Bei den Umsätzen aus dem virtuellen Automatenspiel und den Umsätzen aus dem terrestrischen Betrieb von Geldspielautomaten handelt es sich nicht um gleichartige Dienstleistungen, die nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht unterschiedlich behandelt werden dürften, so dass eine möglicherweise vor dem 01.07.2021 bestehende mangelnde Durchsetzung des Steueranspruchs gegen die Betreiber von Online-Casinos jedenfalls nicht zu einem das Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzenden strukturellen Vollzugsdefizit führt.

Mit dieser Begründung hatte jetzt eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt1 vor dem Bundesfinanzhof keinen Erfolg:
Soweit die von der Spielautomatenbetreiberin allein geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) von ihr in einer § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Form dargelegt wurden, liegen sie nicht vor.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen2. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird dagegen nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist3. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, wenn nicht zu erwarten ist, dass es in einem künftigen Revisionsverfahren zu einer Klärung der Grundsatzfrage kommen wird4.
Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so hat er zunächst eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche, abstrakte Rechtsfrage herauszustellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Des Weiteren muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist5. Soweit ein Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfassungsrechtliche Bedenken geltend macht, erfordert die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung darüber hinaus eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik6. Wird ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemacht, hat der Beschwerdeführer insbesondere auf naheliegende Gründe für und gegen die angegriffene Differenzierung einzugehen7.
Nach diesen Maßstäben kommt eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Streitfall nicht in Betracht.
Die von der Spielautomatenbetreiberin aufgeworfene Rechtsfrage, ob „Artikel 135 Abs. 1 Buchstabe i)) der Richtlinie 2006/112/EG [des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)] dahin auszulegen [ist], dass ein Mitgliedstaat die Veranstaltung eines Glücksspiels mit Geldeinsatz nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen darf, wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank nach der entsprechenden nationalen Rechtsvorschrift infolge einer Gesetzesänderung, die nach dem Urteil vom 17.02.2005 in den verbundenen Rechtssachen Linneweber und Akritidis8 erfolgte, seit dem 06.05.2006 zwar einer als ‘Umsatzsteuer‘ bezeichneten Besteuerung unterliegt, aber die Besteuerung der Spielbankenumsätze nicht in einer Weise erfolgt, wie sie für die Mehrwertsteuer charakteristisch ist, insbesondere deshalb, weil erstens, im Moment der Ausführung des Umsatzes (d.h. im Moment der Verbraucherversorgung) die Höhe der Steuer – wie dies bei der Mehrwertsteuer der Fall ist – nicht feststeht, da diese erst am Ende des Jahres berechnet werden kann und sie abhängig von der Höhe der Jahresumsätze ist und das leistende Spielbankunternehmen eine gegebenenfalls überzuwälzende Steuerbelastung im Moment der Leistungsausführung noch gar nicht kennt, jedenfalls nicht genau der Höhe nach und insofern auch keine auf Überwälzung angelegte Steuer vorliegt und zweitens, bereits der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, dass die Steuer nicht in einer Weise auf Abwälzung auf den Endverbraucher angelegt ist, wie es gemäß Art. 1 Abs. 2 MwStSystRL für die Mehrwertsteuer charakteristisch ist“, ist nicht klärungsbedürftig.
Mit dieser Rechtsfrage will die Spielautomatenbetreiberin im Kern klären lassen, ob die seit 06.05.2006 geltende Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG, die mithin auf die im Beschwerdeverfahren allein noch im Streit stehenden Besteuerungszeiträume der Jahre 2015 bis 2017 (Streitjahre) Anwendung findet, gegen das Neutralitätsprinzip verstößt, weil es sich bei der seitdem erhobenen Umsatzsteuer auf Umsätze von öffentlichen Spielbanken wegen Fehlens der Proportionalität und der Über- oder Abwälzbarkeit (im Folgenden: Abwälzbarkeit) nicht um eine Umsatzsteuer im materiell-rechtlichen Sinne handele, so dass diese noch immer von der Umsatzsteuer befreit seien und sie sich -als Betreiberin gewerblicher Geldspielgeräte- weiterhin unmittelbar auf die Steuerbefreiung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen könne.
Dies ist bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesfinanzhofs dahingehend geklärt, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in seiner ab dem 06.05.2006 geltenden Fassung9 mit Unionsrecht vereinbar ist10.
