GmbH-Anteile – und die Geschäftsveräußerung

Die Inhaberschaft von Anteilen an einer GmbH reicht (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieser GmbH) für sich genommen nicht hin, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der Veräußerin fortführen zu können. Anders kann es sein, wenn die bisherige Organträgerin die Anteile an der GmbH an die neue Organträgerin überträgt.

GmbH-Anteile – und die Geschäftsveräußerung

Auch die vollständige Übertragung der Anteile an einer GmbH stellt, jedenfalls außerhalb einer Organschaft, grundsätzlich keine Geschäftsveräußerung dar.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer u.a. die gesetzlich geschuldete Steuer für sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist u.a. die Steuer für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Diese Vorschriften setzten Art. 168 Buchst. a der MwStSystRL 2006/112/EG in nationales Recht um (früher: Art. 17 der Sechsten USt.-Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige u.a. berechtigt ist, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt; vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen erbracht wurden oder werden, abzuziehen, soweit die Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. § 15 Abs. 1 und 2 UStG sind deshalb (trotz ihres begrifflich „umgekehrten“ Ansatzes) richtlinienkonform auszulegen1.

Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Bei richtlinienkonformer Anwendung muss hierfür eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. der Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL ausgeübt werden2.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hat das Finanzgericht Nürnberg3 in der Vorinstanz -nach Ansicht des BFH zutreffend- angenommen, dass die Unternehmerin in Bezug auf die B-GmbH an sich als geschäftsleitende Holding wirtschaftlich tätig ist; denn die Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaft stellt einen „Eingriff in die Verwaltung“ der Tochtergesellschaft dar, der als wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL anzusehen ist, vorausgesetzt, die Vermietung ist -wie im Streitfall- nachhaltig und wird entgeltlich erbracht4. „Eingriffe einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft“ sind alle Umsätze, die eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen und von der Holding für ihre Tochtergesellschaft erbracht werden5. Dies wäre ohne das Vorliegen einer Organschaft der Fall.

Ebenso zutreffend hat das Finanzgericht indes erkannt, dass die Unternehmerin als Organträgerin der B-GmbH -bis zum Ende der Organschaft mit der B-GmbH durch Wegfall der finanziellen Eingliederung- zusammen mit der B-GmbH als Organgesellschaft eine eigenunternehmerische Tätigkeit (Herstellung von Waren) ausgeübt hat, die weder in der Vermietung des Betriebsgrundstücks noch im Halten der Beteiligung an der B-GmbH bestand6. Die Vermietung war in Folge von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG ein nicht steuerbarer Innenumsatz7.

Auch hat nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts die Unternehmerin als Leistungsempfängerin die Eingangsleistungen bezogen8. Dies gilt sowohl für die Beratungsleistungen als auch für die Leistungen der Notarin, die sich auf einen anderen Vertrag als den Kaufvertrag über die GmbH-Anteile bezogen.

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht reichten allerdings nicht aus, um zu beurteilen, ob Finanzamt und Finanzgericht den Vorsteuerabzug zutreffend nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG versagt haben, weil die Veräußerung der Anteile an der B-GmbH an die Erwerberin und die Einbringung der Anteile an der B-GmbH in die Erwerberin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein steuerfreier Umsatz oder als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar ist.

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Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG die Umsätze (und die Vermittlung der Umsätze) von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen. Dies setzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL in nationales Recht um, wonach die Mitgliedstaaten die Umsätze (einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung), die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, von der Mehrwertsteuer befreien.

Bei den Anteilen i.S. des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG, Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL handelt es sich um Papiere, die ein Eigentumsrecht an juristischen Personen begründen, sowie um solche, die ihrer Art nach mit den in dieser Vorschrift speziell genannten Papieren vergleichbar sind9. Dazu gehören insbesondere die Anteile an einer GmbH (Abschn.04.08.10 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses -UStAE-).

Als Umsatz kommt insoweit die vom Finanzgericht in den Urteilsgründen angesprochene Veräußerung von Anteilen in Betracht10, da sie die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändert und außerdem geeignet ist, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf die Anteile zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen11.

Aber auch die vom Finanzgericht nicht gesondert angesprochene Einbringung (Sacheinlage) der Anteile in die Erwerberin gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen kommt als Umsatz in Betracht12, da auch sie i.S. der unter II. 4.b bb genannten Rechtsprechung sowohl die rechtliche und finanzielle Lage der am Geschäft beteiligten Parteien als auch die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Anteile ändert.

Auf die Steuerbefreiung kann zwar verzichtet werden (§ 9 Abs. 1 UStG, Art. 137 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL)13; nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts ist ein solcher Verzicht aber nicht erfolgt.

