Es ist Sache des Finanzgerichts als Tatsacheninstanz, zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode es sich bedienen will, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen.

Um es der Revisionsinstanz -beschränkt auf die Überprüfung von Rechtsfehlern- zu ermöglichen, die Schätzung nachzuvollziehen, hat das Finanzgericht darzulegen, dass und wie es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat.
So war in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall die Revision eines Gastronoms gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf1 begründet und führte gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das Finanzgericht hat zwar zutreffend eine Schätzungsbefugnis bejaht. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft die Schätzung des Finanzamtes der Höhe nach als in sich schlüssig und deshalb rechtmäßig angesehen, soweit es sich den vom Finanzamt zugrunde gelegten Hinzuschätzungsbeträgen bei den Erlösen angeschlossen hat. Gleichfalls nicht hinreichend schlüssig dargelegt hat das Finanzgericht, dass bei seiner eigenen Schätzung des Wareneinsatzes in den Streitjahren zwar nicht von einem Rohgewinnaufschlagsatz von 440 % (Finanzamt), aber doch von dem jeweils höchsten Rohgewinnaufschlagsatz nach der Richtsatzsammlung (317 % für 2000 bis 2006, 335 % für 2007 bis 2009, 400 % für 2010) auszugehen ist.
Das Finanzgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis besteht.
Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO gibt dem Finanzgericht eine eigene Schätzungsbefugnis. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO gilt das Gleiche, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 AO nicht erteilt. Formelle Buchführungsmängel berechtigen nach ständiger Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln2.
Im Streitfall ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht die Schätzungsbefugnis des Finanzamtes und seine eigene auf § 162 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO) gestützt hat. Nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Finanzgericht hat die GbR nach den Ergebnissen der Außenprüfung, auf die das Finanzgericht Bezug genommen hat, keine ordnungsgemäße Buchführung und keine ordnungsgemäße Kasse geführt. Die GbR hat weder die vom Finanzamt in seiner Einspruchsentscheidung, auf die das Finanzgericht ebenfalls Bezug genommen hat, aufgeführten weiteren Mängel der Buchführung und Verstöße gegen die Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten noch die Würdigung des Finanzgericht angezweifelt, dass die vom Finanzamt festgestellten formellen Mängel der Buchführung der GbR Anlass gäben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses zu bezweifeln. Auch im Revisionsverfahren hat die GbR lediglich Einwendungen gegen die Höhe der Schätzung geltend gemacht. Der Bundesfinanzhof sieht deshalb hinsichtlich der Befugnis zur Schätzung der von der GbR in den Streitjahren erzielten Erlöse von weiteren Ausführungen ab. Soweit das Finanzgericht hinsichtlich der Schätzung des Wareneinsatzes von einer über eine andere Bemessung der Rohgewinnaufschlagsätze hinausgehenden Modifizierung der Schätzung des Finanzamtes mit dem Hinweis abgesehen hat, dass die GbR in gravierender Weise gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buch- und Kassenführung verstoßen habe, bedarf dies allerdings noch einer näheren Würdigung des Finanzgericht.
Der Höhe nach hat das Finanzgericht die Schätzung des Finanzamtes hinsichtlich der von der GbR in den Streitjahren erzielten Erlöse zu Unrecht als in sich schlüssig und deshalb rechtmäßig beurteilt.
Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Im Wesentlichen gelten für eine Schätzung folgende Maßstäbe:
Die Schätzung i.S. des § 162 Abs. 1 AO gehört zu den tatsächlichen Feststellungen, an die der Bundesfinanzhof als Revisionsinstanz nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist3. Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, welche Schätzungsmethode dem Ziel am besten gerecht wird, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen4. Deshalb kann -sofern nicht in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind- eine Schätzung revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt5. Ist dies der Fall, so bleibt der vom Finanzgericht ermittelte Wert auch dann maßgeblich, wenn ein anderer Wert gleichermaßen oder sogar besser begründbar erscheint6.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen die gewonnenen Schätzungsergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein7. Daher sind einerseits alle möglichen Anhaltspunkte, u.a. auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde bzw. dem Finanzgericht Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Auf der anderen Seite ist auch das Maß der Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen8. Für die Revisionsinstanz -beschränkt auf die Überprüfung von Rechtsfehlern9- muss es möglich sein, die Schätzung nachzuvollziehen, um zu überprüfen, ob das Finanzgericht bei der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung nach sachfremden Erwägungen oder willkürlich verfahren ist. Das Finanzgericht hat darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat10.