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der Annahme der Spielautomatenbetreiberin, dass die von den öffentlichen Spielbanken zu entrichtende Steuer nach ihrem materiellen Charakter keine Umsatzsteuer sei, weil es hierfür am Merkmal der Proportionalität und am Merkmal der Abwälzbarkeit auf den Verbraucher fehle.
Eine Proportionalität der Umsatzsteuer zu dem Einsatz jedes einzelnen Spielers, die nach dem Vorbringen der Spielautomatenbetreiberin deshalb nicht gegeben sein soll, weil Besteuerungsgrundlage nicht diese einzelnen Einsätze, sondern die monatlichen oder jährlichen Kasseneinnahmen seien, hat weder der EuGH in seiner Rechtsprechung gefordert11 noch ergibt sich dies aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs12.
Nach dem EuGH, Urteil Metropol Spielstätten ist zudem bereits geklärt, dass eine hinreichende Abwälzung auch dann vorliegt, wenn als Bemessungsgrundlage die Kasseneinnahmen zugrunde gelegt werden. Durch die Regelungen für Geldspielgeräte werde eine Abwälzung der Mehrwertsteuer auf die Endverbraucher nicht verhindert, da die „geschuldete Mehrwertsteuer, die sich aus der Anwendung des gesetzlichen Mehrwertsteuersatzes auf die Nettokasse als Bemessungsgrundlage ergibt, (…) von den Endverbrauchern auch tatsächlich gezahlt worden [ist]“13. Soweit die Spielautomatenbetreiberin mit Bezug auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Tesco-Global Áruházak vom 04.07.201914 vorträgt, eine konkrete Abwälzbarkeit setze voraus, dass im Moment der Ausführung des Umsatzes (d.h. im Moment der Verbraucherversorgung) die Höhe der Steuer bereits feststehen müsse, lässt die Spielautomatenbetreiberin unberücksichtigt, dass dieses Erfordernis nur „grundsätzlich“ besteht15 und die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Leistungen ausgeführt wurden. Darüber hinaus ist in den Fällen, in denen die Höhe des Entgelts bei Ablauf des Voranmeldungszeitraums nicht genau bekannt ist, das Entgelt anhand von Erfahrungssätzen zu schätzen16.
Neuer Klärungsbedarf wird auch nicht durch die Annahme begründet, bereits der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sei zu entnehmen, dass die Steuer nicht auf Abwälzbarkeit auf den Endverbraucher angelegt sei und es zu einer wirtschaftlichen Belastung der Spielbanken komme. Denn in der Gesetzesbegründung wird von einer „zumindest mittelbare[n] Weitergabe der Umsatzsteuer an den Endverbraucher“17 ausgegangen. Die von der Spielautomatenbetreiberin dagegen vertretene Ansicht, dass dem Gesetzgeber völlig klar gewesen sei, dass dies nicht ausreiche, die Steuer an den Endverbraucher weiterzugeben, begründet jedenfalls keinen neuen Klärungsbedarf.
Soweit die Spielautomatenbetreiberin mit Bezug auf die in den Spielbankgesetzen der Länder vorgesehene Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe meint, dass die Umsatzsteuer die Spielbanken als Unternehmer wirtschaftlich belaste und, so wie sie von den Spielbanken erhoben werde, nicht auf Abwälzung auf den Endverbraucher angelegt sei, ist die unionsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Anrechnung gleichfalls geklärt18. Der Bundesfinanzhof folgt daher nicht der Annahme der Spielautomatenbetreiberin, dass zugunsten der Spielbanken eine Mehrwertsteuerbefreiung bestehe, die nach Maßgabe des Grundsatzes der steuerrechtlichen Neutralität auch ihr zugutekommen müsse, was durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu klären sei.
Nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führt die von der Spielautomatenbetreiberin außerdem aufgeworfene Rechtsfrage, ob „ein das Grundrecht auf Gleichbehandlung, Art. 3 Abs. 1 GG, verletzendes strukturelles Vollzugsdefizit vor[liegt], wenn die Umsätze aus dem Betrieb gewerblicher Geldspielgeräte der Umsatzsteuer unterliegen, die Veranstaltung eines mit dem Betrieb im Wettbewerb stehenden gleichartigen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank nach der Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG infolge einer Gesetzesänderung, die nach dem Urteil vom 17.02.2005 in den verbundenen Rechtssachen Linneweber und Akritidis erfolgte, zwar nicht mehr steuerfrei ist, aber die Besteuerung der Spielbankenumsätze auf praktische Probleme stößt, da diese Umsätze keinen Beschränkungen durch zwingende gesetzliche Vorschriften unterliegen, weshalb die Kasseneinnahme als Bemessungsgrundlage nicht in Betracht kommt19, jedoch eine Besteuerung der gesamten Spieleinsätze aufgrund tatsächlich hoher Auszahlungsquoten wegen fehlender Abwälzungsmöglichkeiten nicht möglich ist“.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG verlangt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen20. Zur Gleichheitswidrigkeit führt aber nicht ohne Weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, sondern erst das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts21. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt schon, um eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Regelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen22.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Spielautomatenbetreiberin weder ein strukturelles Vollzugsdefizit hinsichtlich der Umsatzbesteuerung von Spielbanken dargelegt noch liegt ein solches Vollzugsdefizit tatsächlich vor.
Das Vorbringen der Spielautomatenbetreiberin ist unsubstantiiert, da sie einerseits das Vorliegen eines strukturellen Vollzugsdefizits behauptet, andererseits jedoch einräumt, dass die Umsätze der öffentlichen Spielbanken seit dem Wegfall der Steuerfreiheit zum 06.05.2006 „tatsächlich besteuert werden, indem bei ihnen als Entgelt und damit als Bemessungsgrundlage wie bei den Betreibern gewerblicher Geldspielautomaten, die den Regeln der Spielverordnung und damit ‚zwingenden gesetzlichen Vorschriften unterliegen‘, die Kasseneinnahmen am Ende eines Zeitraums herangezogen werden“. Damit fehlt es an der hinreichenden Darlegung eines bereits in der Regelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG angelegten Umsetzungsdefizits. Unsubstantiiert ist in diesem Zusammenhang zudem die Annahme, dass sich eine unionsrechtskonforme Besteuerung der Umsätze von öffentlichen Spielbanken praktisch nicht durchführen lasse und die Besteuerung auch von den Finanzbehörden seit dem Wegfall der Steuerbefreiung für öffentliche Spielbanken zum 06.05.2006 durch Änderung der maßgeblichen Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG „nicht praktiziert“ werde.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer ist eine unterschiedlich hohe steuerliche Belastung der gewerblichen Spielhallenbetreiber und der öffentlichen Spielbanken im Übrigen nicht ersichtlich, da die umsatzsteuerliche Belastung in beiden Fällen auf der Anwendung der gleichen Bemessungsgrundlage unter Anwendung des gleichen Steuersatzes beruht.
Darüber hinaus hat die Spielautomatenbetreiberin nicht vorgetragen und erläutert, dass in den Streitjahren eine strukturell gegenläufige, dem Gesetzgeber zuzurechnende Erhebungsregelung vorgelegen habe, wie sie das BVerfG in seinen Urteilen in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 zur Verfassungswidrigkeit der Zinsbesteuerung nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 31.08.197923 und in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56 zur Verfassungswidrigkeit von Spekulationsgeschäften in § 30a der Abgabenordnung a.F. gesehen hat24.
Die von der Spielautomatenbetreiberin weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob „die Möglichkeit zur Teilnahme am Spiel an Geldgewinnspielgeräten, deren Umsätze durch zwingende gesetzliche Vorschriften im Sinne der Rechtsprechung des EuGH25 begrenzt sind, gegen Einräumung einer Gewinnchance, vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom 10.11.201626, eine Erbringung einer Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie und somit eine Leistung [ist], die der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn als Entgelt, welches der Dienstleister von den Spielgästen erhält, die monatlichen Kasseneinnahmen zugrunde gelegt werden, die ihrerseits von der Höhe der Gewinne und Verluste der jeweiligen Spieler abhängen und das Entgelt damit anders als der Spieleinsatz, der platzierungsunabhängig im Voraus zu leisten ist; vom Zufall abhängt“, ist ebenso wenig klärungsbedürftig und damit auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Es steht bereits unionsrechtlich zweifelsfrei fest, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Leistung des Automatenaufstellers in der Einräumung einer Gewinnchance (unter Inkaufnahme des Risikos, den Gewinn auszahlen zu müssen) besteht, diese Leistung trotz der Zufallsabhängigkeit des Umstands, ob dem einzelnen Spieler ein Gewinn ausgezahlt werden muss oder nicht, in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt, und dass das Entgelt, für das die Leistung erbracht wird, aufgrund der gesetzlichen Vorgaben in den (Netto-)Kasseneinnahmen aus den Spielen aller Spieler besteht27.
