§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG a.F. setzt ebensowenig wie Art. 52 Buchst. a MwStSystRL a.F. voraus, dass die Leistung höchstpersönlich erbracht wird. Die Vorschrift erfasst daher nicht nur die Leistung eines auftretenden Künstlers, sondern auch die einer sog. Gastspielagentur, die auftretende Künstler nicht vermittelt, sondern als eigene Leistung zur Verfügung stellt. § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG a.F. setzt zudem keine Leistungserbringung an Unternehmer voraus.

Nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung führt der Unternehmer u.a. künstlerische Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, dort aus, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wurde.
Diese Vorschrift beruht auf Art. 52 Buchst. a MwStSystRL in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Nach Art. 52 Buchst. a MwStSystRL erbringt der Steuerpflichtige bei Tätigkeiten u.a. auf dem Gebiet der Künste, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Dienstleistungen die Leistung an dem Ort, an dem die Dienstleistung tatsächlich bewirkt wurde (zuvor inhaltsgleich Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern).
§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG setzt ebensowenig wie Art. 52 Buchst. a MwStSystRL voraus, dass die Leistung höchstpersönlich erbracht wird. Die Vorschrift erfasst daher nicht nur die Leistung eines auftretenden Künstlers, sondern auch die einer sog. Gastspielagentur, die auftretende Künstler nicht vermittelt, sondern als eigene Leistung zur Verfügung stellt. Die Gastspielagentur engagiert dann Künstler für Auftritte im eigenen Namen und erbringt deren Auftritt als eigene Leistung im eigenen Namen gegenüber einem Konzertveranstalter. Es kommt dann zu einer Leistungskette, bei der sich der Ort beider Leistungen, der des auftretenden Künstlers gegenüber der Gastspielagentur wie auch der der Gastspielagentur nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG richtet1. Auftrittsort und Tätigkeitsort entsprechen sich.
Auf die hiervon zu unterscheidende Frage, an welchem Ort ein Zwischenhändler, der Eintrittskarten verkauft, seine Leistung erbringt2, kommt es nicht an.
Danach lag im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall eine künstlerische Leistung vor. Die Klägerin hat bei den in der Revision streitigen Künstlerauftritten die Leistungen der Künstler nicht vermittelt, sondern als eigene geschuldet und abgerechnet. Es lagen keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen den Künstlern und den Auftraggebern vor. Die zwischen der Klägerin und den Auftraggebern bestehenden Rechtsbeziehungen bestimmen die Person des Leistenden3 und führen damit dazu, dass auch die Klägerin künstlerische Leistungen am jeweiligen Auftrittsort erbrachte.
§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG setzt zudem nicht voraus, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist.
Weder dem Wortlaut von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG noch dem von Art. 52 Buchst. a MwStSystRL ist ein Erfordernis, dass es sich beim Leistungsempfänger um einen Unternehmer (Steuerpflichtigen) handeln muss, zu entnehmen.
Eine derartige Bedingung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
So hat der Unionsgerichtshof im Urteil „Dudda“4 entschieden, dass unter Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG die Tätigkeit eines Unternehmers fällt, der bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen die tontechnische Umsetzung der Darbietung in der Weise durchführt, dass er die Auswahl und die Bedienung der eingesetzten Geräte auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten und die beabsichtigten Klangeffekte abstimmt und die erforderlichen Gerätschaften und das notwendige Bedienungspersonal stellt, sofern die Leistung dieses Unternehmers für die Darbietung der künstlerischen oder unterhaltenden Hauptleistung unerlässlich ist. Nach dem EuGH-Urteil „Gillan Beach“5 fällt unter Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG die umfassende Leistung, die der Veranstalter einer Messe oder Ausstellung den Ausstellern erbringt. Bei diesen kann es sich auch um im Rahmen der Wirtschaftsförderung tätige juristische Personen ohne Unternehmereigenschaft handeln.
Das Erfordernis einer Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers folgt auch nicht aus den Begründungen dieser beiden Urteile des Unionsgerichtshofs.
Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union sein Urteil Dudda6 in Rz 23 f. damit begründet, dass Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG als ganzer eine Sonderregelung für Dienstleistungen einführen will, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen und dass ein entsprechender Zweck auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG zugrunde liegt, wonach als Ort von Dienstleistungen auf dem Gebiet u.a. der Künste oder der Unterhaltung sowie der mit diesen zusammenhängenden Tätigkeiten der Ort gilt, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden. Nach Auffassung des Gemeinschaftsgesetzgebers solle, wenn der Leistende seine Dienstleistungen in dem Staat erbringe, in dem derartige Leistungen tatsächlich bewirkt werden, und wenn der Veranstalter die Mehrwertsteuer, mit der der Endverbraucher belastet werden soll, in demselben Staat einnimmt, die Mehrwertsteuer, deren Bemessungsgrundlage alle diese Leistungen sind, deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen, an diesen Staat und nicht an denjenigen Staat entrichtet werden, in dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat7.
Hieraus ergibt sich indes nicht, dass Tätigkeiten auf dem Gebiet der Künste oder der Kultur im Streitfall nur vorliegen, wenn die sich hieraus ergebende Dienstleistung an einen Unternehmer erbracht wird. Denn selbst wenn dem EuGH im Hinblick auf seine Überlegungen zum Gesamttatbestand des Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu folgen wäre, ist dies auf die nach der MwStSystRL bestehende Rechtslage nicht zu übertragen, da die im Gesamttatbestand des Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG enthaltenen Regelungen auf mehrere eigenständige Bestimmungen aufgeteilt wurden (Art. 45, Art. 46, Art. 52, Art. 55 und Art. 56 MwStSystRL) und damit einer einheitlichen Auslegung in systematischer Hinsicht nicht mehr zugänglich sind.