Der BFH hat wiederholt den Grundsatz bestätigt, dass das Finanzamt -und damit gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO auch das Finanzgericht- in der Wahl seiner Schätzungsmethoden frei ist11. Es ist Sache der Tatsacheninstanz, zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode sie sich bedienen will, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen12. Der Steuerpflichtige selbst hat keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode13. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht sind grundsätzlich verpflichtet, das aufgrund einer Schätzungsmethode gewonnene Ergebnis noch durch die Anwendung einer weiteren Schätzungsmethode zu überprüfen oder zu untermauern14.
Aus § 5 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich allerdings, dass die Wahlfreiheit des Finanzamtes bzw. Finanzgericht bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethoden nach den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geltenden Grundsätzen eingeschränkt ist und dabei auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu beachten sind (hierzu und zum Folgenden BFH, Urteil in BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 60 f., m.w.N.). Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. Ermessensleitend ist deshalb das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Kommt eine bestimmte Schätzungsmethode diesem Ziel voraussichtlich näher als eine andere, ist die erstgenannte unter Ermessensgesichtspunkten vorzugswürdig.
Ausgehend von diesen Maßstäben sind die vom Finanzgericht gebilligten Hinzuschätzungen bei den Erlösen nicht schlüssig, auch wenn die vom Finanzamt und ihm folgend vom Finanzgericht gewählte Schätzungsmethode des internen Betriebsvergleichs aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.
Die im Streitfall ausgewählte Schätzungsmethode schließt es grundsätzlich nicht aus, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen, weil sie betriebsinterne Anknüpfungspunkte auszeichnen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die spezifischen geschäftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen realitätsnah widerspiegeln.
Das Finanzgericht ist davon ausgegangen, dass für die Umsatzschätzung im Streitfall das Abstellen auf die im Rahmen einer Durchsuchung bei der GbR aufgefundenen sog. Z-Bons (Tagesendsummen-Bons)15 aus dem Jahr 2012 die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit hat, während andere Schätzungsmethoden im Streitfall von vorneherein ausscheiden -das Finanzgericht nennt Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsrechnung, Ausbeutekalkulation für Speisen und Getränke, Gesamtausbeutekalkulation, Zeitreihenvergleich- bzw. ihnen -das Finanzgericht meint den externen Betriebsvergleich mit der E-GbR oder die Schätzung nach Richtsätzen- eine geringere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit zukommt. Eine solche Auswahlentscheidung des Finanzgericht ist möglich, weil auch im Betrieb des Steuerpflichtigen aufgefundene Belege, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer realitätsgerechten Wiedergabe der Geschäftsvorfälle ausgegangen werden kann, als Anknüpfungspunkt für eine Schätzung geeignet sind. Dies gilt selbst für (hier) Z-Bons aus der Zeit nach Ende eines Prüfungszeitraums, bei denen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine zutreffende Wiedergabe der Kassenabrechnung spricht, weil sie im Rahmen eines internen Betriebsvergleichs als ein Umstand zu bewerten sein können, der für eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen in den vorangehenden Jahren jedenfalls dann von indizieller Bedeutung ist, wenn sich die betrieblichen Verhältnisse seither -d.h. in Bezug auf das jeweils betroffene Jahr- nicht grundlegend geändert haben. Im Streitfall ist die -vom Prüfungsbericht vom 18.06.2014 abweichende- Schlussfolgerung des Finanzgericht, dass die nach seinen Feststellungen im Rahmen einer Durchsuchung bei der GbR gefundenen Z-Bons (einer davon im Müll) zur Feststellung des zutreffenden Ergebnisses gezogen und nicht zum Eingang in die „offizielle“ Buchführung bestimmt gewesen seien, zumindest möglich und deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch ist bei einem lange Jahre an gleichem Ort bestehenden Gastronomiebetrieb wie dem der GbR eine gewisse Konstanz in den betrieblichen Verhältnissen nicht von vorneherein ausgeschlossen. Damit sind auch im Streitfall betriebsinterne Belege als grundsätzlich geeigneter Anknüpfungspunkt für einen internen Betriebsvergleich gegeben. Deshalb ist es aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass (auch) das Finanzgericht bzgl. der Hinzuschätzung der Erlöse als Schätzungsmethode einen internen Betriebsvergleich unter Anknüpfung an die bei der GbR aufgefundenen Z-Bons gewählt hat.