Entgegen der Ansicht der Spielautomatenbetreiberin begründet das EuGH, Urteil Baštová vom 10.11.201628 keine Zweifel an der Steuerbarkeit der Umsätze eines Glücksspiel-Veranstalters29. Der vom EuGH entschiedene Fall der Teilnahme eines Rennpferdes an einem Pferderennen ist nicht mit der Veranstaltung von Glücksspielen vergleichbar30. Auf die Überlegungen der Spielautomatenbetreiberin zur Beurteilung von Anmeldegebühren und Startgeldern kommt es dabei nicht an, da es vorliegend um die unterschiedliche Behandlung des Automatenspiels gegenüber der Nichtsteuerbarkeit platzierungsabhängiger Preisgelder geht, die der Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 eingehend begründet hat.
Soweit die Spielautomatenbetreiberin ausführt, für einen steuerbaren Leistungsaustausch fehle es vorliegend an einem Rechtsverhältnis zwischen der Spielautomatenbetreiberin auf der einen Seite und der Gesamtheit der Spieler, welche die Kasseneinnahme generiert haben, auf der anderen Seite, vermischt sie Fragen des Leistungsaustausches in unzulässiger Weise mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage. Das den Leistungsaustausch begründende Rechtsverhältnis besteht in den Spielverträgen mit den einzelnen Spielgästen, während sich die Bemessungsgrundlage nach der vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltenen Gegenleistung richtet, soweit er über diese effektiv selbst verfügen kann.
Grundsätzliche Bedeutung kommt auch der Rechtsfrage der Spielautomatenbetreiberin, ob es „gegen den unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz in Verbindung mit dem verfassungsmäßigen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung [verstößt], dass die Spielautomatenbetreiberin sich für die Streitjahre 2015 bis 2017 nicht auf die Steuerbefreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG berufen kann, obwohl nach § 6 Abs. 1 SpielbkV der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern des Reichs, die vom Einkommen; vom Vermögen; und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und von der Gesellschaftssteuer befreit ist und das Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages fort gilt, soweit es dem Grundgesetz (GG) nicht widerspricht (Art. 123 Abs. 1 GG) und § 6 SpielbkV daher als Bundesrecht fort gilt“, nicht zu.
Auch diese Rechtsfrage ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu begründen. Die o.g. Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden hat, dass nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1967 mit dem Inkrafttreten des UStG 1967 zum 01.01.1968 u.a. die in anderen als in den unter Nr. 1 bis 6 aufgeführten Rechtsvorschriften enthaltenen umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften außer Kraft traten. Das galt insbesondere für die nicht ins Umsatzsteuergesetz übernommenen Steuerbefreiungen und insoweit damit auch für § 6 der Verordnung über öffentliche Spielbanken (SpielbkV). Diese Norm galt somit, soweit sie eine Befreiung von der Umsatzsteuer vorsah, ab dem 01.01.1968 nicht mehr und blieb insoweit auch außer Kraft31.
Soweit die Spielautomatenbetreiberin geltend macht, bei der vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 getroffenen Auslegung handele es sich um eine nach der Rechtsprechung des BVerfG unzulässige Rechtsfortbildung, wendet sie sich gegen die materiell-rechtliche Beurteilung in diesem Urteil und setzt dem lediglich ihre eigene davon abweichende Auffassung entgegen. Damit wird keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht. Im Übrigen geht die Spielautomatenbetreiberin unzutreffend davon aus, dass sich aus dem BFH, Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 ergebe, dass § 6 SpielbkV für die Umsatzsteuer als Bundesrecht fort gelte.
Auch die Rechtsfrage, ob „Art. 1 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG der Anwendung der Bemessungsgrundlage Kasseneinnahme bei Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit entgegen[steht]“, ist nicht klärungsbedürftig.
Durch die Rechtsprechung des EuGH und BFH ist bereits geklärt, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift oder Praxis, wonach beim Betrieb von Spielgeräten die Höhe der Kasseneinnahmen dieser Geräte nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, nicht entgegensteht32.
