Der Bundesfinanzhof hatte im Oktober 2008 in zwei Urteilen1 über die Umsatzsteuer beim Legen von Hauswasseranschlüssen entschieden und dabei geurteilt, dass das Legen eines Hausanschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt unter den Begriff „Lieferung von Wasser“ i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG fällt und damit als eigenständige Leistung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegt. Dies gilt nach den Urteilen des BFH unabhängig davon, ob die Anschlussleistung an den späteren Wasserbezieher oder einen Dritten (z. B. einen Bauunternehmer oder Bauträger) erbracht wird.

Diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 03.04.2008 zurück geht, möchte die Finanzverwaltung nun allerdings konkretisieren und zum Teil wieder etwas einschränken. Das Bundesfinanzministerium hat daher einen Anwendungserlass zur Frage der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Legens von Hauswasseranschlüssen herausgegeben, nach dem zur Anwendung der beiden BFH-Urteile Folgendes gelten soll:
1. Person des leistenden Unternehmers
Die Grundsätze der beiden BFH-Urteil sind auf das Legen des Hausanschlusses durch das Wasserversorgungsunternehmen beschränkt. Das bedeutet, dass für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach Auffassung der Finanzverwaltung die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung durch ein und denselben Unternehmer erfolgen müssen.
2. Anwendbarkeit des § 13b UStG
Nach Abschnitt 182a Abs. 7 Nr. 8 UStR stellt das Verlegen von Hausanschlüssen durch das Vorsorgungsunternehmen eine Bauleistung dar, wenn es sich hierbei um eine eigenständige Leistung handelt. Diese Rechtslage wird, so das BMF, durch die Rechtsprechung des BFH nicht berührt. Die Entscheidungen des BFH habe vielmehr ausschließlich Bedeutung für Zwecke des ermäßigten Steuersatzes. Der Charakter des Umsatzes als Bauleistung in Form der „Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz“ bleibt vollständig erhalten und das Legen eines Hausanschlusses kann weiterhin einen Anwendungsfall des § 13b UStG darstellen. Änderungen zur bisherigen Verwaltungsauffassung2 ergeben sich nach Ansicht des BMF hieraus nicht.
3. Personenidentität auf Seiten des Leistungsempfängers
Gemäß dem Urteil des BFH3 ist eine Personenidentität auf der Empfängerseite für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht notwendig.
4. Anschlussbeiträge/Baukostenbeiträge
Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist allein entscheidend, ob die Zahlung ein Entgelt für die Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz durch den Wasserversorgungsunternehmer ist. Die Bezeichnung durch die Vertragsparteien bzw. die den Bescheid erlassende Behörde ist dabei unerheblich. Sofern es sich mithin um Entgelt für das Legen des Hausanschlusses durch den Wasserversorgungsunternehmer handelt, ist auch die dieser Zahlung zugrunde liegende Leistung ermäßigt zu besteuern.
5. Sonstige Leistungen (Reparatur- und Wartungsleistungen)
Reparatur-, Wartungs- und ähnliche Leistungen an den Hausanschlüssen durch den Wasserversorger unterliegen ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz. Dies gilt auch dann, wenn diese Unterhaltungskosten gesondert in Rechnung gestellt werden, da diese nicht als selbständige Hauptleistung beurteilt werden. Eines Rückgriffs auf die neue BFH-Rechtsprechung bedarf es insofern nach dem neuen Erlass des BMF nicht.
Die dem entgegen stehende Regelungen4 sind nach dem neuen Erlass des BMF ausdrücklich nicht mehr anzuwenden. Für vor dem 1. Juli 2009 ausgeführte Leistungen wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers – jedoch nicht beanstandet, wenn sich der leistende Unternehmer auf die entgegen stehenden bisherigen Regelungen des überholten BMF-Schreibens vom 5. August 20045 beruft.
Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 7. April 2009 – IV B 8 – S 7100/07/10024 – [2009/0215132]