Ein Fall, in dem die bezogenen Eingangsleistungen für die Anteilsveräußerung zu den allgemeinen Aufwendungen der Unternehmerin gehören und -als solche (z.B. indem sie zu den Kostenelementen der Produktpreise der B-GmbH gehören)- Kostenelemente der von ihr mit Hilfe der B-GmbH ansonsten gelieferten Gegenstände (und ggf. erbrachten Dienstleistungen) sind14, liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht nicht vor, so dass ein Vorsteuerabzug unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet.

Indes unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG).

Voraussetzung hierfür ist gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.

Die Vorschrift ist entsprechend Art.19 MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen15, wonach die Mitgliedstaaten „die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen“ können.

Der Tatbestand der Geschäftsveräußerung erfasst die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann16.

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Übertragen werden muss ein Gesamt- oder „Teilvermögen“. Bei Letzterem handelt es sich um einen autonomen unionsrechtlichen Begriff, der eine einheitliche Auslegung finden muss, um eine unterschiedliche Anwendung der Mehrwertsteuerregelung in den Mitgliedstaaten zu verhindern17. Er bezieht sich auf eine Kombination von Bestandteilen eines Unternehmens, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde18. Dies ist aus der Sicht des Erwerbers zu bestimmen19. Die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind nicht entscheidend20. Beim Veräußerer für die Tätigkeit notwendige Gegenstände, über die der Erwerber bereits selbst verfügt, müssen deshalb z.B. nicht mitübertragen werden21.

Der Erwerber muss außerdem beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben; nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit22. Der Erwerber darf aber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren23.

Ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln, ist von den nationalen Gerichten24 im Rahmen einer Gesamtwürdigung25 zu entscheiden. Dabei ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung beizumessen26. Die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz vorzunehmende Gesamtwürdigung ist nur in den Grenzen des § 118 Abs. 2 FGO überprüfbar27.

Zur Geschäftsveräußerung bei Veräußerung von Anteilen hat der EuGH im Urteil SKF28 entschieden, dass die Veräußerung sämtlicher Aktien an einer zu 100 % gehaltenen Tochtergesellschaft sowie einer verbleibenden Beteiligung an einer beherrschten Gesellschaft, an der sie früher zu 100 % beteiligt war, eine Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens sein kann. Der Umstand, dass sich die Aktienveräußerung in mehreren Schritten vollzieht, lässt diese Feststellungen unberührt. Die Überprüfung, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, hat der EuGH dem nationalen Gericht überlassen29.

Der BFH hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung30 ausgeführt, dass die Übertragung von Gesellschaftsanteilen eine Geschäftsveräußerung hinsichtlich des Unternehmensvermögens der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, begründet, wenn alle Anteile an der Gesellschaft übertragen werden31. Tragend entschieden hat der BFH, dass dies bei einer Veräußerung von 99 % der Anteile nicht der Fall ist32.

Bestätigt wird diese Sichtweise durch das EuGH-Urteil X33: Danach kann die Veräußerung von 30 % der Anteile an einer Gesellschaft, für die der Veräußerer mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistungen erbringt, falls sie überhaupt in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt34, keine Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens bei der Lieferung von Gegenständen oder bei Dienstleistungen i.S. dieser Bestimmungen sein; dies gilt unabhängig davon, ob die anderen Anteilseigner die übrigen Anteile an dieser Gesellschaft praktisch gleichzeitig an dieselbe Person übertragen oder diese Übertragung in engem Zusammenhang mit den für diese Gesellschaft ausgeübten Managementtätigkeiten steht. Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt, dass die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens nicht hinreicht, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können35, und eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten den Erwerber nicht in die Lage versetzt, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen.

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Anders ist es aber nach der Rechtsprechung des EuGH, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung erworben worden ist, sofern die Eingriffe die Durchführung von Transaktionen einschließen, die der Mehrwertsteuer unterliegen36. Der Gesellschaftsanteil muss Teil einer eigenständigen Einheit sein, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit muss vom Erwerber fortgeführt werden37.

Nach diesen Grundsätzen hält das Urteil des Finanzgericht einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Zwar ist das Finanzgericht zu Recht davon ausgegangen, dass nach der neueren Rechtsprechung des EuGH -sofern keine Organschaft vorliegt- die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens) an sich nicht hinreicht, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können.