Soweit der Gastronom demgegenüber einen externen Betriebsvergleich mit der E-GbR wünscht, ist eine solche Schätzungsmethode ungeachtet dessen, dass auf deren Anwendung kein Anspruch des Steuerpflichtigen besteht, gegenüber einem internen Betriebsvergleich regelmäßig nachrangig, weil kaum ein Betrieb dem anderen gleicht und deshalb dem externen Betriebsvergleich im Allgemeinen ein starkes Unsicherheitsmoment anhaftet16. Im Streitfall kommt hinzu, dass -worauf das Finanzamt hinsichtlich der E-GbR zutreffend hinweist- ein für einen externen Betriebsvergleich vorgeschlagener Vergleichsbetrieb, dessen Aufzeichnungen gleichfalls wegen erheblicher Mängel nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden können, grundsätzlich keinen objektiven Maßstab zur Erzielung eines vernünftigen und der Wirklichkeit entsprechenden Schätzungsergebnisses für einen anderen Betrieb bilden kann. Denn dieses Ziel würde regelmäßig verfehlt, wenn die Schätzung für den anderen Betrieb nur in der ganzen oder teilweisen Übernahme oder Nachbildung einer Schätzung für den angeblichen Vergleichsbetrieb bestünde. Insoweit kommt es dann nicht darauf an, ob -wie der Gastronom hinsichtlich der E-GbR vorträgt- eine Vergleichbarkeit in Betriebsgröße und -organisation, Kundenstamm sowie Platz- und Speisenangebot gegeben ist. Deshalb ist es auch unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht einen internen Betriebsvergleich im Streitfall als vorzugswürdig angesehen hat.
Die Schätzungsmethode des internen Betriebsvergleichs muss allerdings auch unter den Umständen des Einzelfalls gewährleisten, dass bei der Schätzung ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis erzielt wird, also auch dann, wenn -wie hier- Schlüsse aus zwei Belegen aus dem Jahr 2012 auf die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Jahren 2000 bis 2010 gezogen werden sollen. Dies ist im Streitfall nach Maßgabe der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht nicht der Fall. Diese Feststellungen rechtfertigen nicht ohne Weiteres den Schluss, dass für die Jahre 2000 und 2001 von einem Nettoumsatz von 3.400 € pro Tag und für die Jahre 2002 bis 2010 von einem Nettoumsatz von 3.800 € pro Tag auszugehen sei. Eine solche Schlussfolgerung beruht ohne weitergehende Feststellungen auf einem Verstoß gegen Schätzungsgrundsätze und allgemeine Erfahrungssätze und ist deshalb für den Bundesfinanzhof nicht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend.
