Eintrittserlöse für Musikaufführungen unterschiedlicher Stilrichtungen (v.a. Tech-House, Elektro House, Techno) durch renommierte DJs sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG steuersatzermäßigt, wenn diese Aufführungen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellen.

Umsätze aus der Veräußerung von Eintrittskarten für ortsgebundene Veranstaltungen unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG1.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall boten sowohl regional tätige als auch international renommierte DJs bei den jeweils in mehreren Räumen eines stillgelegten Gebäudeareals veranstalteten Konzerten Musik unterschiedlicher Stilrichtungen (u.a. Techno, House) dar. Im Rahmen der Veranstaltungen wurden auch (gesondert berechnete) Getränke verkauft; der daraus erzielte Erlös überstieg die Umsätze aus dem Verkauf von Eintrittskarten erheblich.
Das Sächsische Finanzgericht lehnte die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die Umsätze aus den Eintrittskarten ab, da nicht die Musikaufführungen im Vordergrund der Veranstaltung stünden, sondern der Party- oder Tanzcharakter überwiege2. Auf die Revision der Veranstalterin hat der Bundesfinanzhof das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Sächsische Finanzgericht zurückverwiesen, da die Würdigung der Indizien für die Abgrenzung von einer Konzert zu einer (nicht begünstigten) Tanzveranstaltung nicht rechtsfehlerfrei erfolgt war. Denn insbesondere die Regelmäßigkeit einer Veranstaltung ist kein geeignetes Kriterium für diese Abgrenzungsentscheidung; auch das Wertverhältnis der Umsätze von Eintrittskarten und Getränken kann keine ausschlaggebende Rolle spielen. Schließlich hatte das Finanzgericht auch nicht dargelegt, weshalb es seiner Auffassung nach ungewiss bleibe, ob die Auftritte der jeweiligen DJs das ausschlaggebende Motiv für den „Durchschnittsbesucher“ bilden, obwohl es diese Auftritte durchaus für geeignet hielt, Besucher anzuziehen, die 2, 5 bis 3 Stunden dauernden Auftritte zwischen 1 und 4 Uhr stattfanden und mit dem Ende des Auftritts auch das Veranstaltungsende nahe war. Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung neu darüber zu befinden haben, ob die Auftritte der DJs den eigentlichen Zweck der Veranstaltung bilden und ihr somit das Gepräge geben.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
Unionsrechtliche Grundlage dieser Steuerermäßigung ist Art. 98 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang – III genannten Kategorien anwenden. Dabei kann nach Anhang – III Kategorie 7 der MwStSystRL ein ermäßigter Steuersatz zugunsten der Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen eingeführt werden.
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG definiert weder den Begriff „Konzert“ noch den der „Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler“. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind unter Konzerten i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG Aufführungen von Musikstücken zu verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden. Aufführende können einzelne oder mehrere Personen sein3. Hierzu gehören auch Pop- und Rockkonzerte, die den Besuchern die Möglichkeit bieten, zu der im Rahmen des Konzerts dargebotenen Musik zu tanzen4. Außerdem kann für „Mischformen“ von Theateraufführungen und Konzerten die Steuervergünstigung in Anspruch genommen werden, wenn eine Vorführung entweder als theaterähnlich oder als konzertähnlich einzustufen ist und eine persönlich geistige Schöpfung in der für einen Urheberrechtsschutz geforderten geistigen Höhe darstellt5. Nach dem BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101 ist der Konzertbegriff im Hinblick auf die technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Musik und dem unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz weit auszulegen. Für die Musikrichtungen „Techno“ und „House“ sind daher als „Instrumente“ i.S. der o.g. Begriffsbestimmung auch Plattenteller, Mischpulte und CD-Player u.Ä. anzusehen, mit denen die Musik im Rahmen eines Konzerts dargeboten wird, wenn sie (wie konventionelle Instrumente) zum Vortrag des Musikstücks -und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers- genutzt werden6.
Weitere Voraussetzung für die Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ist, dass die begünstigte Veranstaltung oder Vorführung („Konzert“) den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht7. Daher müssen Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird8.
Für die Beurteilung, ob die hier streitige Vorführung den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht, ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers im Rahmen einer Gesamtbetrachtung maßgeblich9.
Das Finanzgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass zur Feststellung des dominierenden Zwecks der Veranstaltung eine Gesamtwürdigung der einzelnen Indizien aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers („Besuchers“) vorzunehmen ist. Die von ihm vorgenommene Beweiswürdigung ist jedoch lückenhaft, sodass es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung fehlt.
Ob die musikalischen Darbietungen der DJs die Veranstaltung prägen, ist grundsätzlich Tatfrage und als solche vom Finanzgericht zu beurteilen. Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob das Finanzgericht im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann10.
Aus der maßgeblichen Perspektive des Durchschnittsverbrauchers (Durchschnittsbesuchers) ist die Regelmäßigkeit der Veranstaltung hier ein ungeeignetes Abgrenzungskriterium. Tritt ein renommierter Künstler (hier: DJ) mit seinem Repertoire auf, verliert die Veranstaltung für den Durchschnittsbesucher nicht dadurch ihr vorführungsbezogenes Gepräge, dass er dies mehrfach oder in regelmäßigen Abständen tut.
Darüber hinaus besagt das Verhältnis der Umsätze (Eintrittskarten und Getränke) im Regelfall nichts darüber, ob es sich bei der Veranstaltung dem Charakter nach um ein Tanzvergnügen oder ein Konzert handelt. Hinsichtlich des vom Finanzgericht berücksichtigten Umsatzverhältnisses ist nicht nachvollziehbar, wie sich der Charakter der Veranstaltung als Konzert oder Tanzveranstaltung ausnahmsweise in Abhängigkeit von der „Trinkfreude“ der Besucher ändern könnte. Insoweit fehlen zudem Feststellungen des Finanzgericht hinsichtlich der konkreten Umsatzhöhe aus dem Verkauf von Eintrittskarten und dem Getränkeverkauf. Das Finanzgericht hat sich auf die Feststellung beschränkt, dass der Erlös aus dem Verkauf von Getränken den aus dem Verkauf von Eintrittskarten „erheblich“ überstieg.
