Vereinnahmt der Unternehmer eine Anzahlung, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, kommt es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG1.

Wird die Leistung nach Vereinnahmung des Entgelts rückgängig gemacht, entsteht der Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG erst mit der Rückgewähr des Entgelts2.
Die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG setzt für den Fall einer bereits erfolgten Entgeltvereinnahmung die Rückzahlung des Entgelts voraus. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, muss der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in seiner im Streitjahr 2001 anzuwendenden Fassung den dafür geschuldeten Steuerbetrag berichtigen. Diese Berichtigung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.
Mit Urteil vom 18. September 20083 hat der Bundesfinanzhof unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts vereinbaren, sich die Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur insoweit mindert, als das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum der Rückgewähr vorzunehmen ist.
Diese Rechtsprechung beruht maßgeblich darauf, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage bildet, für eine Sollbesteuerung aber kein Raum bleibt, soweit der leistende Unternehmer das Entgelt vereinnahmt hat. Hat der Unternehmer das „Soll“-Entgelt bereits vereinnahmt, ändert sich die Bemessungsgrundlage nicht schon durch (bloße) Vereinbarung einer „Entgeltsminderung“, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts4.
Unerheblich ist, ob das vereinbarte Entgelt ganz oder zum Teil vereinnahmt oder die volle oder nur teilweise Minderung vereinbart ist. Soweit das vereinbarte Entgelt vereinnahmt worden ist, kann die Bemessungsgrundlage nicht mehr durch (bloße) Vereinbarung, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des (teilweise) vereinnahmten Entgelts geändert werden.
Für die in § 17 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 UStG geregelten Fälle gelten keine Besonderheiten. Auch nach § 17 Abs. 2 Nrn. 2 und Nr. 3 UStG setzt die Berichtigung im Fall einer bereits erfolgten Entgeltvereinnahmung die Rückgewähr des Entgelts voraus.
Nach § 17 Abs. 2 UStG gilt Abs. 1 dieser Vorschrift sinngemäß, wenn „für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist“ (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG) oder wenn „eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist“ (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG).
§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG setzt schon nach seinem Wortlaut voraus, dass ein Entgelt entrichtet worden ist. Auch für diesen Fall liegt aus den zuvor genannten Gründen eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG erst aufgrund der Rückgewähr des Entgelts vor (s. oben II.2.). An der gegenteiligen Auffassung in dem BFH-Urteil vom 24. August 19955 hält der Bundesfinanzhof zu § 17 Abs. 1 UStG nicht fest6.
Nichts anderes gilt für den in § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG geregelten Fall. Diese Regelung erfasst den Fall der Rückgängigmachung der steuerpflichtigen Leistung. Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut grundsätzlich auch anwendbar, wenn eine Leistung rückgängig gemacht wird, für die das Entgelt bereits entrichtet worden ist. Auch in diesem Fall entsteht der Berichtigungsanspruch im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG aus den vorstehend genannten Gründen erst nach Rückgängigmachung und Rückzahlung des Entgelts, ohne dass der Bundesfinanzhof abschließend zu entscheiden hat, ob auf derartige Fallgestaltungen letztlich § 17 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 UStG anzuwenden ist. Soweit dem BFH-Beschluss vom 20. August 19997 Entgegenstehendes entnommen werden kann, hält der Bundesfinanzhof nicht daran fest.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. September 2010 – V R 34/09
- Fortführung von BFH, Urteil vom 18.09.2008 – V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250; entgegen BFH, Urteil vom 24.08.1995 – V R 55/94, BFHE 178, 485, BStBl II 1995, 808[↩]
- Fortführung von BFH, Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250; entgegen BFH, Beschluss vom 20.08.1999 – V B 74/99, BFH/NV 2000, 243[↩]
- BFH, Urteil vom 18.09.2008 – V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250[↩]
- BFH, URteil vom 254.08.1995 – V R 55/94, BFHE 178, 485, BStBl II 1995, 808[↩]
- vgl. bereits BFH, Urteil vom 17.05.2001 – V R 38/00, BFHE 195, 437, BStBl II 2003, 434[↩]
- BFH, Beschluss vom 20.08.1999 – V B 74/99, BFH/NV 2000, 243[↩]