Eine Geschäftsveräußerung scheidet bei isolierter Betrachtung der Veräußerung der Anteile aufgrund der Ausführungen unter II. 4.e an sich aus, weil eine Beteiligung an einem Unternehmen kein „hinreichendes Ganzes“ i.S. eines Teilvermögens ist. Soweit dem BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 dem widersprechende Ausführungen zu entnehmen sein könnten, wären diese Ausführungen aus Sicht des Bundesfinanzhofs insoweit durch die spätere Rechtsprechung des EuGH überholt38.

Zu einem anderen Ergebnis führt nicht, dass man in einer Beteiligungsveräußerung bei Beendigung der Organschaft umsatzsteuerrechtlich eine Übertragung der zuvor dem Organträger zuzurechnenden Wirtschaftsgüter sehen könnte39. Denn selbst wenn man annähme, dass Gegenstand des Vertrags der Unternehmerin mit der Erwerberin eine Übertragung der zuvor dem Organträger zuzurechnenden Wirtschaftsgüter wäre, würde die Erwerberin (ohne das Vorliegen einer Organschaft) das Produktionsunternehmen der Unternehmerin nicht fortführen. Die Fortführung würde durch einen Dritten (die B-GmbH) erfolgen.

Der Bundesfinanzhof weicht mit dieser Beurteilung nicht in entscheidungserheblicher Weise vom BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 ab; denn die dortigen Ausführungen für den Fall einer (dort nicht vorliegenden) 100 %-Beteiligung waren nicht tragend40. Tragend im dortigen Fall sind nur die Ausführungen zu einer (dort vorliegenden) 99 %-Beteiligung, die der vorliegenden Beurteilung nicht widersprechen. Für diese hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung verneint.

Soweit sich die Unternehmerin auf Vertrauensschutz berufen hat, liegt kein Fall des § 176 AO41 vor, da das EuGH-Urteil X vom 30.05.201342 und die erstmalige Steueranmeldung für das Streitjahr vom 17.07.2013 stammen. Die Berufung der Unternehmerin auf eine Übergangsregelung der Finanzverwaltung43 ist im Festsetzungsverfahren nicht möglich44.

Allerdings hat das Finanzgericht zu Unrecht ungeprüft gelassen, ob zwischen der Erwerberin und der B-GmbH eine Organschaft besteht45.

Aufgrund der Organschaft bestand die unternehmerische Tätigkeit der Organträgerin gemäß den Ausführungen unter II. 3.c nicht im Halten der Beteiligung, sondern in einer eigenunternehmerischen Tätigkeit (Herstellung von Waren).

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Deshalb steht auch die genannte Rechtsprechung, die Nicht-Organschafts-Fälle betrifft, der Annahme einer Geschäftsveräußerung im Falle einer Organschaft nicht entgegen, wenn die Erwerberin diese Tätigkeit unverändert fortführt.

Läge eine Organschaft vor, könnte die Beteiligung an der B-GmbH ein Teilvermögen sein; denn nach der unter II. 4.b cc genannten Rechtsprechung dürfen beim Veräußerer notwendige Gegenstände vom Erwerber angemietet und müssen deshalb z.B. nicht mitübertragen werden46. Dies wäre hier in Bezug auf die Betriebsgrundstücke der Fall, falls auch ohne deren Übertragung eine neue Organschaft besteht, weil dann umsatzsteuerrechtlich Leistungsempfängerin der Vermietungsleistung der Unternehmerin die Erwerberin wäre. Wenn die Voraussetzungen der Organschaft aufgrund der bei der Erwerberin vorhandenen und von der Unternehmerin hinzu erworbenen Gegenstände (Anteile an der B-GmbH) vorhanden wären47, wäre die Beteiligung an der Organgesellschaft aufgrund der unter II. 4.b dd genannten Rechtsprechung ein hinreichendes Ganzes, mit der die Organträgerin die bisherige eigenunternehmerische Tätigkeit fortführen könnte.

Dies zeigt auch der Vergleich mit der (für eine eigenunternehmerische Tätigkeit in Form der Herstellung von Waren ebenfalls erforderlichen) organisatorischen Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG (bzw. den i.S. des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL genannten gegenseitigen organisatorischen Beziehungen): Insofern wird -soweit ersichtlich- nicht verlangt, dass für eine Geschäftsveräußerung die insoweit bestehenden Rechtsverhältnisse mit „übertragen“ werden. Dies wird oftmals auch praktisch unmöglich sein, so dass eine Geschäftsveräußerung insoweit von vornherein ausgeschlossen wäre, falls man deren Übertragung verlangen würde. Für die die wirtschaftliche Eingliederung (bzw. die gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen) begründenden Rechtsverhältnisse kann nichts anderes gelten. Auch die wirtschaftliche Eingliederung kann sich aus Leistungen des Organträgers ergeben, die im Rahmen der Veräußerung nicht auf die Erwerberin der Anteile übertragen werden können, wie z.B. Beratungsleistungen eines Angehörigen einer bestimmten Berufsgruppe.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. September 2019 – XI R 33/18