Die Spielautomatenbetreiberin trägt keine neuen Argumente und Gesichtspunkte vor, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof geboten erscheinen lassen und aus denen sich entgegen dieser ständigen Rechtsprechung nunmehr gleichwohl unionsrechtliche Zweifel an den Kasseneinnahmen als Bemessungsgrundlage ergäben.
Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt ebenso wenig im Hinblick auf die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob es sich „bei der Steuer, die ein Mitgliedstaat auf den Betrieb von Geldspielgeräten erhebt […], bei welcher sich das Entgelt und damit auch der Mehrwertsteuerbetrag […] aus der Kasseneinnahme am Ende eines Zeitraums ergibt, um eine gemäß Art. 1 Abs. 2 MwStSystRL auf Abwälzung auf den zivilrechtlichen Vertragspartner angelegte Steuer [handelt], die dem steuerlichen Neutralitätsgrundsatz entspricht, wenn sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, dass die Steuer zu Belastungen der betreffenden Unternehmer führt“, in Betracht.
Diese Rechtsfrage entspricht im Wesentlichen der von der Spielautomatenbetreiberin in ihrer Beschwerdebegründungsschrift auf S. … aufgeworfenen Rechtsfrage, die keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat. Eine Klärungsbedürftigkeit wird aber nicht dadurch begründet, dass die Beschwerdeführerin eine Rechtsfrage, für die eine grundsätzliche Bedeutung zu verneinen ist, nochmals abgewandelt mit einer geänderten Formulierung stellt.
Ebenso führt auch die von der Spielautomatenbetreiberin schließlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob „es mit dem Grundgesetz unvereinbar [ist], dass die Umsätze aus terrestrischen Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in den Jahren 2015 bis 2017 nicht von der Umsatzsteuer befreit waren, die Durchsetzung des Steueranspruchs gegen die Betreiber der Online-Casinos, welche gleichartige (virtuelle) Automatenspiele wie die Spielautomatenbetreiberin angeboten haben, wegen struktureller Vollzugshindernisse aber weitgehend vereitelt wurde“, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Bereits der rechtliche Ausgangspunkt dieser von der Spielautomatenbetreiberin als grundsätzlich bedeutend i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erachteten Rechtsfrage, dass es sich bei den im Streitzeitraum von Online-Casino-Betreibern im Internet angebotenen (illegalen) Automatenspielen im Vergleich zu den von ihr angebotenen Spielen um gleichartige Automatenspiele handele, die in der Folge nicht unterschiedlich behandelt werden dürften, trifft nicht zu. Bei den Umsätzen aus dem virtuellen Automatenspiel und den Umsätzen aus dem terrestrischen Betrieb von Geldspielautomaten handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dagegen gerade nicht um gleichartige Dienstleistungen, die nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht unterschiedlich behandelt werden dürften33. Aus diesem Grund bestehen an der Umsatzsteuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit auch nach Einführung der sog. virtuellen Automatensteuer (§ 36 ff. des Rennwett- und Lotteriegesetzes -RennwLottG- i.d.F. vom 25.06.2021) zum 01.07.2021 im Übrigen keine ernstlichen Zweifel34. Da es sich bei den Umsätzen aus dem virtuellen Automatenspiel einerseits und den Umsätzen aus dem terrestrischen Betrieb von Geldspielautomaten andererseits mithin nicht um gleichartige Dienstleistungen handelt, die nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität gleich behandelt werden müssten, konnte die von der Spielautomatenbetreiberin geltend gemachte mangelnde Durchsetzung des Steueranspruchs gegen die Betreiber von Online-Casinos vor dem 01.07.2021 jedenfalls nicht zu einem das Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzenden strukturellen Vollzugsdefizit führen.
