheit gegenüber Kunden der Kantine nach außen als Leistende(r) aufgetreten ist3, hat das Sächsische Finanzgericht hingegen keine Feststellungen getroffen. Der Inhalt der dem Bundesfinanzhof vorliegenden Handakten der Prüferin bietet (neben dem Auftreten des Ehemanns gegenüber dem Finanzamt) insofern zwar durchaus Anhaltspunkte dafür, dass dies -ungeachtet der in eine andere Richtung deutenden Feststellungen des Finanzgericht zum Betrieb der Kantine durch den Ehemann und seine Ehefrau- nur der Ehemann gewesen sein könnte. Mit der für eine abschließende Sachentscheidung notwendigen Klarheit ergibt sich dies indes nicht, sodass das Finanzgericht Feststellungen dazu nachholen muss.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. Oktober 2021 – XI R 24/20
- Sächs. FG, Urteil vom 05.02.2020 – 5 K 1604/19, EFG 2021, 786[↩][↩]
- vgl. allgemein BFH, Urteil vom 12.10.2006 – V R 36/04, BFHE 215, 356, BStBl II 2007, 485, Rz 13 ff.[↩]
- vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums BFH, Urteil vom 12.08.2015 – XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919, Rz 27, m.w.N.; s.a. zur Zurechnung der Umsätze einer Gaststätte BFH, Beschluss vom 02.01.2018 – XI B 81/17, BFH/NV 2018, 457[↩]