Das gewonnene Schätzungsergebnis ist nur dann in dem o.g. Sinne schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig, wenn feststehende Tatsachen berücksichtigt werden17. Nach den Feststellungen des Finanzgericht verfügte die GbR -sinngemäß in den Streitjahren- über 50 Sitzplätze und einen nur im Sommer geöffneten Außenbereich. Die nach den Feststellungen des Finanzgericht im Rahmen einer Durchsuchung in den Räumlichkeiten der GbR gefundenen Z-Bons für Samstag, den 25.08.2012, und für Montag, den 27.08.2012, betreffen beide den August, also einen typischen Sommermonat. Aufgrund der Feststellungen des Finanzgericht muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Belege eine Zeit betreffen, in denen auch der Außenbereich der Gaststätte der GbR geöffnet war. Das Finanzamt hat hingegen ausdrücklich ausgeführt, den Außenbereich bei seiner Berechnung der Nettoumsätze nicht berücksichtigt zu haben, was sich allerdings nicht günstig für den Gastronom auswirkt. Vielmehr wirkt sich dieser Umstand auch unter Berücksichtigung des schließlich vom Finanzamt angesetzten, mit möglichen Preiserhöhungen und schwankenden Tagesumsätzen begründeten Sicherheitsabschlags von 10 % (Jahre ab 2002) zum Nachteil des Gastronoms aus, weil außer Betracht bleibt, dass erfahrungsgemäß die Außengastronomie in einem typischen Sommermonat regelmäßig eine hohe Auslastung aufweist. Das Finanzgericht hat keine Feststellungen zur Auslastung des Außenbereichs und dessen Gewichtung im Verhältnis zum Innenbereich im August 2012 getroffen. Aber allein schon aufgrund des vom Finanzgericht festgestellten Umstands, dass die Außengastronomie zu dieser Zeit geöffnet gewesen ist, ergibt sich rein rechnerisch, dass sich der allein aufgrund der festgestellten 50 Sitzplätze ohne Außengastronomie kalkulierte Nettoumsatz pro Stuhl und Tag (in seiner Einspruchsentscheidung hat das Finanzamt einen Betrag von 76 € hergeleitet) schon bezogen auf den Monat August 2012 als zu hoch erweist, wenn der aus den Belegen entnommene Umsatz mit einer höheren Auslastung als 50 Stühle -die Zahl bezieht sich sinngemäß nur auf den Innenbereich- erzielt worden sein sollte. Mit dieser Frage hat sich das Finanzgericht nicht auseinandergesetzt. Soweit das Finanzgericht unter Bezug auf die in einem am 28.08.2012 ausgelesenen „Finanzbericht monatlich“ ausgewiesenen Nettoerlöse von 79.105 € bezogen auf 25 Öffnungstage einen durchschnittlichen täglichen, allerdings bereits manipulierten Nettoerlös von 3.164 € angenommen hat, der der Schätzung des durchschnittlichen Tageserlöses in den Streitjahren nicht entgegenstehe, ist gleichfalls nicht ersichtlich, inwieweit die Öffnung des Außenbereichs im August 2012 diese Werte beeinflusst hat.
Zusätzlich ist zum einen zu berücksichtigen, dass in den Wintermonaten und der Übergangszeit -also in den Monaten, in denen der Außenbereich nicht oder allenfalls nur teilweise geöffnet war- die Auslastung an typischen Sommertagen nicht zwingend durchgängig als gleichfalls repräsentativ zugrunde gelegt werden kann, selbst wenn man die Betrachtung auf die Monate des gleichen Jahres (hier 2012) beschränkt. Dies gilt einerseits für Werktage, selbst wenn es sich mit einer Gewichtung von fünf Tagen pro Woche um den Nettoumsatz an einem -nach der auf eine nicht näher erläuterte Analyse der Außenprüfung gestützten Einschätzung des Finanzgericht unter dem Schnitt der Tageserlöse der übrigen Wochentage liegenden- Montag im August 2012 gehandelt hat. Auch der (gegenüber Montag erhöhte) Umsatz an einem Samstag (wohl nur am Abend) im August 2012 kann ohne Bewertung der Bedeutung des Außenbereichs nicht ohne Weiteres auf alle Samstage dieses Jahres übertragen werden.
Der Frage, inwieweit die Tagesendsummen an zwei Tagen im August des Jahres 2012 repräsentativ für alle Monate dieses Jahres sein können, ist das Finanzgericht nur insoweit nachgegangen, als es auf „statistische Untersuchungen“ des Finanzamtes verwiesen hat, wonach der Monat August im Jahresvergleich keine überdurchschnittlichen Umsätze aufweise. Die Grundlagen dieser Statistik hat das Finanzgericht jedoch nicht näher festgestellt und gewürdigt, so dass sich revisionsrechtlich nicht überprüfen und nachvollziehen lässt, inwieweit die gleichmäßige Übertragung der Verhältnisse an zwei Tagen im August 2012 auf alle Monate dieses Jahres gerechtfertigt ist. Dabei ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der den August 2012 betreffende „Finanzbericht monatlich“ Zahlen enthält, die auch für andere Monate des Jahres repräsentativ sein könnten. Nachdem die Öffnung des Außenbereichs in den Sommermonaten bislang nicht hinreichend gewürdigt worden ist, lässt sich revisionsrechtlich auch nicht überprüfen, ob der Schluss des Finanzgericht aus dem „Finanzbericht“ auf gleichmäßige Verhältnisse in allen Monaten des Jahres 2012 gerechtfertigt ist.