Außerdem sind bei der Feststellung eines strukturellen Erhebungsdefizits auch Nachbesserungsversuche zu würdigen, die die Finanzverwaltung und der Gesetzgeber (hier: mit der Einführung der sog. virtuellen Automatensteuer i.S. der §§ 36 ff. RennwLottG i.d.F. vom 25.06.2021) nach dem Erkennen eines tatsächlichen Vollzugsdefizits (hier: Landesrechnungshof NRW, Jahresbericht 2019) ergriffen haben35. Eine solche substantiierte Würdigung ist im Rahmen des Beschwerdevorbringens nicht erfolgt.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 4. Januar 2023 – XI B 51/22
- FG LSA, Urteil vom 02.05.2022 – 3 K 1180/17[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 29.10.2020 – VIII B 54/20, BFH/NV 2021, 310, Rz 4; vom 28.07.2022 – II B 98/21, BFH/NV 2022, 1063, Rz 7; jeweils m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 01.12.2021 – II B 34/21, BFH/NV 2022, 330, Rz 4; in BFH/NV 2022, 1063, Rz 7; jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 17.01.2022 – II B 49/21, BFH/NV 2022, 420, Rz 7; in BFH/NV 2022, 1063, Rz 7; jeweils m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 07.02.2017 – X B 79/16, BFH/NV 2017, 774, Rz 11; vom 05.03.2020 – VIII B 30/19, BFH/NV 2020, 778, Rz 3; vom 07.06.2022 – VIII B 51/21, BFH/NV 2022, 926, Rz 4; jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 04.10.2010 – III B 82/10, BFH/NV 2011, 38, Rz 7; vom 09.11.2011 – III B 138/11, BFH/NV 2013, 372, Rz 3; vom 18.04.2017 – V B 147/16, BFH/NV 2017, 1052, Rz 8; jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse vom 13.06.2013 – III B 156/12, BFH/NV 2013, 1420, Rz 12; in BFH/NV 2017, 1052, Rz 11; jeweils m.w.N.[↩]
- EuGH 17.02.2005 – C-453/02 und – C-462/02[↩]
- BGBl I 2006, 1095[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Leo-Libera vom 10.06.2010 – C-58/09, EU:C:2010:333; nachfolgend BFH, Urteil vom 10.11.2010 – XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311; ferner Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 16.04.2012 – 1 BvR 523/11, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2012, 795; BFH, Urteil vom 11.12.2019 – XI R 13/18, BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 54, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs; BFH, Beschluss vom 20.04.2021 – XI B 39/20, BFH/NV 2021, 1209[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 – C-440/12, EU:C:2013:687, Rz 39 und 44[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311, Rz 53; vom 22.04.2010 – V R 26/08, BFHE 229, 429, BStBl II 2010, 883, Rz 15[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Metropol Spielstätten, EU:C:2013:687, Rz 51 f.[↩]
- EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin vom Kokott 04.07.2019 – C-323/18, EU:C:2019:567, Rz 29 bis 35[↩]
- vgl. EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Vetsch Int. Transporte vom 06.09.2018 – C-531/17, EU:C:2018:677, Rz 64[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 27.05.1982 – V R 9/77, HFR 1982, 396[↩]
- BT-Drs. 16/634, S. 12[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Metropol Spielstätten, EU:C:2013:687, Rz 60[↩]
- EuGH, Urteil Metropol Spielstätten, Rs. – C-440/12[↩]
- vgl. BVerfG, Urteile vom 09.03.2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, Leitsatz 1, sowie vom 27.06.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II. 1.[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II. 1.; BFH, Urteil vom 17.05.2021 – IX R 20/18, BFHE 274, 246, Rz 24[↩]
- BStBl I 1979, 590 zum sog. Bankenerlass 1979[↩]
- vgl. dazu auch BFH, Urteil vom 16.09.2021 – IV R 34/18, BFHE 274, 430, BStBl II 2022, 101, Rz 32[↩]
- Urteil vom 24.10.2013 – C-440/12, Metropol Spielstätten UG[↩]
- EuGH, Urteil vom 10.11.2016 – C-432/15, Baštová[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 29[↩]
- EuGH, Urteil Baštová vom 10.11.2016 – C-432/15, EU:C:2016:855[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 30 ff.[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 33 und Rz 34[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 47 ff.[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 10.06.2016 – V B 97/15, BFH/NV 2016, 1497, Rz 7 fünfter Spiegelstrich mit Verweis auf das EuGH, Urteil Metropol Spielstätten, EU:C:2013:687, Rz 44; BFH, Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 72 mit dem Hinweis, dass die Antwort 3 im EuGH, Urteil Metropol Spielstätten, EU:C:2013:687, ausdrücklich zu Art. 1 Abs. 2 MwStSystRL ergangen ist[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 26.09.2022 – XI B 9/22 (AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 1417, Rz 18 ff.[↩]
- vgl. BFH, Beschluss in BFH/NV 2022, 1417, Leitsatz[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II. 2.d; BFH, Urteil in BFHE 274, 430, BStBl II 2022, 101, Rz 46[↩]
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