Entnahmen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG alle Wirtschaftsgüter (darunter Waren), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Die Vorschrift gilt, wie sich aus der Erwähnung dieses Begriffs in § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG ergibt, auch bei einer Ermittlung des Gewinns als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 UStG ist der Unternehmer, d. h. einer der Antragsteller, verpflichtet, zur Feststellung der (Umsatz-)Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen vorzunehmen, aus denen u. a. die Bemessungsgrundlage für sonstige Leistungen i. S. des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu ersehen ist. Diese Verpflichtung besteht nicht nur für Zwecke der Umsatz-, sondern auch für Zwecke der Einkommensbesteuerung1.
In dem hier vom Finanzgericht Düsseldorf entschiedenen Fall hat der Antragsteller keine Aufzeichnungen zu sonstigen Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vorgelegt. Die Besteuerungsgrundlagen sind daher insoweit zu schätzen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Bei dieser Schätzung darf mangels besserer Anhaltspunkte von Pauschbeträgen ausgegangen werden, die die Finanzverwaltung in einer amtlichen Richtsatzsammlung zusammengefasst hat, weil diese auf Erfahrungswerten beruhen2.
Die Richtsatzsammlung für 20083 weist allerdings nur Werte für „Gast- und Speisewirtschaften“ aus. Imbissbetriebe gehören nicht dazu. Dies folgt aus der Einteilung der Betriebe in Gewerbeklassen. Die Richtsatzsammlung unterscheidet dabei zwischen Gast- und Speisewirtschaften (zu denen auch Restaurants und Weinwirtschaften) gehören einerseits und Imbissbetrieben (einschließlich Schnellimbissen) andererseits. Charakteristisches Merkmal eines Imbissbetriebs ist aber das Überwiegen des Verkaufs von im Gast- bzw. Verkaufsraum zubereiteten Speisen zum Außer-Haus-Verzehr, mögen auch für einen Teil der Kundschaft Sitz- oder Stehgelegenheiten zum Verzehr an Ort und Stelle bereitstehen.
Kann für die Schätzung der Entnahmen nicht auf die Richtsatzsammlung zurückgegriffen werden, weil diese keine Erfahrungswerte für unentgeltliche Wertabgaben in Imbissbetrieben enthält, so muss diese nach anderen Gesichtspunkten erfolgen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die eigene Schätzung des Antragstellers den Jahreswert für zwei Erwachsene und ein mit dem halben Jahreswert anzusetzendes Kind für ermäßigt zu besteuernde Warenabgaben den Ansatz gemäß der Anlage zur Richtsatzsammlung 2008 für den Veranlagungszeitraum 2009 noch übertrifft (3.210 Euro gegenüber 2.792,50 Euro). Bei den nicht ermäßigt zu besteuernden Waren hat der Antragsteller fast den gesamten Wareneinkauf als Entnahme behandelt (ca. 90%). Ein höherer als der vom Antragsteller selbst angegebene Ansatz lässt sich daher ohne besondere Gründe, für die nichts ersichtlich ist, nicht nachvollziehbar begründen. Er lässt sich insbesondere nicht auf § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG stützen. Zwar stellt die Einnahme von Speisen und Getränken durch den Betriebsinhaber selbst in seinem Betrieb eine sonstige Leistung im Sinne dieser Vorschrift dar4. Die Vorschrift ist jedoch nicht auf Entnahmen i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG anwendbar. Entnommen werden können grundsätzlich nur Wirtschaftsgüter und Nutzungen, soweit ihr Ansatz als Entnahme für eine zutreffende Gewinnermittlung geboten ist. Eigene Arbeitskraft kann dagegen nicht Gegenstand einer Entnahme sein, soweit sie nicht in den Wert eines Wirtschaftsgutes eingegangen ist5. Über den Wert der nicht ermäßigt zu besteuernden Waren hinaus könnten daher nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG allenfalls noch Kosten für deren Zubereitung als verzehrfertige Speisen für die Antragsteller und ihren Sohn als Entnahme angesehen werden (z. B. Strom- und Wasserkosten), nicht dagegen der damit verbundene Zeitaufwand des Antragstellers, der jedoch kalkulatorischer Bestandteil des Preises ist, auf den der nicht ermäßigte Umsatzsteuersatz im Fall des Verkaufs der Speisen an einen Verbraucher anzuwenden ist.
Gegen den Ansatz einer Entnahme in dem vom Antragsgegner in der Einspruchsentscheidung angesetzten Umfang spricht ferner, dass diese sich mit 7.769 € (ohne Umsatzsteuer) auf rd. 43% des Wareneinkaufs und knapp 11% des Gesamtumsatzes (Umsatzerlöse und Entnahme von Gegenständen: 63.941,46 € + 7.769 €) belaufen würde. Derartige Prozentsätze erscheinen jedoch – jedenfalls bei summarischer Prüfung – nicht realitätsgerecht.
Hinsichtlich der Verwendung eingekaufter Waren, deren Einkauf den Antragsteller zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigte, für unternehmensfremde Zwecke im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG gilt dies entsprechend. Dem Antragsteller ist insoweit lediglich zuzugeben, dass auch mit Waren, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, Umsätze erzielt werden können, die nicht ermäßigt zu besteuern sind. Mangels Anwendbarkeit der Erfahrungssätze für unentgeltliche Wertabgaben der Richtsatzsammlung 2008, die dem Wortlaut nach ohnehin nur für Sachentnahmen gilt, d. h. für Lieferungen i. S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, kann sich die Schätzung daran jedoch nicht orientieren. Vielmehr ist auch insofern der Schätzung des Antragstellers zu folgen, weil es nicht zwingend ist, dass er und seine Familie zubereitete Speisen unter Umständen verzehrt haben, durch die es zu einer sonstigen Leistung statt einer Lieferung kommt.
Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21. Januar 2011 -3 V 4022/10 A(E,U)
- vgl. BFH, Urteil vom 02.03.1982 – VIII R 225/80, BStBl II 1984, 504; und Beschluss vom 19.03.2007 – X B 191/06, BFH/NV 2007, 1134[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 19.03.2007 – X B 191/06, BFH/NV 2007, 1134[↩]
- vgl. BMF-Schreiben vom 02.10.2009 – IV A 4 – S 1544/09/10001-01 2009/0500916, BStBl I 2009, 1149[↩]
- vgl. Assmann/Burhoff, Besteuerung des Hotel- und Gaststättengewerbes, 5. Aufl. 2008 Rdnr. 1409, unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 10.09.1998 – IV C 3 – S 7100 – 97/98, BStBl I 1998, 1148[↩]
- vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 29. Aufl. 2010, § 4 Rz. 307, 309 u. 342[↩]