Besonders zu begründen ist es zudem, wenn der einer Schätzung zugrunde gelegte Wert als repräsentativ auch für bis zu zwölf Jahre zurückliegende Zeiträume angesehen werden soll. Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht haben nur eine Differenzierung zwischen den Jahren 2000 und 2001 zu den übrigen Streitjahren mit niedrigeren Verkaufspreisen begründet. Das Finanzgericht hat jedoch keine revisionsrechtlich nachvollziehbaren Gründe dafür genannt, dass die Nettoumsätze an zwei Tagen im August 2012 in einem ersten Schritt uneingeschränkt auf die Jahre 2000 bis 2010 übertragen werden können. Der vom Finanzgericht hervorgehobene Umstand, dass die GbR in gravierender Weise gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buch- und Kassenführung verstoßen hat, ist bei einer Schätzung zwar zu berücksichtigen. Wenn aber nach den genannten Maßstäben bei einer Schätzung das Ziel ermessensleitend ist, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen, entbindet die Verletzung der Mitwirkungspflicht das Finanzgericht nicht davon, bei der im Streitfall als Schätzungsmethode gewählten Form des internen Betriebsvergleichs besonders zu prüfen und nachvollziehbar zu begründen, dass bzw. inwieweit die aus -als nicht manipuliert angesehenen- Belegen entnommenen Kassen-Tagesendsummen als repräsentativ für den gesamten im Streitfall maßgeblichen Zeitabschnitt übernommen werden können. Dies umso mehr, je weiter die Zeit, aus der die der Schätzung zugrunde gelegten Belege stammen, von dem durch die Schätzung jeweils betroffenen Jahr entfernt liegt. Deshalb genügt nicht allein der Hinweis des Finanzgericht, dass die GbR keine Änderung der betrieblichen Verhältnisse vorgetragen habe. Auch wenn -wie ausgeführt- eine Konstanz in den betrieblichen Verhältnissen der GbR nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann, kommt doch beispielsweise die Möglichkeit von Preissteigerungen auch für die Jahre 2003 bis 2010 in Betracht. Auch wenn das Finanzamt für diese Jahre einen Sicherheitsabschlag von 10 % u.a. auch mit Preissteigerungen begründet hat, käme mit einem für alle Streitjahre gleichbleibenden Sicherheitsabschlag auf einen aufgrund von Belegen aus dem August 2012 geschätzten Nettoumsatz im Ergebnis keine Preissteigerung zum Ausdruck. Abgesehen davon wirkt sich eine möglicherweise fehlerhafte Nichtberücksichtigung der Öffnung des Außenbereichs nur in den Sommermonaten bei der Übertragung der so ermittelten Werte aus dem Jahr 2012 auch auf alle Streitjahre aus. Schon deshalb sind die vom Finanzamt seiner Schätzung zugrunde gelegten Nettoumsätze, die das Finanzgericht gebilligt hat, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht nachvollziehbar.
Des Weiteren ist die vom Finanzgericht auf seine eigene Schätzungsbefugnis gestützte Schätzung des Wareneinsatzes nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Zwar hat das Finanzgericht bei seiner eigenen Schätzung statt einem für alle Streitjahre gleichen Rohgewinnaufschlagsatz von 440 % (Finanzamt) für die Streitjahre unterschiedliche und jeweils niedrigere Rohgewinnaufschlagsätze zugrunde gelegt (317 % für 2000 bis 2006, 335 % für 2007 bis 2009, 400 % für 2010) und ist damit für alle Streitjahre von einem höheren Wareneinsatz als das Finanzamt ausgegangen. Das Finanzgericht hat jedoch die höchsten Rohgewinnaufschlagsätze der Richtsatzsammlung gewählt, ohne näher zu erläutern, welche betrieblichen Verhältnisse bei der GbR dies rechtfertigen. Dabei weist beispielsweise die vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlichte Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2009 für den Rohgewinnaufschlag auf den Wareneinsatz von Gast, Speise- und Schankwirtschaften für Umsätze bis und über 250.000 € jeweils eine Spannbreite von 170 % bis 335 %, durchschnittlich 233 %, aus. Deshalb bedarf die Einordnung des Betriebs der GbR an der obersten Grenze einer besonderen Begründung. Soweit der Gastronom hinsichtlich der anzuwendenden