Differenzbesteuerung der Leistung eines Gesellschafters an seine Gesellschaft

Bei der nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG für die Differenzbesteuerung erforderlichen Lieferung muss es sich um eine Lieferung gegen Entgelt handeln. Lieferungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft können entgeltlich z.B. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich als „verdeckte Einlage“ erfolgen.

Differenzbesteuerung der Leistung eines Gesellschafters an seine Gesellschaft

Nach § 25a Abs. 1 UStG setzt die Differenzbesteuerung voraus, dass der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist (Nr. 1), die Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden und für diese Lieferung Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde (Nr. 2) und es sich bei den Gegenständen nicht um Edelsteine oder Edelmetalle handelt (Nr. 3). Der Umsatz wird dabei gemäß § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt; bei Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1b UStG und in den Fällen des § 10 Abs. 5 UStG tritt an die Stelle des Verkaufspreises der Wert nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG.

Gemeinschaftsrechtliche Grundlage von § 25a UStG ist Art. 26a der Richtlinie 77/388/EWG. Nach Teil B Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Sonderregelung für steuerpflichtige Wiederverkäufer auf „Lieferungen“ anzuwenden. § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG beruht gemeinschaftsrechtlich auf Art. 26a Teil B Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

„Die Besteuerungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen im Sinne von Absatz 2 ergibt sich aus der Differenz des steuerpflichtigen Wiederverkäufers, abzüglich des Betrags der auf diese Differenz erhobenen Mehrwertsteuer. Diese Differenz entspricht dem Unterschied zwischen dem von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Gegenstands.

Im Sinne dieses Absatzes gelten als

  •  „Verkaufspreis“ die gesamte Gegenleistung, die der steuerpflichtige Wiederverkäufer vom Käufer oder von einem Dritten erhält oder zu erhalten hat, einschließlich der unmittelbar mit diesem Umsatz zusammenhängenden Zuschüsse, die Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben sowie die Nebenkosten wie Provisions-, Verpackungs-, Beförderungs- und Versicherungskosten, die der steuerpflichtige Wiederverkäufer vom Käufer fordert, mit Ausnahme der in Artikel 11 Teil A Absatz 3 genannten Beträge;
  •  „Einkaufspreis“ die gesamte Gegenleistung entsprechend der Definition des ersten Gedankenstrichs, die der Lieferant von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erhält oder zu erhalten hat.“

Die Anwendung der Differenzbesteuerung setzt nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG mithin insbesondere eine Lieferung an den Wiederverkäufer voraus.

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Bei der Lieferung an den Wiederverkäufer muss es sich –entgegen einer zum Teil vertretenen Auffassung– um eine entgeltliche Lieferung handeln. Zwar stellt der Wortlaut der Vorschrift nur auf das Vorliegen einer Lieferung ab, wobei § 3 Abs. 1 UStG den Begriff der Lieferung definiert. Die bloße „Verschaffung der Verfügungsmacht“ an den Wiederverkäufer nach § 3 Abs. 1 UStG reicht jedoch nicht aus. Denn zum einen erübrigt sich bei unentgeltlichen Lieferungen an den Wiederverkäufer die von § 25a UStG und Art. 26a Teil B Abs. 1 der Richtlinie vorgesehene „Differenzbesteuerung“, die die Ermittlung einer Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis voraussetzt1. Gegen die Auffassung, tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung sei nur das Vorliegen einer Lieferung im Sinne der „Verschaffung der Verfügungsmacht“ an einem Gegenstand, während die Frage, ob überhaupt und ggf. in welcher Höhe die Lieferung mit einer Gegenleistung im Zusammenhang stehe, nur bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sei, spricht zum anderen auch der Wortlaut des Art. 26a Teil B Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach ergibt sich die „Besteuerungsgrundlage bei der Lieferung … aus der Differenz … [als] … Unterschied zwischen dem … Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Gegenstands“. Danach muss für die Lieferung an den Wiederverkäufer ein „Einkaufspreis“ vorliegen, der sowohl in der deutschen als auch in anderen Sprachfassungen2 ein entgeltliches Rechtsgeschäft voraussetzt. Der BFH schließt sich daher nicht der in der Kommentarliteratur vertretenen Auffassung an, wonach die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG auch bei unentgeltlichen Lieferungen gegeben sind und die Differenzbesteuerung dann mit einer Bemessungsgrundlage von 0 DM anzuwenden sein soll3. Es kommt daher für die Beurteilung  darauf an, ob die Verschaffung der Verfügungsmacht durch die Gesellschafter auf die Gesellschaft entgeltlich erfolgte,4

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Eine entgeltliche Leistung des Gesellschafters an seine Gesellschaft kann auch vorliegen, wenn für Gesellschaftereinlagen Gutschriften auf dem jeweiligen Gesellschafterkapitalkonto erfolgen5.

Liegt danach durch Gewährung von Gesellschaftsrechten oder Gutschriften auf einem Kapitalkonto ein entgeltlicher Erwerb der Gesellschaft vor und hat die Gesellschaft beim Empfang der Einlage weiter auch mit der erforderlichen Wiederverkaufsabsicht gehandelt6, kommt es im Übrigen nicht auf die früheren Erwerbskosten der Gesellschafter, sondern auf den nach Tauschgrundsätzen7 für den Zeitpunkt der Einlage zu ermittelnden Wert der gewährten Gesellschaftsrechte oder die Höhe der Gutschrift auf dem Kapitalkonto an.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Dezember 2008 – V R 73/07

  1. vgl. § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG und Art. 26a Teil B Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG[]
  2. z.B. englisch: „purchase price“, französisch: „prix d’achat“[]
  3. Widmann, in Plückebaum/Malitzky, UStG, § 25a Rz 80 f.; Mößlang, in Sölch/Ringleb, UStG, § 25a Rz 9; Radeisen, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 25a Rz 54, und Bülow, in Vogel/Schwarz, UStG, § 25a Rz 25[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 6. September 2007 – V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710[]
  5. BFH, Urteil vom 16. März 1993 – XI R 52/90, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562) und sich hieraus Zahlungsansprüche für den Gesellschafter ergeben oder sich seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft vermindern. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass umsatzsteuerrechtlich auch Sacheinlagen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten entgeltlicher Charakter zukommt ((vgl. hierzu BFH, Urteil vom 13. November 2003 – V R 79/01, BFHE 204, 332, BStBl II 2004, 375[]
  6. vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 – C-280/04, Jyske Finans, Slg. 2005, I-10683, BFH/NV Beilage 2006, 131 Rdnrn. 32 und 42[]
  7. vgl. hierzu z.B. BFH, Urteil vom 16. April 2008 – XI R 56/06, BFH/NV 2008, 1413, BStBl II 2008, 909[]
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