Im Übrigen hat der EuGH selbst einzelne Tatbestände wie etwa Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/338/EWG angewendet, ohne darauf abzustellen, ob der Leistungsempfänger ein Steuerpflichtiger war. So hat der EuGH im Urteil Heger vom 07.09.2006 – C-166/058 entschieden, dass die Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in Form einer entgeltlichen Übertragung von Fischereikarten eine Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG darstellt. Im Urteil „RCI Europe“9 hat der EuGH ebenso entschieden, dass nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG der Ort einer Dienstleistung, die von einer Vereinigung erbracht wird, deren Tätigkeit darin besteht, den Tausch von Teilzeitnutzungsrechten an Ferienwohnungen zwischen ihren Mitgliedern zu organisieren, wofür diese Vereinigung als Gegenleistung von ihren Mitgliedern Beitrittsentgelte, Mitgliedsbeiträge und Tauschentgelte erhebt, der Ort ist, an dem die Immobilie, an der das Teilnutzungsrecht des betreffenden Mitglieds besteht, gelegen ist. Dementsprechend geht auch die Finanzverwaltung davon aus, dass eine im Zusammenhang mit einem Grundstück nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeführte Leistung auch dann vorliegt, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer ist (Abschn. 3a.3 Abs. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).
Ob hierin in der EuGH-Rechtsprechung zu Grundstücken eine Rechtsprechungsänderung zu sehen ist, hat der Bundesfinanzhof im Hinblick auf den Übergang von der Richtlinie 77/388/EWG zur MwStSystRL nicht zu entscheiden.
Bestätigt wird dies zudem durch die spätere Änderung der MwStSystRL durch die Änderungsrichtlinie vom 12.02.2008 2008/8/EG10. Die Ortsbestimmung für die Tätigkeiten auf dem Gebiet der Künste, die sich nunmehr aus Art. 54 Unterabs. 1 MwStSystRL ergibt, wurde erst mit Wirkung ab 1.01.2011 auf Leistungen an Nichtsteuerpflichtige eingeschränkt (vgl. hierzu Art. 53 i.d.F. von Art. 2 der Richtlinie 2008/8/EG und Art. 54 i.d.F. von Art. 3 der Richtlinie 2008/8/EG). Wäre der Auffassung zu folgen, dass Art. 52 Buchst. a MwStSystRL eine Leistungserbringung an Steuerpflichtige voraussetzen würde, wäre durch die Änderungsrichtlinie 2008/8/EG aus einer Regelung für Leistungen an Steuerpflichtige eine Regelung für Leistungen an Nichtsteuerpflichtige geworden. Dementsprechend enthielt auch § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG i.d.F. von Art. 7 Nr. 2 des Jahressteuergesetzes (JStG) 200911 mit Wirkung ab 1.01.2010 keine Voraussetzungen in Bezug auf die Person des Leistungsempfängers. Hierzu kam es erst ab 1.01.2011 durch die Neufassung des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG durch Art. 4 Nr. 4 Buchst. c Doppelbuchst. bb JStG 201012. Dabei ging der nationale Gesetzgeber ausdrücklich davon aus, die bisher gleichermaßen für Leistungen an Unternehmer und Nichtunternehmer geltenden Regelungen nunmehr auf Leistungen an Nichtunternehmer einzuschränken13. Dies entspricht der Auffassung im Schrifttum14.
Ein Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs besteht nicht. Zum einen ist im Streitfall über künstlerische Leistungen und nicht nur über damit nur zusammenhängende Leistungen zu entscheiden15. Zum anderen betrifft die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Rechtslage vor Inkrafttreten der MwStSystRL, die im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung zu geänderten unionsrechtlichen Vorgaben führt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. März 2018 – V R 25/17
- vgl. hierzu Moldan, Der UStB 2013, 74 und UStB 2013, 148[↩]
- vgl. hierzu BFH, Urteil vom 03.06.2009 – XI R 34/08, BFHE 226, 369, BStBl II 2010, 857[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 15.05.2012 – XI R 16/10, BFHE 238, 460, BStBl II 2013, 49; und vom 04.02.2015 – XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908[↩]
- EuGH, Urteil „Dudda“ vom 26.09.1996 – C-327/94, EU:C:1996:355[↩]
- EuGH, Urteil „Gillan Beach“ vom 09.03.2006 – C-114/05, EU:C:2006:169[↩]
- EU:C:1996:355[↩]
- ebenso das EuGH, Urteil Gillan, EU:C:2006:169, Rz 17 f.[↩]
- EU:C:2006:533[↩]
- EuGH, Urteil „RCI Europe“ vom 03.09.2009 – C-37/08, EU:C:2009:507[↩]
- ABl.EU 2008, L 44/11[↩]
- Gesetz vom 19.12 2008, BGBl I 2008, 2794[↩]
- Gesetz vom 08.12 2010, BGBl I 2010, 1768[↩]
- BR-Drs. 318/10 S. 118[↩]
- vgl. z.B. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3a Rz 341; Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a Rz 150[↩]
- vgl. zu Tätigkeiten, die mit sportlichen Leistungen zusammenhängen und die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, aber BFH, Urteil vom 01.12 2010 – XI R 27/09, BFHE 232, 560, BStBl II 2011, 458, unter II. 4.c, und BFH, Beschluss vom 04.04.2012 – V B 78/11, BFH/NV 2012, 1195[↩]