Rohgewinnaufschlagsätze eine Anknüpfung an den Betrieb der E-GbR wünscht, gelten allerdings auch insoweit die obigen Ausführungen. Soweit das Finanzgericht es als vorzugswürdig angesehen hat, die Erfahrungssätze zugrunde zu legen, die sich in den Werten der Richtsatzsammlung niedergeschlagen haben, hat es nicht näher dargelegt, ob bzw. inwieweit Erfahrungssätze, die einen Ansatz des jeweils höchsten Werts der Richtsatzsammlung rechtfertigen, auf den Betrieb der GbR Anwendung finden können. Andererseits wäre beispielsweise auch der Erfahrungssatz zu berücksichtigen und zu würdigen, dass bei hochwertigen Speisen regelmäßig auch mit einem hochpreisigen Wareneinsatz zu rechnen ist. Ob und inwieweit dieser Erfahrungssatz im Betrieb der GbR eine Rolle spielt, hat das Finanzgericht nicht untersucht. Ebenfalls nicht näher gewürdigt hat das Finanzgericht, ob und inwieweit sich spezifische Besonderheiten der Lage des Betriebs der GbR auch auf Qualität und Wertigkeit des Wareneinsatzes ausgewirkt haben könnten. Soweit das Finanzgericht weitergehende Modifikationen der Schätzung des Finanzamtes mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass die GbR in gravierender Weise gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buch- und Kassenführung verstoßen habe, ohne diese Verstöße und ihre Auswirkungen auf die Schätzung des Wareneinsatzes näher zu erläutern, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass eine nähere Begründung der im Streitfall zur Anwendung kommenden Erfahrungssätze und der hieraus abgeleiteten Rohgewinnaufschlagsätze entbehrlich wäre. Nachdem sich die Bemessung des Rohgewinnaufschlagsatzes bei der Schätzung des Wareneinsatzes der GbR nicht dahin überprüfen lässt, ob die so gewonnenen Schätzungsergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sind, erweist sich die Entscheidung des Finanzgericht auch insoweit als rechtsfehlerhaft.
Für den zweiten Rechtsgang weist der Bundesfinanzhof auf Folgendes hin: Bei weiterer Anwendung der Schätzungsmethode eines internen Betriebsvergleichs unter Anknüpfung an zwei Z-Bons aus August 2012 wird das Finanzgericht für diesen Monat Feststellungen zu Größe und Auslastung des Außenbereichs zu treffen haben. Auf dieser Grundlage wird es zu würdigen haben, welcher Nettoumsatz pro Tag und Stuhl aus den aus den Z-Bons ersichtlichen Kassen-Tagesendsummen abzuleiten ist. Des Weiteren wird das Finanzgericht nachvollziehbar zu würdigen haben, inwieweit dieser Umsatz auf andere Monate des Jahres 2012, insbesondere die ohne Außengastronomie, übertragen werden kann. Soweit „statistische Untersuchungen“ des Finanzamtes, auf die sich das Finanzgericht berufen hat, gegen einen überdurchschnittlich hohen Umsatz im Monat August sprechen, wird das Finanzgericht deren Grundlagen festzustellen und im Hinblick auf die Bedeutung des Außenbereichs für den Umsatz selbständig zu würdigen haben. Anschließend wird das Finanzgericht zu untersuchen haben, inwieweit die auf die Monate des Jahres 2012 verteilten geschätzten Umsätze in ähnlicher Verteilung auch auf die Streitjahre übertragen werden können. Dabei wird es auch zu hinterfragen haben, inwieweit die geschätzten Zahlen des Jahres 2012 bei zunehmender zeitlicher Distanz auch in den zurückliegenden Jahren 2000 bis 2010 einer Schätzung zugrunde gelegt werden können. Weiter wird es zu berücksichtigen haben, dass der vom Finanzamt (zuletzt) angesetzte Sicherheitsabschlag von 10 % (für 2000 und 2001: 20 %) dem Umstand Rechnung tragen sollte, dass Preiserhöhungen stattgefunden haben könnten und dass ggf. nicht an allen Tagen ein Umsatz in dem betreffenden Umfang habe erzielt werden können. Dieser Abschlag würde demnach einen über das Jahr zeitlich schwankenden Einfluss des Außenbereichs auf die erzielten Umsätze nicht berücksichtigen. Auch kommen -wie bereits ausgeführt- Preissteigerungen in einem über alle Streitjahre, d.h. über einen Zeitraum von elf Jahren, unveränderten Sicherheitsabschlag nicht zum Ausdruck.