Die Selbstbeschreibung des Veranstaltungsorts durch die Veranstalterin als Partylocation schließt es aus Sicht des Durchschnittsbesuchers nicht aus, dass dort auch Konzerte veranstaltet werden, sofern die Räumlichkeiten geeignet sind, die musikalischen Darbietungen der jeweiligen DJs jedenfalls akustisch wahrzunehmen. In die Würdigung der Beweisanzeichen einzubeziehen ist dabei insbesondere, dass die renommierten DJs im „…“ auftreten, der 65 % der Gesamtfläche ausmacht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, ob der „…“ einer Konzerthalle gleicht oder ähnelt und ob die Behauptung der Veranstalterin zutrifft, wonach ca. 90 % der Besucher den Musikvorführungen im „…“ folgten.
Die Werbung des Veranstalters für die musikalischen Darbietungen hat das Finanzgericht nur insoweit in seine Würdigung einbezogen, als auf der einen Seite des Werbeflyers zumeist „leicht bekleidete Frauen“ erscheinen, nicht aber, dass diese Werbeflyer auf der anderen Seite auch den Ort, das Datum und die Uhrzeit der jeweiligen Veranstaltung angaben sowie den Namen des jeweils auftretenden DJs aufführten.
Schließlich hat das Finanzgericht nicht nachvollziehbar dargelegt, wie es zu der Folgerung kommt, dass das Erleben des jeweiligen DJ-Auftritts als maßgebliches Motiv eines wesentlichen Teils der Besucher ungewiss sei, obwohl es die Auftritte der renommierten DJs für geeignet hält, Besucher anzuziehen und darüber hinaus auch festgestellt hat, dass die Auftritte dieser DJs zwischen 1 Uhr und 4 Uhr stattfanden, ca. 2, 5 bis 3 Stunden dauerten und mit dem Ende des Auftritts auch das Veranstaltungsende eingeläutet wurde.
Das Finanzgericht hat dagegen zu Recht entschieden, dass die Umsatzerlöse aus der Veräußerung von Eintrittskarten nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG unterliegen. Denn die Veranstalterin hat ihre Leistungen nicht als Schausteller i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG erbracht.
Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG ermäßigt sich die Steuer für „die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze“. Bei den Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller handelt es sich gemäß § 30 UStDV um „Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen“.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs11 erfasst § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG nur die Schausteller, die ein Reisegewerbe betreiben, nicht aber auch ortsgebundene Schaustellerunternehmen. Die Steuersatzermäßigung erfordert daher, dass der jeweilige Umsatz auf einer nicht ortsfest ausgeführten schaustellerischen Leistung des Steuerpflichtigen beruht und u.a. Musikaufführungen oder ähnliche Veranstaltungen umfasst. Daran fehlt es im Streitfall, da die von der Veranstalterin veranstalteten Konzerte in gemieteten Räumen und damit ortsfest stattfinden. Unerheblich ist, ob die von der Veranstalterin engagierten Künstler selbst von Ort zu Ort ziehen, da es im Streitfall um die Beurteilung der Umsätze der Veranstalterin geht und nicht um diejenigen der jeweiligen Künstler.
Die Sache war allerdings noch nicht spruchreif. Sie wurde vom Bundesfinanzhof daher zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts und zur Vervollständigung des Gesamtbildes der Verhältnisse an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Finanzgericht hat im zweiten Rechtsgang die fehlenden Feststellungen zur Ausgestaltung des „…“ und deren (geschätzte) Besucherzahl sowie ggf. zum Verhältnis der Erlöse aus dem Verkauf der Eintrittskarten und aus dem Getränkeverkauf nachzuholen und sodann im Rahmen einer Gesamtwürdigung neu darüber zu befinden, ob die Auftritte der DJs nach der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers (Durchschnittsbesuchers) den jeweiligen Veranstaltungen das Gepräge geben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. Juni 2020 – V R 16/17
- Anschluss an BFH, Urteil vom 02.08.2018 – V R 6/16, BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293[↩]
- Sächs. FG, Urteil vom 06.06.2016 – 5 K 1811/12[↩]
- BFH, Urteil vom 26.04.1995 – XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519, Rz 11[↩]
- FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.05.2003 – 6 K 1712/01, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2003, 1275[↩]
- BFH, Urteil vom 09.10.2003 – V R 86/01, BFH/NV 2004, 984[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, Rz 18[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, Rz 16 sowie BFH, Urteil in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519[↩]
- Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Rz 391; Bosche in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 144 Rz 144; Klezath in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Rz 32[↩]
- EuGH, Urteile M?sto Žamberk vom 21.02.2013 – C-18/12, EU:C:2013:95, HFR 2013, 360, Rz 30 und 33; sowie Pro Med Logistik und Pongratz vom 27.02.2014 – C-454/12 und – C-455/12, EU:C:2014:111, HFR 2014, 470, Rz 57; BFH, Urteil vom 22.11.2018 – V R 29/17, BFHE 263, 85, Rz 17[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 09.05.2017 – IX R 1/16, BFHE 259, 36, BStBl II 2018, 94, Rz 17; vom 02.12.2004 – III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483; und vom 20.06.2012 -?X R 20/11, BFH/NV 2012, 1778[↩]
- BFH, Urteil vom 02.08.2018 – V R 6/16 , BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293[↩]