  1. vgl. BFH, Urteile vom 08.03.2001 – V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430, unter II., Rz 13; vom 16.05.2002 – V R 56/00, BFHE 199, 37, BStBl II 2006, 725, unter II. 2.a, Rz 21; BFH, Beschlüsse vom 20.02.2013 – XI R 26/10, BFHE 240, 432, BStBl II 2013, 464, Rz 26; vom 13.03.2019 – XI R 28/17, BFHE 264, 367, BFH/NV 2019, 1034, Rz 28[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 12.08.2015 – XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919, Rz 33[]
  3. FG Nürnberg, Urteil vom 02.05.2018 – 2 K 309/16[]
  4. vgl. EuGH, Urteil Marle Participations vom 05.07.2018 – C-320/17, EU:C:2018:537, DStR 2018, 1713[]
  5. EuGH, Urteil Marle Participations, EU:C:2018:537, DStR 2018, 1713, Rz 32[]
  6. vgl. allgemein BFH, Urteil vom 26.06.2019 – XI R 3/17, DStR 2019, 2135, Rz 34 ff.[]
  7. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 26.11.1996 – VII R 49/96, BFH/NV 1997, 537, unter 1.b, Rz 16[]
  8. vgl. zu diesem Erfordernis bei Anteilsübertragung BFH, Beschluss vom 30.04.2014 – XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239, Rz 17 ff., 20 ff.[]
  9. vgl. EuGH, Urteile Granton Advertising vom 12.06.2014 – C-461/12, EU:C:2014:1745, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2014, 756, Rz 27; Hedqvist vom 22.10.2015 – C-264/14, EU:C:2015:718, DStR 2015, 2433, Rz 54[]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 04.02.2015 – XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rz 40; EuGH, Urteil SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099, Rz 50[]
  11. vgl. zu diesem Erfordernis EuGH, Urteile SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099, Rz 48; DTZ Zadelhoff vom 05.07.2012 – C-259/11, EU:C:2012:423, UR 2012, 672, Rz 23 f.[]
  12. vgl. allgemein BFH, Urteile vom 13.11.2003 – V R 79/01, BFHE 204, 332, BStBl II 2004, 375, unter II. 2.c aa, Rz 33 ff.; vom 06.10.2005 – V R 7/04, BFH/NV 2006, 834, unter II.b, Rz 15; s.a. BFH, Urteile vom 08.11.1995 – XI R 63/94, BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114; vom 15.05.1997 – V R 67/94, BFHE 183, 278, BStBl II 1997, 705; BFH, Beschluss vom 27.09.2001 – V R 32/00, BFHE 196, 349, BFH/NV 2002, 143, unter III. 2., Rz 35 und 36; BFH, Urteil vom 11.11.2015 – V R 8/15, BFHE 252, 468, BFH/NV 2016, 863, Rz 20; EuGH, Urteile Polski Trawertyn vom 01.03.2012 – C-280/10, EU:C:2012:107, UR 2012, 366, Rz 32; Malburg vom 13.03.2014 – C-204/13, EU:C:2014:147, HFR 2014, 456, Rz 35[]
  13. zur zeitlichen Grenze s. BFH, Urteile vom 19.12.2013 – V R 6/12, BFHE 245, 71, BStBl II 2017, 837, Rz 22, 24 f., 31; vom 21.10.2015 – XI R 40/13, BFHE 251, 474, BStBl II 2017, 852, Rz 57; Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE[]
  14. vgl. dazu EuGH, Urteile SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099, Rz 58 und 62; Sveda vom 22.10.2015 – C-126/14, EU:C:2015:712, UR 2015, 910, Rz 28 und 30; C & D Foods Acquisition vom 08.11.2018 – C-502/17, EU:C:2018:888, DStR 2018, 2425, Rz 13, 35 und 39; The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge vom 03.07.2019 – C-316/18, EU:C:2019:559, HFR 2019, 734, Rz 31 f.; s.a. BFH, Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Rz 48 und 50[]
  15. vgl. BFH, Urteile vom 06.07.2016 – XI R 1/15, BFHE 254, 283, BStBl II 2016, 909, Rz 29; vom 29.08.2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rz 21[]
  16. EuGH, Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 – C-497/01, EU:C:2003:644, UR 2004, 19, Rz 40; Schriever vom 10.11.2011 – C-444/10, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848, Rz 25; SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099, Rz 37; BFH, Urteile vom 18.01.2012 – XI R 27/08, BFHE 235, 571, BStBl II 2012, 842, und in BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rz 22[]