Für die Schätzung des Wareneinsatzes wird das Finanzgericht u.a. näher zu würdigen haben, ob betriebliche Besonderheiten bei der GbR in den Streitjahren den Ansatz der höchsten Rohgewinnaufschlagsätze nach der Richtsatzsammlung rechtfertigen bzw. inwieweit -differenziert nach Streitjahren- ein gegenüber dem Durchschnittswert der Richtsatzsammlung erhöhter Rohgewinnaufschlagsatz in Betracht kommt.
Soweit die Umsatzsteuer für die Streitjahre im Streit ist, teilt der Bundesfinanzhof die (sinngemäße) Auffassung des Finanzgericht, dass die Ausübung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraussetzt, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Der Besitz der Rechnung ist materielle Anspruchsvoraussetzung für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug18.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Dezember 2021 – IV R 2/18
- FG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2017 – 13 K 3811/15 G, U[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 25.03.2015 – X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 34; vom 12.12.2017 – VIII R 5/14, Rz 38, jeweils m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 20.03.2017 – X R 11/16, BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz 51[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 22.07.2010 – IV R 30/08, BFHE 230, 397, BStBl II 2011, 210, Rz 23; vom 03.12.2019 – X R 5/18, Rz 101[↩]
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile in BFHE 230, 397, BStBl II 2011, 210, Rz 23; vom 16.12.2015 – IV R 18/12, BFHE 252, 408, BStBl II 2016, 346, Rz 30; vom 17.08.2017 – IV R 3/14, BFHE 259, 111, Rz 21; vom 13.02.2019 – XI R 41/17, BFHE 263, 337, BStBl II 2021, 717, Rz 19; vom 12.03.2020 – IV R 9/17, BFHE 268, 319, BStBl II 2021, 226, Rz 34; vom 03.12.2019 – X R 5/18, Rz 101; vom 21.04.2021 – XI R 42/20, BFHE 273, 149, Rz 21[↩]
- BFH, Beschluss vom 20.12.2012 – IV B 12/12, Rz 7[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz 51; vom 17.06.2020 – X R 26/18, Rz 23[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz 51; BFH, Beschlüsse vom 02.06.2014 – III B 101/13, Rz 11; vom 26.02.2018 – X B 53/17, Rz 7[↩]
- vgl. auch z.B. BFH, Urteil vom 10.06.2021 – IV R 2/19, Rz 26, m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteile in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz 52; vom 17.06.2020 – X R 26/18, Rz 23, jeweils m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Beschlüsse vom 07.02.2017 – X B 79/16, Rz 25; vom 21.07.2017 – X B 167/16, Rz 18[↩]
- z.B. BFH, Beschlüsse vom 13.09.2016 – X B 146/15, Rz 16; vom 21.07.2017 – X B 167/16, Rz 18[↩]
- BFH, Beschluss vom 14.05.2013 – X B 176/12, Rz 21, m.w.N.[↩]
- BFH, Beschluss vom 13.09.2016 – X B 146/15, Rz 16[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 16.12.2014 – X R 42/13, BFHE 248, 99, BStBl II 2015, 519, Rz 40; BFH, Beschluss vom 08.08.2019 – X B 117/18, Rz 18[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 26.04.1983 – VIII R 38/82, BFHE 138, 323, BStBl II 1983, 618, unter 4.c[↩]
- BFH, Urteil vom 15.05.2002 – X R 33/99, BFH/NV 2002, 1415, unter II. 2.b[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 20.10.2016 – V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593, Rz 17; vom 12.03.2020 – V R 48/17, BFHE 268, 443, BStBl II 2020, 604, Rz 16; BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2008, 416, unter II. 1.b; vom 16.05.2019 – XI B 13/19, BFHE 264, 521, BStBl II 2021, 950, Rz 29, jeweils m.w.N.[↩]
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- Fachgerichtszentrum Düsseldorf: Justiz NRW