Fahrten, die Gesellschafter einer Personengesellschaft – in dem jetzt vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall einer in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR – betriebenen Steuerberatersozietät) von der Wohnung zur Arbeits-/ Betriebsstätte mit gesellschaftseigenen Kraftfahrzeugen durchführen dienen umsatzsteuerrechtlich in der Regel nicht unternehmerischen, sondern privaten Zwecken der Gesellschafter und damit unternehmensfremden Zwecken i.S.d. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.

Mit der entgeltlichen Vermietung der gesellschaftseigenen Kfz an ihre Gesellschafter für private Zwecke hat die Gesellschaft an diese sonstige Leistungen gegen Entgelt i.S.d § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht. In der entgeltlichen Überlassung der gesellschaftseigenen Kfz der Gesellschaft an ihre Gesellschafter für private Zwecke liegt eine Vermietung dieser Kfz an ihre Gesellschafter vor. Zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern ist ein Leistungsaustausch möglich 1. Die Vermietungsleistung ist eine sonstige Leistung der Gesellschaft gemäß § 3 Abs. 9 UStG. Da der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG im Inland liegt, diese Leistung gegen Entgelt, nämlich gegen Belastung des Privatkontos des jeweiligen Gesellschafters, ausgeführt wurde und keine Steuerbefreiung eingreift, ist diese Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG als steuerbarer Umsatz auch steuerpflichtig.
Bemessungsgrundlage für diese sonstigen Leistungen ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG das Entgelt, demnach alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Die Belastung des Privatkontos des jeweiligen Gesellschafters ist einer Bezahlung und damit einem Entgelt gleichzustellen 2. Als umsatzsteuerliches Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG für die Kfz-Vermietungen an die Gesellschafter der Klägerin ist der Betrag der tatsächlichen Privatkontenbelastung der Gesellschafter anzusetzen.
In das Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG sind auch die auf den Privatkonten gebuchten Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte der Gesellschafter einzubeziehen, da diese der privaten Nutzung der Kfz zuzuordnen sind. Die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind nicht der unternehmerischen, sondern der privaten Nutzung der Gesellschafter zuzuordnen.
Insoweit ist umsatzsteuerlich eine andere Wertung geboten als sie im Ertragsteuerrecht vorgenommen wird, wo derartige Fahrten nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG dem Grunde nach als Betriebsausgaben angesehen werden, deren steuerliche Abzugsfähigkeit lediglich der Höhe nach begrenzt ist 3. Dies folgt nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts aus einer entsprechenden Anwendung des EuGH-Urteils vom 16. Januar 1997 4.
Nach diesem Urteil ist die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück durch den Arbeitgeber i.S.d. Art. 6 Abs. 2 der mit Anwendungsvorrang ausgestatteten Sechsten Umsatzsteuer-Richtlinie 5 grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken zuzurechnen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände im Hinblick auf die Erfordernisse des Unternehmens es gebieten, dass die Beförderung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übernommen wird, z.B. weil die Arbeitsstätte des Arbeitnehmers weder mit privaten noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist oder es sich um eine wechselnde Arbeitsstätte handelt 6.
Entsprechendes gilt, so das Niedersächsische Finanzgerichts in seinen Urteilsgründen, auch für die Fahrten, die Gesellschafter einer Personengesellschaft von ihrer Wohnung zu ihrer Arbeitsstätte bzw. Betriebsstätte mit gesellschaftseigenen Kfz durchführen. Auch derartige Fahrten dienen umsatzsteuerrechtlich in der Regel nicht unternehmerischen, sondern privaten Zwecken der Gesellschafter und damit anderen unternehmensfremden Zwecken i.S.d. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.
Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG regelt nicht nur die Erbringung unentgeltlicher Dienstleistungen eines Steuerpflichtigen für sein Personal, also u.a. die Beförderung der Arbeitnehmer zur Arbeitsstätte (Art. 6 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG), sondern auch die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat, wie z.B. die private Nutzung eines Kfz (Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG). Die Abgrenzung, inwiefern Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits-/Betriebsstätte i.S.d. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG unternehmerischen Zwecken dienen, kann nach Auffassung des erkennenden Senates bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits-/Betriebsstätte von Gesellschaftern mit Kfz des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft (Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG) nicht nach anderen Kriterien erfolgen als bei dem Transport von Arbeitnehmern (Art. 6 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG).
Anhaltspunkte für besondere Umstände im Hinblick auf die Erfordernisse der Klägerin, die dazu führen könnten, dass – in entsprechender Anwendung dieser Rechtsgrundsätze – die Fahrten ihrer Gesellschafter zu ihrer Arbeits-/ Betriebsstätte ausnahmsweise den unternehmerischen Zwecken zuzurechnen wären, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr handelt es sich bei der Tätigkeit einer Steuerberatersozietät um eine Tätigkeit, bei der es üblicherweise Sache des Gesellschafters ist, in eigener Verantwortung den Weg von der Wohnung zur Arbeits-/ Betriebsstätte zurückzulegen.
Auch hier zeigt sich wieder: Gerade im Umsatzsteuerrecht liegen viele Risiken. Fragen Sie Ihren Steuerberater in Köln, München, Hamburg oder wo immer Sie Ihren Betrieb haben, damit es später in der Betriebsprüfung kein böses Erwachen gibt.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 14. Januar 2010 – 5 K 411/05
- BFH, Urteil vom 23.07.1959 – V 6/58 U, BStBl III 1959, S. 379[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 05.06.2002 – I R 81/00, BStBl II 2004, 344; Rondorf, INF 1999, S. 550, 551[↩]
- Nds. FG, Urteil vom 11.11.2004 – 5 K 445/00, DStRE 2005, 407[↩]
- EuGH, Urteil vom 16.10.1997 – C‑258/95 Fillibeck, UR 1998, S. 61[↩]
- Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – 77/388/EWG[↩]
- EuGH, Urteil vom 16.10.1997 – C‑258/95 Fillibeck, UR 1998, S. 61 ff, Tz. 26 ff.[↩]