  17. vgl. EuGH, Urteile Zita Modes, EU:C:2003:644, UR 2004, 19, Rz 32 und 34 f., und Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848, Rz 22[]
  18. vgl. BFH, Urteile vom 19.12.2012 – XI R 38/10, BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053, Rz 35; in BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rz 26; zum Teilbetrieb s. BFH, Beschluss vom 16.11.2009 – V B 37/09, BFH/NV 2010, 450, Rz 8[]
  19. vgl. BFH, Urteile vom 29.08.2012 – XI R 10/12, BFHE 239, 359, BStBl II 2013, 221, Rz 27; in BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053, Rz 45[]
  20. vgl. BFH, Urteil vom 04.02.2015 – XI R 42/13, BFHE 248, 472, BStBl II 2015, 616, Rz 20[]
  21. vgl. EuGH, Urteil Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848, Rz 29; BFH, Urteile in BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rz 35, 38; in DStR 2019, 2135[]
  22. EuGH, Urteil Zita Modes, EU:C:2003:644, UR 2004, 19, Rz 44; BFH, Urteile vom 30.04.2009 – V R 4/07, BFHE 226, 138, BStBl II 2009, 863, unter II. 2.a, Rz 25; vom 18.09.2008 – V R 21/07, BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254, unter II. 1.a, Rz 20[]
  23. vgl. BFH, Urteile vom 23.08.2007 – V R 14/05, BFHE 219, 229, BStBl II 2008, 165, unter II. 1.b, Rz 31; in BFHE 239, 359, BStBl II 2013, 221, Rz 22[]
  24. vgl. BFH, Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Rz 53[]
  25. vgl. BFH, Urteile vom 05.06.2014 – V R 10/13, BFH/NV 2014, 1600, Rz 10; in BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rz 27[]
  26. vgl. EuGH, Urteil Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848, Rz 32; BFH, Urteil vom 12.08.2015 – XI R 16/14, BFHE 251, 275, BFH/NV 2016, 346, Rz 25[]
  27. vgl. BFH, Urteile vom 03.07.2014 – V R 12/13, BFH/NV 2014, 1603, Rz 15; in BFHE 251, 275, BFH/NV 2016, 346, Rz 32[]
  28. EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099, Leitsätze 1 und 4[]
  29. vgl. EuGH, Urteil SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099, Rz 38 ff.[]
  30. BFH, Urteil vom 29.10.1987 – X R 33, 34/81, BFHE 151, 237, BStBl II 1988, 92[]
  31. vgl. BFH, Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Leitsatz 2[]
  32. vgl. BFH, Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Rz 22[]
  33. EU:C:2013:346, UR 2013, 582, Leitsatz[]
  34. vgl. zur Abgrenzung EuGH, Urteil C & D Foods Acquisition, EU:C:2018:888, DStR 2018, 2425[]
  35. EuGH, Urteil X, EU:C:2013:346, UR 2013, 582, Rz 35[]
  36. EuGH, Urteil X, EU:C:2013:346, UR 2013, 582, Rz 37[]
  37. EuGH, Urteil X, EU:C:2013:346, UR 2013, 582, Rz 38[]
  38. vgl. auch Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Aktuell Berichtszeitraum IV. Quartal 2018, Rz 105; ders., UR 2014, 81, 85 f.[]
  39. Wäger in Birkenfeld/Wäger, a.a.O., Aktuell Berichtszeitraum IV. Quartal 2018, Rz 105[]
  40. vgl. zur fehlenden Anfragepflicht gemäß § 11 FGO in einem solchen Fall BFH, Urteile vom 21.02.2013 – V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529, Rz 37; vom 28.08.2014 – V R 22/14, BFH/NV 2015, 17, Rz 21[]
  41. vgl. dazu BFH, Urteil in DStR 2019, 2135[]
  42. EU:C:2013:346, UR 2013, 582[]
  43. hier: das BMF, Schreiben in BStBl I 2013, 1625, vorletzter Absatz[]
  44. vgl. BFH, Beschluss vom 11.02.2014 – V B 103/13, BFH/NV 2014, 739[]
  45. vgl. allgemein zu dieser Möglichkeit BFH, Urteil vom 03.12.2015 – V R 36/13, BFHE 251, 556, BStBl II 2017, 563, Rz 27 und 28[]
  46. vgl. EuGH, Urteil Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848, Rz 29; BFH, Urteil in BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rz 35[]
  47. vgl. dazu auch BFH, Urteil in DStR 2019, 2135[]
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Krankentransport- und Rettungsdienstleistungen - und die Umsatzsteuer

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