Die kurzfristige Überlassung von möblierten Wohnungen an Prostituierte stellt keine umsatzsteuerbefreite Wohnraumvermietung dar.

Von der Umsatzsteuer befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG u.a. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Nicht befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG u.a. die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG (seit dem 1. Januar 2007 auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystem-RL1), wonach die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich steuerfrei ist.
Der Bundesfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG für die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude bejaht, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt2. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, wonach „die Dauer der Grundstücksnutzung ein Hauptelement eines Mietvertrags“ bildet3.
m Zusammenhang mit der Überlassung von Räumen zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs hat auch der Bundesfinanzhof u.a. darauf hingewiesen, dass die Dauer der Grundstücksnutzung ein Hauptelement des steuerfreien Umsatzes ist4.
Der Bundesfinanzhof hält es ferner unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung5 für geklärt, dass bei der Überlassung von Räumen zur Ausübung der Prostitution eine einheitliche steuerpflichtige Leistung vorliegt, wenn nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, eine bestimmte Betätigung auszuüben, aus der Sicht des Leistungsempfängers im Vordergrund steht6.
Ferner entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerbefreiung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG sich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach dem Unionsrecht bestimmt7. Maßgebend ist hiernach der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Vertragspartner ihm gegeben haben8.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des Finanzgericht Düsseldorf in EFG 1997, 506 überholt, das zum einen zu Unrecht von der bürgerlich-rechtlichen Beurteilung eines Mietverhältnisses i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ausgeht und zum anderen die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union zum darüber hinaus bestehenden Erfordernis einer gewissen Dauer des Mietverhältnisses noch nicht berücksichtigen konnte.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 19. Februar 2014 – XI R 1/12
- Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20.08.2009 – V R 21/08, BFH/NV 2010, 473, unter II. 1.b aa, m.w.N.; vom 08.08.2013 – V R 7/13, BFH/NV 2013, 1952, Rz 16, m.w.N.; vom 22.08.2013 – V R 18/12, BFHE 243, 32, BStBl II 2013, 1058, Rz 12[↩]
- EuGH, Urteile vom 12.02.1998 – C-346/95, -Blasi-, Slg. 1998, I-481, UR 1998, 189, Rz 23, und -Stockholm Lindöpark- in Slg. 2001, I-493, UR 2001, 153, Rz 27[↩]
- BFH, Beschlüsse vom 26.04.2001 – V B 168/01, BFH/NV 2002, 1345; und vom 13.09.2002 – V B 51/02, BFH/NV 2003, 212[↩]
- BFH, Urteile vom 10.08.1961 – V 95/60 U, BFHE 73, 714, BStBl III 1961, 525, und in HFR 1962, 145[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2002, 1345, unter II. 2.c, und in BFH/NV 2003, 212, unter II. 2.a[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 07.07.2011 – V R 41/09, BFHE 234, 513, BStBl II 2014, 73, Rz 19; und vom 21.02.2013 – V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635, Rz 26, m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Beschluss in BFH/NV 2013, 1635, Rz 26; und EuGH, Urteil vom 16.12 2010 – C-270/09 -Mac Donald Resorts-, Slg. 2010, I-13179, UR 2011, 462, Rz 46, m.w.N.[↩]